Fallpauschale und Sonderentgelt

Fallpauschale und Sonderentgelt

Die Fallpauschale ist eine Form der Vergütung von Leistungen im Gesundheitssystem. Im Gegensatz zu zeitraumbezogenen Vergütungsformen (wie tagesgleiche Pflegesätze) oder einer Vergütung einzelner Leistungen (Einzelleistungsvergütung) erfolgt bei Fallpauschalen die Vergütung von medizinischen Leistungen pro Behandlungsfall.

Das Verfahren wird international in vielen Ländern benutzt. Das Verfahren hilft, die Kosten für die Behandlung im Einzelfall zu begrenzen. Der gesamtwirtschaftliche Erfolg des Verfahrens ist bisher weder für den Patienten noch für die Krankenhäuser oder die Krankenversicherungsträger schlüssig erkennbar.

Inhaltsverzeichnis

Verfahren in Deutschland 1996 bis 2004

Von 1996 bis 2004 wurden in Deutschland Fallpauschalen zur Vergütung einzelner definierter medizinischer Leistungskomplexe – beispielsweise Leisten-, Gallen-, Blinddarmoperation – in Krankenhäusern angewendet. Eine Fallpauschale definierte sich dabei über die nach ICD-10-GM verschlüsselte Diagnose und die nach der Internationalen Klassifikation der Prozeduren in der Medizin (ICPM, bzw. in Deutschland Operationsschlüssel nach §301 SGB V (OPS-301), inzwischen ersetzt durch OPS-2008) verschlüsselte Leistung (Prozedur). Entsprachen Hauptdiagnose und Prozedur der Fallpauschalendefinition, so wurde diese anstatt der Pflegesätze abgerechnet.

Neben den Fallpauschalen gab es Sonderentgelte, die zum Teil für die gleichen Leistungen definiert waren, jedoch nur dann zur Abrechnung kamen, wenn zwar die entsprechende Prozedur verschlüsselt wurde, die für die Fallpauschale erforderliche Diagnose jedoch nicht der Hauptdiagnose entsprach. Weitere Sonderentgelte waren für bestimmte, zum Teil besonders aufwändige Operationen – beispielsweise große Lungen- oder Bauchoperationen vorgesehen. Die Sonderentgelte wurden neben Pflegesätzen abgerechnet. Mit der ab 2003 optionalen und ab 2004 verpflichtenden Einführung des DRG-Systems erfolgt eine Ausweitung der pauschalierten Abrechnung auf fast alle ambulanten und teilweise oder vollständig stationären Krankenhausbehandlungen mit Ausnahme der Psychiatrie.

Verfahren in Deutschland seit 2004

Durch Änderung der gesetzlichen Grundlagen wurden die Fallpauschalen systematisiert nach dem Klassifizierungssystem G-DRG, das wiederum auf die Klassifikation ICD-10-GM Bezug nimmt.

Kritik am System der Fallpauschalen

Das Konzept der Fallpauschalen dient allein der Verrechnung zwischen Leistungserbringer und Leistungsträger. Die Interessen der Patienten werden damit nicht unterstützt.

Strikte Abgrenzung zum Fallmanagement

Außer in dem gemeinsamen Wortbestandteil ’’fall’’ haben die Fallpauschalen mit dem Fallmanagement nichts gemein. Die Fallpauschalen erlauben keinen Eingriff in den laufenden Fall, sondern dienen allenfalls retrospektiv der Administration. Eine Prozesskostenerfassung ist meist völlig unbekannt, es fehlt damit die zeitnahe Transparenz der tatsächlichen Kosten im einzelnen Fall. Das Fallmanagement mit dem Ziel des Kostenausweises aus bester Prozessqualität zu Gunsten des Patienten bleibt träge und somit reichlich ineffizient.

Fehlende Kostentransparenz

Durch die Reduzierung der Abrechnung auf Fallpauschalen Diagnosis Related Groups (DRG) in Major Diagnostic Categories (MDC) wird in der Regel die zeitnahe auf den Fall bezogene Erfassung der Prozesskosten zur Begründung einer authentischen Prozesskostenrechnung im deutschen Gesundheitswesen völlig vernachlässigt. Auch in anderen Ländern ist beispielsweise die originäre Intention von Fetter und Thompson (1967) mit der Definition der DRGs als Steuerungsinstrument für die wirtschaftliche Führung von Krankenhäusern verloren gegangen.

In fast allen deutschen Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft werden die Prozesskosten durch Erhebung aus aufgelaufenen Stationskosten ermittelt. Daher fehlt der unmittelbare Indikator der Prozessqualität im Monitoring des einzelnen Falls. Ein Eingriff in die Prozessführung mit dem direkten Ziel optimaler Steuerung zu Gunsten des Leistungsträgers und des Kostenträgers bleibt daher weitgehend der manuellen Recherche überlassen.

Verfälschung des Konzepts von Fetter, Thompson aus 1969

Das ursprüngliche Konzept der Erfinder der Fallpauschalen, Robert B. Fetter und John Devereaux Thompson[1] wird durch das seit 2003 bestehende System nicht abgebildet. Von der Idee der Steuerung von Entscheidungen ist außer einem System der Buchhaltung in der Praxis nichts übrig geblieben. Die vergangenen vier Dekaden haben nichts dazu beigetragen, das vorgeschlagene System weiter zu entwickeln. Statt dessen ist es mit den nun definierten langen Anpassungszyklen weitgehend verkrüppelt.

Diese Kritik gilt für Deutschland, wie auch für die deutschsprachigen Nachbarländer Österreich und die Schweiz sowie für das Land der Vorlage, Australien.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. (A Decision Model for the Design and Operation of a Progressive Patient Care Hospital, Medical Care, November 1969, Vol. VII, No. 8, pp. 450-462)

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