Gliere

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Reinhold Moritzewitsch Glière (russisch Рейнгольд Морицевич Глиэр/ Reingold Moritzewitsch Glier, wiss. Transliteration Rejngol'd Moricevič Gliėr; * 30. Dezember 1874jul./ 11. Januar 1875greg. in Kiew; † 23. Juni 1956 in Moskau) war ein russischer Komponist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Glière war der Sohn eines aus Klingenthal (Untersachsenberg) im Vogtland nach Kiew gezogenen Blasinstrumentenmachers und einer Polin. Das hartnäckige Gerücht, sein Vater sei belgischer oder französischer Abstammung, ist falsch. Ab 1891 erhielt er bei Otakar Ševčík Violinunterricht an der Kiewer Musikschule, bevor er 1894 seine Studien am Moskauer Konservatorium (unter anderem bei Anton Arenski und Sergei Tanejew) begann. 1901, ein Jahr nach dem äußerst erfolgreichen Abschluss seiner Studien, erhielt Glière eine Lehrstelle an der Gnesin-Musikschule in Moskau, die er bis 1913 beibehielt. Eine Unterbrechung fiel allerdings in die Jahre 1905 bis 1908, als er in Berlin bei Oskar Fried Dirigieren studierte. 1913 wechselte er an das Konservatorium in Kiew, wo er 1914 zum Direktor ernannt wurde. Von 1920 bis 1941 unterrichtete Glière Komposition am Moskauer Konservatorium. Viele seiner Schüler, zu denen Nikolai Mjaskowski und Sergei Prokofjew gehören, entwickelten sich zu namhaften Komponisten. In der Sowjetunion war Glière vielfach öffentlich tätig. In den 1920er Jahren engagierte er sich zum Beispiel im Volkskommissariat für Bildung, 1938 bis 1948 hatte er den Vorsitz des Organisationskomitees des sowjetischen Komponistenverbandes inne. Auch unternahm er Reisen durch Sowjetrepubliken wie Usbekistan und Aserbaidschan, um die dortige Folklore zu sammeln und so die Musikkultur dieser Gegenden zu unterstützen. Glière war in der Sowjetunion eine hoch angesehene Persönlichkeit und erhielt etliche Orden und Auszeichnungen. Er war Volkskünstler der UdSSR und ihrer Sowjetrepubliken Russland, Aserbaidschan und Usbekistan. Auch erhielt er dreimal den Stalinpreis (1946, 1948, 1950) und wurde 1941 zum Doktor der Kulturwissenschaften ernannt.

Stil

Glières Stil war zunächst in hohem Maße der nationalrussischen Bewegung verpflichtet. Seine Melodik orientierte sich an folkloristischen Wendungen, die Harmonik präsentierte sich ausgesprochen „russisch“. Angeregt durch seine Studien bei Oskar Fried (s. o.) bezog er seit seinem Aufenthalt in Berlin impressionistische Klangfarben in sein Schaffen mit ein, die sogar zeitweilig das nationale Element in den Hintergrund rücken ließen. Auch perfektionierte er in diesen Jahren seine Fähigkeiten als Orchestrator, sodass seine Werke an Farbe und Raffinement gewannen. In dieser Phase schrieb Glière seine „modernsten“ Werke. Schon bald jedoch bemühte er sich um eine Synthese von russischem Tonfall und impressionistischen Einflüssen. Nach der Oktoberrevolution wandte sich Glière wieder eher seinem früheren Stil zu und räumte dem nationalen Idiom wieder uneingeschränkte Priorität ein. Besonders seine o. e. Forschungen in (musikalisch) entlegeneren Gebieten der UdSSR beeinflussten sein Schaffen. Auch orientierte sich Glière am sozialistischen Realismus; sein Ballett „Der rote Mohn“ galt zum Beispiel als das Musterbeispiel für ein Bühnenwerk, das propagandistische Ausrichtung mit einem volkstümlich-eingängigen Idiom verbindet. Insgesamt muss Glière als äußerst traditionsverbundener Komponist angesehen werden. Auch seine letzten Werke sprechen – ungerührt von allen musikalischen Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte – noch die kaum abgeänderte Sprache der russischen Nationalromantik.

Werke

  • Orchesterwerke
    • Sinfonie Nr. 1 Es-Dur op. 8 (1900)
    • Sinfonie Nr. 2 c-Moll op. 25 (1907)
    • Sinfonie Nr. 3 h-Moll op. 42 „Ilja Muromez“ (1911)
    • „Die Sirenen“, sinfonische Dichtung op. 33 (1908)
    • „Die Saporoger Kosaken“, Tonbild (Ballett) op. 64 (1921)
    • „Völkerfreundschaft“, Ouvertüre zum 5. Jahrestag der sowjetischen Verfassung op. 79 (1941)
    • Konzertwalzer Des-Dur op. 90 (1950)
  • Werke für Blasorchester
    • „Fantasie für das Festival der Komintern“ (1924, auch in einer Bearbeitung für Domraorchester)
    • „Heroischer Marsch für die Burjatisch-Mongolische ASSR“ C-Dur op. 71 (1936, auch für Orchester)
    • „Festliche Ouvertüre zum 20. Jahrestag der Oktoberrevolution“ G-Dur op. 72 (1937)
    • Feldmarsch B-Dur op. 76 (1941, später umbenannt in „Siegesmarsch“)
    • „Fünfundzwanzig Jahre Rote Armee“, Ouvertüre für Blasorchester es-Moll op. 84 (1943)
    • „Sieges-Ouvertüre“, Ouvertüre für Blasorchester b-Moll op. 86a (1944)
  • Konzerte
    • Harfenkonzert Es-Dur op. 74 (1938)
    • Koloratursoprankonzert f-Moll op. 82 (1943)
    • Violoncellokonzert d-Moll op. 87 (1946)
    • Hornkonzert B-Dur op. 91 (1950)
    • Violinkonzert g-Moll op. 100 (1956, vervollständigt Borys Ljatoschynskyj)
  • Vokalwerke
    • „Schach-Senem“, Oper op. 69 (1923-25)
    • „Gjulsara“, Oper op. 96 (1936, rev. 1949)
    • drei weitere Opern
    • „Ruhm der Sowjetarmee“, Kantate für Vokal-Solisten, Chor, Rezitator, Sinfonie- und Blasorchester, op. 93 (1953)
    • Lieder
    • Chöre
  • Ballette
    • „Der rote Mohn“ op. 70 (1927, rev. 1949 u. 1955)
    • „Der eherne Reiter“ op. 89 (1948/49)
    • „Taras Bulba“ op. 92 (1952)
  • Kammermusik
    • Streichquartett Nr. 1 A-Dur op. 2 (1899)
    • Streichquartett Nr. 2 g-Moll op. 20 (1905)
    • Streichquartett Nr. 3 d-Moll op. 67 (1927)
    • Streichquartett Nr. 4 f-Moll op. 83 (1943)
    • Streichsextett Nr. 1 c-Moll op. 1 (1898)
    • Streichsextett Nr. 2 h-Moll op. 7 (1904)
    • Streichsextett Nr. 3 C-Dur op. 11 (1904)
    • Streichoktett D-Dur op. 5 (1902)
    • Duos für verschiedene Instrumente
    • Klavierstücke

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