Georg Hermann

Georg Hermann
Gedenktafel am Haus Kreuznacher Str. 28 in der Künstlerkolonie Berlin

Georg Hermann, eigentlich Georg Hermann Borchardt (* 7. Oktober 1871 in Berlin; † nach dem 16. November 1943 im KZ Auschwitz-Birkenau) war ein deutscher Schriftsteller jüdischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Familie und Jugend

Georg Hermann wurde 1871 als jüngstes von sechs Kindern einer alteingesessenen jüdisch-berlinerischen Familie mit dem Namen Georg Borchardt geboren. Der gewählte Name Hermann war der Vorname seines Vaters[1], „dessen Leben und Sterben das harte Leben und bittere Sterben des hoffnungslos Unterliegenden war.“ Den Namen des Vaters sollte er wieder zu Ehren bringen – so Georg Hermann zur Wahl seines Pseudonyms.

Der Ägyptologe und Archäologe Ludwig Borchardt war sein Bruder. Georg Hermann arbeitete als kaufmännischer Lehrling und besuchte von 1896 bis 1899 daneben literarische, kunstgeschichtliche und philosophische Vorlesungen an der Universität Berlin. Später war er beim Statistischen Amt Berlin beschäftigt, schrieb aber auch für vierzig Zeitungen und Zeitschriften, vor allem aus dem Ullstein-Verlag.

Schriftsteller

Georg Hermann war im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ein vielgelesener Schriftsteller. Die Romane Jettchen Gebert und Henriette Jacoby, die im Berlin der 1840er Jahre spielen und ein Bild des liberalen Geistes dieser Zeit in einer jüdischen Familie zeichnen, waren seinerzeit Bestseller mit zusammen mehr als 260 Auflagen. Seine anderen Romane erreichten nicht die gleiche Popularität.

Georg Hermann war 1909 Mitgründer und 1910–1913 erster Vorsitzender des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller, dem bald fast alle prominenten Schriftsteller deutscher Sprache beitraten.

Verfolgung und Exil

Durch die Nationalsozialisten ständig bedroht, entschloss sich Hermann nach dem Reichstagsbrand im Jahre 1933, Deutschland zu verlassen. Mit seinen zwei jüngsten Töchtern und seiner geschiedenen Frau ging er nach Holland ins Exil. Georg Hermanns Werke standen auf der „Schwarzen Liste“ und wurden bei den Bücherverbrennungen im Mai 1933 verbrannt. Im Exil schrieb Hermann unter schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen Eine Zeit stirbt sowie drei weitere Romane. Nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht wurde er Anfang 1943 gezwungen, sich von seinem Wohnort Hilversum nach Amsterdam zu begeben.[2] Aus Amsterdam wurde Hermann mit der Tochter aus zweiter Ehe und Enkel in das Durchgangslager Westerbork und am 16. November 1943 in das KZ Auschwitz deportiert. Der Transport mit 995 „Juden aus dem Lager Westerbork“ erreichte Auschwitz am 17. November 1943. Als Todesdatum gilt der 19. November 1943.[3]

Gedenkstein

Gedenkstein im Georg-Hermann-Garten

Dem Schriftsteller ist der parkähnliche Georg-Hermann-Garten in Berlin-Friedenau gewidmet. Dieser Garten wurde 1962 als Gedenkort eingeweiht. In seinem Roman Der kleine Gast aus dem Jahr 1925 beschrieb Hermann seinen damaligen Wohnort Friedenau liebevoll als idyllisches Gartenviertel und als „Eldorado der Tonzwerge“. Die Zugänge zum Garten liegen in der Goßlerstraße 24–25 und in der Stubenrauchstraße 6. Der Zugang Bundesallee 79–81 führt jetzt nur noch zur Kindertagesstätte Pestalozzi-Fröbel-Haus. Im Garten wurde auch ein Gedenkstein für Georg Hermann aufgestellt. Er steht etwas versteckt auf dem eingezäunten Kita-Spielplatz.

Werke

Romane/Erzählungen

  • Spielkinder, 1896
  • Modelle, 1897
  • Die Zukunftsfrohen, 1898
  • Aus dem letzten Hause, 1900
  • Jettchen Geberts Geschichte, 1906-1909 (120. Auflage 1927)
  • Henriette Jacoby, 1908
  • Kubinke, 1910 (Die Geschichte eines Berliner Frisörs, 18. Aufl. 1922)
  • Aus guter alter Zeit, 1911
  • Die Nacht des Doktor Herzfeld, 1912 (19. Aufl. 1922)
  • Heinrich Schön jr., 1915 (26. Aufl. 1922)
  • Vom gesicherten und ungesicherten Leben, 1915 (5. Aufl. 1922)
  • Der Guckkasten, 1916
  • Einen Sommer lang, 4. Aufl. 1917
  • Kleine Erlebnisse, 1920
  • Schnee, 1921 (über den Weltkrieg)
  • Die steile Treppe, 1925
  • Der kleine Gast,. 1925
  • Spaziergang in Potsdam, 1926
  • Tränen um Modesta Zamboni, 1927
  • Träume der Ellen Stein, 1929
  • Grenadier Wordelmann, 1930
  • November 18, 1930
  • Das Buch Ruth, 1931
  • Ruths schwere Stunde, Amsterdam 1934
  • Rosenemil, 1935
  • Der etruskische Spiegel, 1936
  • Nur für Herrschaften, 1949

Dramen

  • Der Wüstling, 1911
  • Frau Antonie, 1917
  • Mein Nachbar Ameise, 1918

Sonstiges

  • Die deutsche Karikatur im 19. Jahrhundert, 1901
  • Wilhelm Busch, Berlin 1902
  • Skizzen und Silhouetten, Darmstadt 1902
  • Max Liebermann, Berlin 1904
  • Die Kette, 1917-1934 (fünfbändige Darstellung jüdischen Lebens des Deutschland von 1899-1923)
  • Randbemerkungen, 1919 (politische Kommentare, 3. Aufl. 1920)
  • Der doppelte Spiegel, Berlin 1926 (polemische Schrift über die Judenproblematik in Deutschland)
  • Eine Zeit stirbt, 1933 (autobiographisch)
  • M. B., der unbekannte Fussgänger, 1935 (autobiographisch)
  • Weltabschied, 1935 (Essay, Reflexionen über sein eigenes Judentum)

Werkausgaben

  • Georg Hermann. Gesammelte Werke, Berlin und Leipzig, 1922 (5 Bände).
  • Unvorhanden und stumm, doch zu den Menschen noch reden. Briefe aus dem Exil 1933-1941 an seine Tochter Hilde. Mit einem Essay: Weltabschied, hrsg. von L. Nussbaum, Mannheim 1991
  • Gert und Gundel Mattenklott (Hg): Georg Hermann. Werke und Briefe, Berlin 1996 bis 1999.

Herausgebertätigkeit

  • Das Biedermeier im Spiegel seiner Zeit, 1913

Bearbeitungen

Literatur

  • Hans Kohn: Die Juden in der deutschen Literatur, Berlin 1922
  • C. G. van Liere: Georg Hermann, Materialien zur Kenntnis seines Lebens und seines Werkes, Amsterdam 1974; ISBN 90-6203-378-4.
  • Kerstin Schoor (Hrsg.): … aber ihr Ruf verhallt ins Leere hinein. Der Schriftsteller Georg Hermann (1871 Berlin – 1943 Auschwitz), 1999; ISBN 3-89693-129-6
  • Godela Weiss-Sussex (Hrsg.): Georg Hermann, deutsch-jüdischer Schriftsteller und Journalist, 1871–1943, Tübingen 2004; ISBN 3-484-65148-2
  • Volker Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher, Köln 2008; ISBN 978-3-462-03962-7 (zu Hermann Seite 98–100)

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. ein nicht sehr erfolgreicher Kaufmann, der 1875 bankrott ging
  2. Digital Monument to the Jewish Community in the Netherlands.
  3. „Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945“ Bundesarchiv 2007

Weblinks


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