Gesetzesfolgenabschätzung

Gesetzesfolgenabschätzung

Die Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) befasst sich mit der Erfassung und Analyse von gewollten Auswirkungen und ungewollten Nebenwirkungen von Rechtsnormen. Damit sollen die Notwendigkeit und Wirkung eines geplanten Gesetzes besser erfasst und mögliche Alternativen gegenüber gestellt werden.

Obwohl der Normgeber bei dem Erlass jeder Norm schon immer bestimmte Zwecke verfolgte, ist die systematische Erfassung und Bewertung von voraussichtlichen und tatsächlichen Gesetzesfolgen eine relativ junge Entwicklung. So sieht die deutsche Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) erst seit dem 1. September 2000 vor, dass beim Vorlegen, Formulieren und beim Erlass von Rechtsnormen, wie Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Allgemeinen Verwaltungsvorschriften, eine Gesetzesfolgenabschätzung vorzunehmen ist.

Auf EU-Ebene findet ebenfalls eine Gesetzesfolgenabschätzung statt, bevor die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine legislative Maßnahme ([Verordnung] oder [Richtlinie]) vorlegt. Er wird bezeichnet als Integrated Impact Assessment (integriert, weil sowohl Aspekte der nachhaltigen Entwicklung als auch die Auswirkungen auf die Adressaten betrachtet werden). Die Kommission hat dazu interne Leitfäden vorgelegt.

Während sich die Auswirkungen auf Unternehmen oder Privatpersonen vergleichsweise einfach (monetär, also in Euro) abschätzen lassen, gestaltet sich diese Abschätzung deutlich schwieriger, wenn es um Auswirkungen auf Umweltgüter geht. Weil Umweltgüter in der Regel keinen direkten "Preis" haben, muss man nach anderen Wegen suchen, die Auswirkungen auf die Umwelt zu quantifizieren, um sie in der Gesetzesfolgenabschätzung berücksichtigen zu können.

Zweck der Durchführung von Gesetzesfolgenabschätzungen ist es, staatliches Handeln effektiver zu gestalten, staatliche Eingriffe auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken und mögliche Alternativen einzubeziehen. Nach §§ 43 Absatz 1 Nr. 5, 44, 62, 70 GGO sind die Ergebnisse der Abschätzung der Gesetzesfolgen in der Begründung zum Rechtsakt und im Vorblatt bei der Vorlage des Entwurfes darzustellen.

Die Gesetzesfolgenabschätzung erfolgt nicht nur im Vorfeld des Erlasses einer Norm. Insgesamt lassen sich in der deutschen Praxis drei Phasen der Gesetzesfolgenabschätzung erkennen:

  1. Konzeptionsphase: Anstoß der Gesetzesfolgenabschätzung – Analyse des Regelfeldes – Entwicklung von Regelungsalternativen – Entwicklung von Szenarien – Auswahl und Aufbereitung geeigneter Instrumente.
  2. Durchführungsphase: Workshops mit Experten und Normadressaten, Prüfung und nötigenfalls Modifikation der Regelungsalternativen – Abschätzung der Folgen pro Regelungsalternativen unter Anwendung der Instrumente gegebenenfalls vor dem Hintergrund der Szenarien.
  3. Auswertungsphase: Auswertung, Aufbereitung und Dokumentation inklusive Empfehlungen für eine optimale Regelungsalternative – Auswahl der Regelungsalternative durch politische Führungsebene – Entscheidung über den Fortgang der Gesetzesfolgenabschätzung.

Literatur

  • Carl Böhret / Götz Konzendorf: Handbuch Gesetzesfolgenabschätzung (GFA). Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2001, ISBN 3-7890-7424-1.
  • Martin Brüggemeier / Klaus Lenk (Hrsg.): Bürokratieabbau im Verwaltungsvollzug. Better Regulation zwischen Go-Government und No-Government, Berlin: edition sigma 2011, ISBN 978-3-89404-842-6
  • Stephan Hensel / Kilian Bizer / Martin Führ / Joachim Lange (Hrsg.): Gesetzesfolgenabschätzung in der Anwendung - Perspektiven und Entwicklungstendenzen, Baden-Baden: Nomos, 2010, 341 S., ISBN 978-3-8329-4486-5
  • Bizer, Kilian / Lechner, Sebastian / Führ, Martin (Eds.): The European Impact Assessment and the Environment, 2010, 200 p., Heidelberg: Springer ISBN 978-3-642-11669-8

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