Gebundener Mondkalender

Gebundener Mondkalender

Ein Lunisolarkalender (von lateinisch luna = Mond und sol = Sonne) oder Gebundener Lunarkalender enthält als Kalender-Monate ungefähre Mond-Monate, als Kalender-Jahr aber eine grobe Annäherung an das Sonnen-Jahr.

Lunare Kalender-Monate im Wechsel zu 29 Tagen und zu 30 Tagen folgen in guter Näherung dem Mond-Monat (Lunation) mit 29,53059 Tagen. Das lunisolare Kalender-Jahr enthält meistens entweder 12 oder 13 lunare Kalender-Monate in bestimmtem Wechsel, so dass sein langfristiger Durchschnitt mit dem Solar-Jahr zu 365,24219 Tagen identisch ist.

Inhaltsverzeichnis

Zweck eines Lunisolarkalenders

Die älteren Kalender waren Lunarkalender, weil sie sich an sicher beobachtbaren Himmelserscheinungen, nämlich den Mondphasen orientierten. Für einen Lunisolarkalender oder einen Solarkalender müssen die ungleich schwerer festzustellenden Sonnenphasen, zum Beispiel die Äquinoktien oder die Solstitien bekannt sein. Als man letztere bestimmen konnte, entstanden als erstes Lunisolarkalender, in denen die alte Tradition fortlebt, die erst in den späteren Solarkalendern aufgegeben wurde.

Ein Lunisolarkalender folgt dem Sonnenjahr mit einer maximalen Abweichung von nur ± 2 Wochen und damit auch den Jahreszeiten, die das praktische Leben, zum Beispiel in der Landwirtschaft bestimmen. Ein reiner Lunarkalender hat keinerlei Bindung an das Sonnenjahr und an die Jahreszeiten. Er verschiebt sich um etwa elf Tage in jedem Sonnen-Jahr rückwärts.

Astronomische Grundlagen

Die langfristige Synchronisation in einem Lunisolarkalender zwischen Monaten und Jahren ist alle 19 Jahre möglich, denn 19 Solar-Jahre sind in guter Näherung gleich lang wie 235 Mond-Monate. Diese mit 6940 Tagen gleich gesetzte Zeitdauer ist die Meton-Periode, der entstehende Zyklus der Meton-Zyklus.

Als sich herausstellte, dass 6940 Tage für 19 Solar-Jahre etwa einen Viertel-Tag zu viel sind, wurde die Periode auf die vierfache Dauer vergrößert und diese mit 27.759 Tagen gleich gesetzt. Es entstand die Kallippische Periode, die dem Kallippischen Zyklus zu Grunde liegt.

In Lunisolarkalendern, in denen das durchschnittliche Kalender-Jahr durch einen Schalttag alle vier Jahre auf 365,25 Tage gehalten wird, ist die durch vier geteilte Kallippische Periode anwendbar. Er ist die korrigierte Meton-Periode zu 6.939,75 Tagen (6.939,75 ÷ 19 = 365,25).

Konstruktion eines Lunisolarkalenders

Es ist naheliegend, dass der Lunisolarkalender aus einem Lunarkalender entwickelt wurde, seine Konstruktion auf diesem aufbaut.

Kalender-Monate sind weiterhin entweder volle Monate aus 30 Tagen oder hohle Monate aus 29 Tagen. Die bisherigen lunaren Kalender-Jahre zu je 12 Monaten und 354 Tagen (mit Schalttag zu 355 Tagen) bleiben als gemeine Kalenderjahre erhalten, werden nur durch durch gelegentliche Schalt-Jahre ergänzt. Letzteren ist ein 13. Kalender-Monat angehängt.

Das Lösungsmuster wurde in der Antike wie folgt beschrieben:[1]
Analog zum Meton-Zyklus bestehen 19 Kalender-Jahre aus 235 Kalender-Monaten. 110 davon sind hohle Monate, 125 sind volle Monate. Das ergibt 6940 Tage, die Länge der Meton-Periode.

In welcher Zusammensetzung daraus in der Antike Kalender-Jahre gebildet wurden, ist nicht überliefert. Folgende Konstruktion könnte möglich gewesen sein:

8 gemeine Jahre zu je 6 hohlen und 6 vollen Monaten = 48 hohle Monate und 48 volle Monate   (je 354 Tage)
4 gemeine Jahre zu je 5 hohlen und 7 vollen Monaten = 20 hohle Monate und 28 volle Monate   (je 355 Tage, mit Schalt-Tag zur Anpassung an das Mondjahr)
7    Schalt-Jahre zu je 6 hohlen und 7 vollen Monaten = 42 hohle Monate und 49 volle Monate   (je 384 Tage)

Diese Konstruktion ist im (Jüdischen Kalender) erkennbar, obwohl dort wegen religiöser Traditionen auch Jahre mit 353, 383 und 385 Tagen vorkommen. Die für die Antike ebenfalls nicht überlieferte Reihenfolge der Schalt-Jahre besteht im Jüdischen Kalender aus den Jahren 3, 6, 8, 11, 14, 17 und 19.

Es gibt auch eine antike Beschreibung, nach der sich hohle und volle Monate nicht gesetzmäßig folgen:[2]
Alle 235 Monate werden als volle Monate angesetzt. Alle 63 Tage wird aber ein Tag weggelassen (ausgeschaltet). Das passiert in der 6940-Tage-Periode nahezu regelmäßig 110 mal, wodurch indirekt aus vollen Monaten hohle Monate entstehen. Nur ist der ausfallende Tag in der Regel nicht der 30. Tag eines vollen Monats. Es wird angenommen, dass diese komplizierte Regel nur in einem astronomischen, nicht aber in einem bürgerlichen Kalender angewendet wurde.[3]

In einem Kallippischen Lunisolarkalender folgte nach drei 19-Jahre-Perioden zu je 6940 Tagen eine 19-Jahre-Periode zu 6.939 Tagen, in der gegenüber dem beschriebenen Schema ein Tag entfiel. Auch zu diesem Detail ist nichts bekannt.

Sowohl der Julianische als auch der Gregorianische Kalender sind bezüglich der Oster-Rechnung Lunisolarkalender. Um den das Osterfest bestimmenden Frühlings-Vollmond zu ermitteln, ist eine Kalender-Rechnung mit Monaten aus einem Lunarkalender anzustellen. Man bildet zunächst wie dort Jahre zu je 354 Tagen. Wenn der 13. Vollmond vor den 22. März fällt, wird das Jahr um einen lunaren Kalender-Monat verlängert (Mond-Sprung). Das ergibt sich in einer Meton-Periode sieben mal. Sechs Mondsprünge werden mit 30 Tagen versehen, der siebente mit 29 Tagen. Da der im Julianischen Kalender alle vier Jahre zugefügte Schalttag mit einem Anteil von 4,75 Tagen auf 19 Jahre auch die lunaren Kalender-Monate verlängert, lautet die Bilanz für 19 Jahre:

19·354 Tage + 6·30 Tage + 29 Tage + 4,75 Tage = 6939,75 Tage = korrigierte Meton-Periode

Die drei in 400 Jahren im Gregorianischen Kalender weggelassenen Schalttage ändern das Verfahren nicht. Die obige Bilanz bleibt bestehen, die “Ausfalltage” verschieben den berechneten Tag des Frühlings-Vollmondes indirekt (Sonnengleichung).

Anwendungen eines Lunisolarkalenders

Die meisten Völker verwendeten entweder reine Lunarkalender oder Solarkalender, während die Chinesen, Griechen und Römer (bis zur Einführung des Julianischen Kalenders, 46 v. Chr.) Lunisolarkalender, ähnlich dem der Juden, verwendeten.

Siehe auch

Literatur

  • L. E. Dogett: Calendars in Explanatory Supplement to the Astronomical Almanac, University Science Books, Sausalito CA. (englisch)
  • B. L. van der Waerden: Greek Astronomical Calendars, II. Callippos and his Calendar, Archive for History of Exact Sciences 29 (2), 1984, S. 115–124

Einzelnachweise

  1. Evans, J. and Berggren, J. L.: Geminus, Introduction to the Phenomena, Princeton University Press 2006, VIII 52, Seite 184
  2. Evans, J. and Berggren, J. L.: Geminus, Introduction to the Phenomena, Princeton University Press 2006, VIII 53-55, Seite 184
  3. B. L. van der Waerden: Greek Astronomical Calendars, II. Callippos and his Calendar, Archive for History of Exact Sciences 29 (2), 1984, S. 122–123

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