Genetik des T-Zell-Rezeptors

Genetik des T-Zell-Rezeptors
Struktur eines α/β-T-Zell-Rezeptor.
Schematische Darstellung des T-Zell-Rezeptors.

Der T-Zell-Rezeptor (engl. T cell receptor, TCR) ist ein Proteinkomplex, der auf der Oberfläche von T-Zellen verankert ist und für die Erkennung von Antigenen, die durch Haupthistokompatibilitätskomplexe (MHC) präsentiert werden, zuständig ist. Der TCR ist strukturell einem Fab-Segment der Antikörper sehr ähnlich.

Inhaltsverzeichnis

Struktur

Der TCR-Komplex besteht aus zwei Untereinheiten (zumeist α/β, seltener γ/δ), die wiederum jeweils aus einer konstanten Domäne (C) und einer variablen Domäne (V) bestehen. Die N-terminalen Enden der Ketten durchdringen die Zellmembran bis in den cytoplasmatischen Raum und verankern den Rezeptor. Die beiden Untereinheiten sind über eine Disulfidbrücke miteinander verbunden.

Die variable Domäne der α-Untereinheit besitzt drei hypervariable beziehungsweise bindungsentscheidende Bereiche (engl. complimentarity determining regions, CDR). Die variable Region der β-Untereinheit hingegen besitzt vier CDRs.

Ob ein TCR ein Antigen binden kann oder nicht ist ein sehr komplexer Prozess. Allgemein gilt das Schloss-Schlüssel-Prinzip, wenn also die Struktur eines präsentierten Antigens zur Struktur des TCR passt, so kommt es zur Bindung. Computergestützte Bindungssimulationen sind ein Aufgabengebiet der Bioinformatik.

Obwohl T-Zellen – im Gegensatz zu B-Lymphozyten – Antigene nur in Gegenwart von MHC-Proteinen erkennen können, gehören ihre für die Erkennung verantwortlichen Rezeptoren ebenfalls zur Ig-Supergen-Familie und besitzen folglich auch Ig-Strukturmerkmale. Die Identifizierung des TCR gelang mit Hilfe von Antikörpern, die eine Spezifität für einen bestimmten Klon von T-Zellen besitzen. Diese Antikörper erkennen ein 80 bis 90 Kilodalton schweres Oberflächen-Glykoprotein, das zwei über Disulfidbrücken verbundene Ketten, α und β, enthält. Die α und die β-Kette haben, je nach Herkunft, eine molare Masse von 43 bis 49 beziehungsweise 38 bis 44 Kilodalton. Jede Kette besitzt ein Polypeptidgerüst von 32 bis 34 Kilodalton und enthält über Stickstoff gebundene Zuckereinheiten. Außer dem herkömmlichen αβ-Ketten-Heterodimer können T-Zellen noch eine dritte Kette, γ genannt und 55 Kilodalton schwer, exprimieren. Dieser Zelltyp ist durch einen Antikörper gegen ein Peptid identifiziert worden, dessen Aminosäuresequenz anhand der Nukleotidsequenz des γ-Ketten-Gens vorausgesagt worden war. Solche Zellen können keinen αβ-Komplex bilden. Die γ-Kette schien nichtkovalent an ein zweites Protein mit einer molaren Masse von 40 Kilodalton, der δ-Kette, gebunden zu sein. Interessanterweise stellte sich bei einer Analyse von klonierten CD4--CD8--Thymozyten mit zytolytischer Aktivität, bei welcher Anti-γ-Ketten-Antikörper verwendet worden waren, heraus, dass ein 44 Kilodalton schweres Protein mit einem anderen, 62 Kilodalton schweren Molekül, einem δ-Ketten-Äquivalent, einen Komplex bildet.

T-Zell-Antigenrezeptor/MHC-Molekül/Antigen-Komplex

Kristallographische Untersuchungen zur dreidimensionale Struktur des T-Zell-Antigenrezeptors zeigen, dass im Bereich der MHC/Antigen-Bindungsstelle die V-Region der Rezeptorketten vergleichbar mit der entsprechenden V-Domäne der Immunglobuline ist. So kommen im Bereich der gemeinsamen Kontaktstelle zwischen T-Zell-Antigenrezeptor einerseits und MHC/Peptid-Komplex andererseits hypervariable Molekülabschnitte der Rezeptorketten zu liegen, welche die Antigenspezifität des T-Zell-Rezeptors bestimmen. Strukturell bilden diese Abschnitte der Moleküloberfläche exponierte Schleifen, welche als komplementaritätsbestimmende Regionen (Complementarity determining regions, CDR) bezeichnet werden. Jede T-Zell-Antigenrezeptor-Kette besitzt insgesamt drei CDR, wobei zwei in den variablen Gensegmenten der Keimbahn kodiert sind und eine dritte CDR durch die Vorgänge der Rekombination aus D-,J- und N-Nukleotiden gebildet wird. CDR1 und CDR2 weisen sich im Vergleich zu CDR3 über eine eingeschränkte Variabilität der Aminosäuresequenz aus, weshalb angenommen wird, dass diese Abschnitte vorzugsweise für den Kontakt mit den α-Domänen der MHC-Moleküle verantwortlich sind. Die CDR3-Schleife besitzt eine beträchtliche Variabilität in ihrer Aminosäuresequenz und wird deshalb für die Bindung an Antigenpeptide verantwortlich gemacht. Im Folge der Struktur kann sowohl die CDR1 als auch die CDR3 beider T-Zell-Antigenrezeptor-Ketten das eigentliche Antigen erkennen.Die CDR3-Abschnitte sind zentral mit dem Antigen in Kontakt, während die CDR1-Abschnitte der Vα- und Vβ-Bereiche die N-terminalen beziehungsweise C-terminalen Anteile des Antigens binden. Die „on rate“ ist relativ langsam und lässt vermuten, dass erst nach einer Konformationsänderung der Antigenrezeptor stabil an den MHC/Peptidkomplex binden kann. Dabei könnte der T-Zell-Antigenrezeptor über den ausschließlichen Kontakt zu den α-Helices des MHC-Moleküls dieses Protein vorerst „abtasten“, bevor bei der Erkennung des für den Rezeptor korrekten Peptids die αβ-Antigenrezeptor-Ketten in die richtige Position gebracht werden und stabil an den MHC/Peptid-Komplex binden.

Der gemeinsam von T-Zell-Antigenrezeptor und MHC/Peptid gebildete Komplex besitzt eine Länge von 15 nm und ist somit im Vergleich zu anderen membranständigen Molekülen eher klein.

Die Interaktion des T-Zell-Antigenrezeptors mit dem MHC-Komplex ist durch die drei wichtigen physikalischen Gegebenheiten eingeschränkt, wie die Antigenrezeptordichte auf T-Zellen, die Konzentration spezifischer MHC/Peptid-Komplexe an der Oberfläche Antigen-präsentierender Zellen und die Affinität des T-Zell-Antigenrezeptors für seinen Liganden.

Der T-Zell-Antigenrezeptor bildet auch mit dem CD3-Rezeptor einen Komplex.

Entstehung

Neben der Struktur ist auch die Entstehung der T-Zell-Rezeptoren jener der Antikörper der B-Zellen ähnlich. Die beiden Untereinheiten entstehen durch V(D)J-Rekombination. Der α-Untereinheit fehlt dabei ein D-Segment. Es kommt zu einer quasi zufälligen Anordnung der Gene um eine möglichst große Diversität zu gewährleisten. Diese ist der Grundbaustein der adaptiven Immunantwort. Es werden solange verschiedene Genkombinationen durchprobiert, bis das jeweilige Antigen gebunden werden kann.

Co-Rezeptoren

Das durch die Bindung entstehende Signal wird durch die simultane Bindung an Co-Rezeptoren verstärkt. Zwei Beispiele sind der CD4 und CD8 Rezeptor. Der CD4-Rezeptor bindet ausschließlich MHC II, während der CD8-Rezeptor spezifisch für MHC I ist. Die Co-Rezeptoren sind nicht nur für Spezifität des TCR zuständig sondern auch für eine anhaltende Bindung zwischen der antigenpräsentierenden Zellen und der T-Zelle. Außerdem wird eine weitere Differenzierung der T-Zelle induziert: Wird CD4 vom TCR-MHC I-Komplex rekrutiert, entsteht eine T-Helfer-Zelle. Bindet der TCR jedoch an MHC I, kommt es zur Rekrutierung von CD8, was die Differenzierung zur Cytotoxischen T-Zelle (veraltet: "T-Killer-Zelle") zur Folge hat.

Literatur

  • Janeway C.A., Jr. et al: Immunobiology, 6th ed., Garland Science 2004, ISBN 0815341016
  • G. A. Holländer: Immunologie, Grundlagen für Klinik und Praxis. 1. Auflage. Elsevier, München 2006, ISBN 3-437-21301-6. 
  • M. J. Owen, J. R. Lamb: Immunerkennung. Thieme, Stuttgart 1991, ISBN 978-3137541011. 
  • I. Jahn: Geschichte der Biologie, Theorien, Methoden, Institutionen, Kurzbibliographien. 3. Auflage. Gustav Fischer, Jena 1998, ISBN 3-437-35010-2. 

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Somatische Rekombination — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • VDJ-Rekombination — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • VDJ Rekombination — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Immunreaktion — Schematische Darstellung der primären und sekundären spezifischen Immunantwort Eine Immunantwort ist die Reaktion des Immunsystems auf Organismen oder Substanzen, die es als fremd erkannt hat. Unterschieden wird dabei zwischen der angeborenen und …   Deutsch Wikipedia

  • Zelluläre Immunantwort — Schematische Darstellung der primären und sekundären spezifischen Immunantwort Eine Immunantwort ist die Reaktion des Immunsystems auf Organismen oder Substanzen, die es als fremd erkannt hat. Unterschieden wird dabei zwischen der angeborenen und …   Deutsch Wikipedia

  • Zellvermittelte Immunantwort — Schematische Darstellung der primären und sekundären spezifischen Immunantwort Eine Immunantwort ist die Reaktion des Immunsystems auf Organismen oder Substanzen, die es als fremd erkannt hat. Unterschieden wird dabei zwischen der angeborenen und …   Deutsch Wikipedia

  • Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis — Die Preisträger des Jahres 2011: links Stephan Grill (Nachwuchspreis), rechts Cesare Montecucco (Hauptpreis) Der Paul Ehrlich und Ludwig Darmstaedter Preis wird seit 1952 jedes Jahr für wegweisende Forschungen in der Medizinwissenschaft vergeben …   Deutsch Wikipedia

  • Immunantwort — Schematische Darstellung der primären und sekundären spezifischen Immunantwort Eine Immunantwort ist die Reaktion des Immunsystems auf Organismen oder Substanzen, die es als fremd erkannt hat. Unterschieden wird dabei zwischen der angeborenen und …   Deutsch Wikipedia

  • Trans-Elemente — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Trans-element — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”