German Diagnosis Related Groups

German Diagnosis Related Groups

German Diagnosis Related Groups, kurz G-DRG-System, deutsch: Diagnosebezogene Gruppen oder besser Diagnosebezogene Fallgruppen, ist ein einheitliches an Diagnosen geknüpftes Fallpauschalen-System im Gesundheitswesen. Es löste in Deutschland seit 2003 das alte Mischsystem ab.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Bis zum Jahr 2002 wurden die stationären Krankenhausleistungen zu ca. 80 % über tagesgleiche Pflegesätze und zu ca. 20 % über Fallpauschalen bzw. Sonderentgelte abgerechnet, hauptsächlich im chirurgischen Bereich.

Die Kliniken rechnen nach ursprünglich australischem Vorbild seit 2003 optional, seit 2004 verbindlich alle Akutkrankenhausleistungen über Fallpauschalen, d.h. DRGs, ab. Ausgenommen sind davon grundsätzlich Abteilungen und Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin. Zudem können hochspezialisierte Einrichtungen zeitlich befristet die Herausnahme aus dem DRG-System beantragen, wenn sich ihre Leistungen noch nicht dem Aufwand entsprechend im DRG-System abbilden lassen.

Jährlich findet, mit Wirkung für das Folgejahr, eine Anpassung des Systems an die besonderen Gegebenheiten in Deutschland statt. Ziel ist es, alle stationären „somatischen“ Leistungen mit diesem „pauschalen Entgeltsystem“ leistungsgerecht abbilden zu können.

Federführend für die Einführung und Überarbeitung des DRG-Systems ist das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus in Siegburg.

Die Einführung des DRG 2003 und 2004 war budgetneutral, d. h. die Höhe des Krankenhausbudgets wurde nach klassischem Muster verhandelt und ermittelt, die Abrechnung erfolgte aber bereits über DRGs.

Einführung

Das so genannte Optionsmodell ermöglichte den Krankenhäusern auf freiwilliger Basis ihre Abrechnung ab dem 1. Januar 2003 auf das G-DRG-System umzustellen. Voraussetzung war neben einer fristgerechten Anmeldung eine abgeschlossene Budgetverhandlung mit den Kostenträgern. Aufgrund zeitlicher Verzögerungen der Budgetverhandlung fand für die meisten teilnehmenden Kliniken der Umstieg unterjährig statt.

Ab dem 1. Januar 2004 war die Einführung des DRG-Systems verpflichtend. Da jedoch auch hier die abgeschlossene Budgetverhandlung Voraussetzung für die Einführung war, konnten viele Kliniken erst im Verlauf des Jahres nach DRGs abrechnen. Eine ganze Reihe von Krankenhäusern begann sogar erst im Jahr 2005 mit der Abrechnung nach DRG.

Fortschreibung des deutschen DRG-Systems

Das DRG-System wird jährlich durch das InEK aufgrund der erhobenen Behandlungs- und Kostendaten weiterentwickelt. Daraus kann sich ergeben:

  • Differenzierung von DRGs aufgrund von Kostenunterschieden z. B. durch Begleiterkrankungen, Alter, durchgeführte (nichtoperative) Prozeduren,
  • Zusammenfassung bisher unterschiedlicher DRGs aufgrund fehlender Kostenunterschiede,
  • die Verwendung von zusätzlichen Kriterien wie Geburtsgewicht, Ein-Tages-Fall, Notfall.

Gegenüber dem australischen Original erfolgten bereits im Jahr 2005 deutliche Änderungen; so ist der Einfluss der Nebendiagnosen auf die Eingruppierung in eine bestimmte DRG geringer als in den Vorjahren. Demgegenüber hat die Bedeutung der Prozeduren eine deutliche Steigerung erfahren.

Eine inhaltliche oder systematische Weiterentwicklung des DRG-Systems (G-DRG) zu dem ursprünglich von Fetter / Thompson in 1967 intendierten Steuerungsinstrument findet nicht statt. Bestehende Probleme werden in der politischen Diskussion als angebliche Ökonomisierung der medizinischen Behandlung verdrängt, wobei die Kodierung und die Behandlung auch künftig nichts verbindet.

Grundlagen des deutschen DRG-Systems G-DRG

G-DRG (German-DRG) ist die Bezeichnung für die deutsche Adaptation des australischen DRG-Systems (AR-DRG). Seit 2004 ist es für alle Krankenhäuser Pflicht. Gemäß § 17 b KHG sind die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die Spitzenverbände der Krankenkassen (GKV) und der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) gemeinsam für die Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems zuständig.

Der Katalog G-DRG ist kapitelweise in Hauptdiagnosegruppen (engl.: Major Diagnostic Category MDC) gegliedert.

Voraussetzungen: Eingruppierung der Patienten, Verschlüsselung, Bewertungsrelationen

Voraussetzung für die Eingruppierung eines Patienten in eine DRG ist die Verschlüsselung einer Hauptdiagnose und ggf. von behandlungsrelevanten Nebendiagnosen als ICD-Code sowie der wesentlichen, am Patienten durchgeführten Leistungen (Prozeduren) als OPS-Code.

Um eine einheitliche Verschlüsselung zu gewährleisten, wurde eigens ein Regelwerk (Deutsche Kodierrichtlinien, bzw. DKR) erstellt. Aus den Diagnosen und Prozeduren sowie dem Alter, Geschlecht, Gewichtsangabe bei Neugeborenen, Zahl der Stunden maschineller Beatmung, der Verweildauer und der Entlassungsart (z. B. verlegt, verstorben, normale Entlassung usw.) erfolgt die DRG-Ermittlung über einen vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) erstellten und veröffentlichten Algorithmus (Definitionshandbücher). Dieser Algorithmus ist in EDV-Programmen, so genannten DRG-Groupern implementiert, die vom InEK zertifiziert werden und über Schnittstellen vom Krankenhaus und den Krankenkassen in die EDV-Systeme eingebunden werden können.

Vereinheitlichung

Das InEK erstellt jährlich den Katalog der abrechenbaren DRGs aus den Leistungs- und Kostendaten von freiwillig an der so genannten Kalkulation teilnehmenden Krankenhäusern. Zusätzlich wird zu jeder DRG eine Bewertungsrelation (BR) (Synonym: Kostengewicht, Relativgewicht) kalkuliert, das den Kostenunterschied der verschiedenen DRGs untereinander widerspiegelt. Daher ist das DRG-System in erster Linie eine ökonomische und nur bedingt eine medizinische Klassifikation.

Die DRGs werden als eine vierstellige Kombination aus Buchstaben und Ziffern dargestellt, beispielsweise F60B für Kreislauferkrankungen mit akutem Myokardinfarkt, ohne invasive kardiologische Diagnostik ohne äußerst schwere Begleiterkrankungen. Die dreistellige Kombination der DRGs wird als Basis-DRG (z. B. A01) und die vierstellige Kombination als G-DRG (z. B. A01A; A01B) bezeichnet.

DRG-Code

Die erste Stelle des DRG-Codes bezeichnet das Kapitel (so genannte Hauptdiagnosegruppe, aus dem englischen "Major Diagnostic Category" (MDC)) nach Organsystem (z. B. MDC 1: Erkrankungen des Nervensystems = "B") bzw. Ursache der Erkrankung (z. B. MDC 21: Verletzungen = "X") unterteilt. Zusätzliche gibt es Sonderfälle (Beatmungsfälle, Transplantationen usw. = "A") sowie so genannte Fehler-DRGs (Falsche Hauptdiagnose, OP passt nicht zur Diagnose usw. = "9")

Die zweite und dritte Stelle des DRG-Codes bezeichnet die Art der Behandlung. Im australischen Originalsystem bezeichnet 01-39 eine operative Behandlung (Partition O), 40-59 bezeichnet eine nichtoperative, jedoch invasive Behandlung wie beispielsweise eine Darmspiegelung (Partition A) und 60-99 bezeichnet eine rein medizinische Behandlung ohne Eingriffe (Partition M). In der deutschen Anpassung wurden für das G-DRG-System 2005 die Grenze zwischen der operativen und der "non-OR" Partition, also zwischen den Ziffern 01-39 und 40-59, aufgeweicht, so dass jetzt auch DRGs, die eine operative Behandlung voraussetzen, mit Ziffern größer 39 existieren. Als Beispiel sei die Basis-DRG I95 für Tumorendoprothese im G-DRG System Version 2006 angeführt.

Die letzte Stelle des DRG-Codes bezeichnet den (ökonomischen) Schweregrad der DRG. Buchstabe "A" kennzeichnet eine aufwändige (teure) Behandlung. Nach unten sind je nach Basis-DRG verschiedene Differenzierungen, derzeit bis zum Buchstaben "I", möglich. Der Buchstabe "Z" kennzeichnet DRGs, die nicht weiter differenziert sind.

Der für die Fallpauschale abzurechnende Preis ergibt sich aus dem kalkulierten Relativgewicht multipliziert mit einem sogenannten Basisfallwert, der in den Jahren 2003 und 2004 noch Krankenhausindividuell verhandelt wird, zwischen 2005 und 2008 jedoch schrittweise an einen für das Bundesland einheitlichen Basisfallwert angeglichen wird (Konvergenzphase), so dass ab 2009 gleiche Leistungen innerhalb eines Bundeslandes auch einen gleichen Preis haben sollen, unabhängig davon, in welchem Krankenhaus der Patient behandelt wurde. Letztendlich soll dann ein bundesweit gleicher Preis je Leistung berechnet werden. Allerdings ist der hierfür erforderliche gesundheitspolitische Rahmen noch nicht bestimmt. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Einführung von bundesweiten Basisfallwerten noch länger auf sich warten lassen wird.

Zur Berücksichtigung von Ausreißerfällen, also Patienten, die extrem lang oder besonders kurz behandelt wurden, existieren für die meisten DRGs eine obere und eine untere Grenzverweildauer. Bei Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer erfolgt ein Abschlag, bei Überschreiten der oberen Grenzverweildauer erfolgt ein Zuschlag auf den jeweiligen DRG-Preis. Außerdem erfolgt ein Abschlag, wenn der Patient in ein anderes Krankenhaus oder aus einem anderen Krankenhaus verlegt und nicht mindestens bis zur mittleren Verweildauer der abgerechneten DRG behandelt wird. Zu- und Abschläge sind als Bewertungsrelationen pro Tag definiert, so dass sich der jeweilige Betrag aus der Multiplikation der relevanten Tage und der Bewertungsrelation mit dem Basisfallwert ergibt.

DRG-Rechengrößen

Zu den DRG-Rechengrößen sind folgende zu zählen:

  • Bewertungsrelation: Die Bewertungsrelation (oder Relativgewicht) ist das Erlösäquivalent, das auf Basis einer Kostenkalkulation für jede DRG individuell festgelegt wird. Die Kostenkalkulation erfolgt über das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK)
  • Casemix (CM): Der Casemix ist die Summe der Relativgewichte aller innerhalb einer Zeiteinheit erbrachten DRGs
  • Casemixindex (CMI): Der CMI berechnet sich aus dem Casemix geteilt durch die Zahl der Fälle
  • Baserate (Basisfallwert): Die Baserate ermittelt sich aus dem DRG-Budget geteilt durch den Casemix

Ziele

Die politischen Ziele der DRG-Einführung sind

  • die Liegezeit in deutschen Krankenhäusern zu verkürzen,
  • die Bezahlung von medizinischen Leistungen in den Krankenhäusern zu vereinheitlichen ("gleicher Preis für gleiche Leistung"),
  • Transparenz und Vergleichbarkeit der Krankenhausleistungen zu erhöhen,
  • vermutete Überkapazitäten im Krankenhausbereich abzubauen,
  • und insgesamt zukünftig zu erwartende Kostensteigerungen im stationären Bereich zu begrenzen.

praktische Umsetzung

Seit der Einführung der DRG-Abrechnung werden in den Krankenhäusern auch vereinzelt Medizinische Dokumentare und Medizinische Dokumentationsassistenten eingesetzt. Neu ist das bereits in anderen Ländern bekannte Aufgabenfeld des Kodierers. So sollen die Ärzte entlastet werden, damit sie sich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen können.

Hinweise auf die Änderung der Arbeitsteilung in der klinischen Abrechnung und Dokumentation werden fortlaufend in wissenschaftlichen Studien am Rande gerichtet [1]. Eine spezielle Untersuchung zur Effizienz und Qualität der Arbeitsteilung beziehungsweise im klinischen Betrieb wird bisher vermieden. Eine Begründung liegt in der Dominanz der Vertreter der Ärzteschaft hinsichtlich des Arztvorbehalts. Zur Entlastung des Arztes zugunsten der Arbeit am Patienten haben die DRG nichts beigetragen.

Planung

Von 2005 bis 2009 erfolgt eine so genannte Konvergenzphase, in der die krankenhaus-spezifische Vergütungshöhe schrittweise an ein landesweites Vergütungsniveau (einheitlicher Basisfallwert je Bundesland) angepasst wird. In diesem ersten budgetrelevanten Jahr wird z. B. die Differenz des krankenhauseigenen Budgets zu dem Wert, der sich mit den bundeslandweiten Daten ergeben würde, um 15 % ausgeglichen. Diese Angleichung erfolgt progressiv in den nächsten fünf Jahren, bis jeweils in jedem Bundesland für die gleiche Leistung überall auch das gleiche Entgelt zur Anrechnung kommen wird.

Dieses wird zu teilweise enormen Budgetveränderungen führen, auf die sich die Krankenhäuser organisatorisch und finanziell einstellen müssen. Zugleich ebnet es den Weg in ein Preissystem, welches mehr Wettbewerbsvorteile in den Krankenhausbereich bringen kann. Was nach 2009 passieren wird, ob es zum Beispiel eine zweite Konvergenzphase hin zu bundesweit einheitlichen Preisen geben wird, was nach erstmaliger Veröffentlichung der landesweiten Basisfallwerte im Jahr 2005 von einigen Bundesländern vehement gefordert wurde, vermag zurzeit niemand vorherzusagen.

Weiterentwicklung

Die DRG haben die gewünschte Bedämpfung des Kostenanfalls in Teilen erreicht. Die wesentliche Erkenntnis ist jedoch, dass durch die DRG allein kein hinreichender Steuerungseingriff erreicht wird. Dies wird verstärkt durch Konzepte integrierter Versorgung zu erreichen versucht. Allerdings ist anders als für die DRG für eine integrierte Versorgung ein Status republikweiter Einheitlichkeit in planbarer Zeit nicht abzusehen.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutsche Gesellschaft für Gesundheitsökonomie, Jahrestagung Berlin 2010

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