Ghetto Lemberg

Ghetto Lemberg

Der Jüdische Wohnbezirk oder das Ghetto Lemberg war ein während des Zweiten Weltkriegs von den deutschen Besatzern eingerichtetes KZ-Sammellager in Lemberg (Lwiw) im Distrikt Galizien des Generalgouvernements. Lemberg gehörte in seiner Geschichte unter anderem zu Polen und Österreich. Am 17. September 1939 rückte die Rote Armee aufgrund des Hitler-Stalin-Paktes in das polnische Gebiet ein. Aus dem von Deutschen besetzten Polen flohen viele jüdische Polen zuvor hierher. Nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens durch die Rote Armee kam Lemberg an die Ukrainische Sowjetrepublik, nach der deutschen Besetzung im Zuge des Überfalls auf die Sowjetunion 1941 wurde die Stadt Teil des deutschen über Polen errichteten Generalgouvernements.

Die Deutsche Besatzung Lembergs begann am 30. Juni 1941. Auch das aus Ukrainern bestehende Bataillon Nachtigall war an der Besetzung beteiligt. Es kam zu mindestens 4.000 Morden an Einwohnern. Seit dem 8. Juli 1941 waren Juden verpflichtet den Judenstern zu tragen. Das Sammellager sollte nicht verwechselt werden mit dem Zwangsarbeitslager Lemberg-Janowska, das im Oktober/November 1941 eingerichtet wurde.

Ein so genannter Judenrat mit 7 Mitgliedern wurde im Sammellager am 22. Juli 1941 installiert. Josef Parnes, ehemaliger Rechtsanwalt, wurde zum Judenältesten ernannt. Im November erschossen die Deutschen Parnes, da er sich weigerte, ihren Befehlen zur Zwangsarbeit der Insassen nachzukommen. In einem drei Tage dauernden Pogrom ermorden pro-deutsche ukrainische Nationalisten ab dem 25. Juli 1941 etwa 2.000 Juden in Lemberg (auch Petljura Pogrom, nach den von Symon Petljuras Truppen durchgeführten Pogromen von 1918/1919). Am 2. Oktober 1941 wurden 500 jüdische Männer zur Zwangsarbeit in den DAW ins Zwangsarbeitslager Lemberg-Janowska selektiert.

Am 8. November 1941 wurde der „Jüdische Wohnbezirk“ eingerichtet. Die Juden Lembergs und weitere jüdische Flüchtlinge, die sich in der Stadt befanden, hatten sich bis zum 15. Dezember 1941 im Wohnbezirk einzufinden. Die dortigen nichtjüdischen Bewohner mussten bis dahin ausziehen. Bei den „Umzügen" wurden fast 5.000 Ältere und Kranke auf dem Weg ins „Ghetto“ erschossen. Im Lager waren zeitweise bis zu 160.000 Menschen interniert. Zuvor gab es jüdische Wohnviertel, die aber überhaupt nicht von anderen Wohngebieten abgetrennt waren. Der Jüdische Wohnbezirk wurde schließlich vollständig eingeschlossen und eine Ausgangssperre verhängt.

Mit dem 14. März 1942 beginnen die Razzien zur Deportation ins Vernichtungslager Belzec. Bis zum 1. April hat die SS 15.000 Juden in die Todesfabrik deportiert. Weitere Razzien finden vom 10. August bis zum 23. August 1942 statt. Etwa 50.000 kamen ins Zwangsarbeitslager Lemberg-Janowska und von dort ins KZ Belzec. Der Wohnbezirk wurde etwa um die Hälfte verkleinert. Henryk Landesberg, Ältester im Judenrat, weitere Judenratsmitglieder und Ghettopolizisten wurden am 1. September 1942 öffentlich unter dem Kommando des Leiters des Judenreferats der Gestapo Erich Engels gehängt. Weitere Deportationen fanden am 18. November 1942 statt. Am 5. Januar 1943 wurden 10.000 Juden ohne Arbeitserlaubnis aus dem Wohnbezirk deportiert. Zwei Tage später fand das erste Massaker in Piaski statt, und das zweite zehn Tage danach.

Das Lager wurde am 1. Juni 1943 demontiert, Spuren der Massenmorde sollen beseitigt, dazu Gräber exhumiert werden. Es kam zu einem Aufstand, bei dem auch einige SS-Wachen verletzt und getötet wurden. Es folgte ein erneutes Massaker in Piaski an 7.000 Personen. Etwa weitere 3.000 werden bei der Liquidierung des Lagers am Ort erschossen.

Die Rote Armee befreite am 26. Juli 1944 Lemberg. Als der Lwiw-Sandomierz-Vormarsch Lwiw erreichte, fand sie nur noch 200 bis 300 überlebende Juden vor.

siehe auch

Liste der Ghettos in der Zeit des Nationalsozialismus

Literatur

  • Thomas Sandkühler: Endlösung in Galizien. Der Judenmord in Ostpolen und die Rettungsinitiativen von Berthold Beitz 1941-1944. Dietz Nachfolger, Bonn 1996, ISBN 3-8012-5022-9.
  • Dieter Pohl: Nationalsozialistische Judenverfolgung in Ostgalizien, 1941-1944. Oldenbourg, München 1997, ISBN 3-486-56233-9.
  • Leon W. Wells: Ein Sohn Hiobs, Übers. aus d. Engl. von H. Th. Asbeck. München : C. Hanser 1963

Weblinks

49.83944444444424.032777777778

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lemberg — (Львів/Lwiw) …   Deutsch Wikipedia

  • Ghetto (Begriffsklärung) — Ghetto bezeichnet: Ghetto, ein Stadtviertel, in dem eine bestimmte, früher meist jüdische, Bevölkerungsgruppe lebt(e) bzw. zu leben gezwungen war Ghetto benennt bestimmte Ghettos: Ghetto (Venedig), Insel in Venedig, auf der die jüdische… …   Deutsch Wikipedia

  • Ghetto Lvov — Der Jüdische Wohnbezirk oder das Ghetto Lemberg war ein während des Zweiten Weltkriegs von Deutschen eingerichtetes KZ Sammellager in Lemberg in Galizien. Lemberg gehörte in seiner Geschichte unter anderem zu Polen und Österreich. Am 17.… …   Deutsch Wikipedia

  • Ghetto — Ein Ghetto oder Getto war früher ein bestimmtes Stadtviertel, in dem Juden gezwungen waren, zu leben. Heute bezeichnet der Begriff allgemein Stadtviertel, in denen vorwiegend bestimmte Bevölkerungsgruppen leben, insbesondere soziale Randgruppen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Ghetto (Warschau) — Das Warschauer Ghetto, von den deutschen Behörden „Jüdischer Wohnbezirk in Warschau“ genannt, wurde im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten für polnische und europäische Juden errichtet und war das bei weitem größte Sammellager dieser… …   Deutsch Wikipedia

  • Ghetto Brody — Eingang zum Ghetto in Brody …   Deutsch Wikipedia

  • Jüdisches Ghetto — Reste der Mauer des Warschauer Ghettos Ein Ghetto oder Getto ist ein Stadtviertel, in dem eine bestimmte, früher meist jüdische, Bevölkerungsgruppe lebt. Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie und Geschichtliches …   Deutsch Wikipedia

  • Lwów Ghetto — The Lwów Ghetto (also called the Lemberg Ghetto, Lviv Ghetto, and Lvov Ghetto), was in the city of Lwów (now Lviv, the largest city in today s western Ukraine), was one of the larger Ghettos established for Jews by Nazi authorities. Once holding… …   Wikipedia

  • Warschauer Ghetto — Lage des Ghettos 1940 (in einer Karte von 1938) Grün Bürstenfabrik; Blau Werkstätten; Pink Umschlagplatz (ehem. Güter Bf). Gelb – Restgebiet nach den Massendeportationen im Jahr 1942 Das Warschauer Ghetto, von den deutschen Behörden „Jüdischer… …   Deutsch Wikipedia

  • Lemberek — Lemberg (Львів/Lwiw) …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”