Gloucester Cathedral

Gloucester Cathedral
Ansicht der Kathedrale von Gloucester.

Die Kathedrale St. Peters und der Heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit von Gloucester, in Gloucester, England, befindet sich im Norden der Stadt nahe am Fluss. Die Kathedrale entstand im Jahre 681 aus einer Abtei, die St. Peter gewidmet war (aufgelöst durch Heinrich VIII.). Sie ist 123 Meter (420 Fuß) lang und 42 Meter (144 Fuß) breit, ausgestattet mit einem zentralen 68,5 Meter (225 Fuß) hohen Turm aus dem 15. Jahrhundert. Der Turm ist mit seinen vier Spitzen ein berühmtes Wahrzeichen.

Die Krypta mit (Apsiden) versehen ist eine der vier, die in englischen Kathedralen existieren, die anderen befinden sich in der Kathedrale von Worcester, der Kathedrale von Winchester und in der Kathedrale von Canterbury.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Die Kathedrale von Gloucester gilt heute als eine der wichtigsten und rätselhaftesten Baudenkmäler der ganzen Kunstgeschichte, die noch mitten im 19. Jahrhundert als Ausgangspunkt der englischen Kunstgewerbereform durch William Morris und John Ruskin eine für die Entwicklung der modernen Architektur entscheidende Rolle spielt. [1]

Kathedrale von Gloucester aus Nordosten um 1828.
Die Westseite der Kathedrale.

Vorgeschichte

Die Abtei von Gloucester wurde im 7. Jahrhundert zunächst als Nonnenkloster gegründet. 1022 zogen Benediktiner ein. England war gerade 1066 von Wilhelm dem Eroberer unterjocht worden und der alte angelsächsische Adel wurde zunehmend durch die neue normannische Herrschaft ersetzt, als mit dem Abt Serlo (1072-1104) die heruntergekommene alte Abtei von Gloucester neu besetzt wurde. In den Jahren nach 1072 erfolgte der Neubau einer Kirche im normannischen Baustil. Wilhelm der Eroberer hat die entstehende Kirche mehrfach besucht. Zu Weihnachten 1085 wurde hier im alten Kapitelhaus vom ihm die Order ausgegeben, das legendäre Domesday Book anzulegen, mit dem die neuen Besitzverhältnisse in dem eroberten Land festgehalten wurden. Die Abtei erhielt in den folgenden Jahren von Wilhelm und seinen Söhnen diverse Schenkungen, sodass im Jahr 1089 der Bischof Robert von Hereford den Grundstein für eine neue größere normannische Kirche legen konnte. Ob es sich hierbei um einen völligen Neuanfang oder um einen Weiterbau der bereits von Serlo begonnenen Kirche handelt, ist nicht bekannt. Am 15. Juni 1100 folgte bereits die Weihe. Vollendet waren zu dieser Zeit wahrscheinlich lediglich der Chor mit der Empore und die ausgedehnte Krypta, die Vierung und die ersten Joche des Schiffes. Dann änderte sich der Aufbau der Wand. Als Ursache wird ein Brand im Jahr 1122 vermutet.

Die Empore wurde durch ein schmales Triforium ersetzt und statt der niedrigen Arkaden des Chorbereiches ragten nun Rundpfeiler mit mehr als zwei Metern Durchmesser gut zehn Meter in die Höhe. Um 1160 war das Schiff vollendet. Die Fassade war wahrscheinlich zweitürmig.

Dann gab es eine Serie von Bauschäden. Unter anderem stürzte 1170 der südliche Westturm ein. 1242 war die steinerne Einwölbung des Schiffes vollendet (nachdem 1190 ein Brand den Dachstuhl ergriffen hatte und ein anderes Gewölbe notwendig machte). Dadurch ist ein deutlicher Kontrast entstanden zwischen den mächtigen normannischen Pfeilern und dem von der Triforiumszone aufsteigenden feingliedrigen gotischen Gewölbe.

Um- und Anbauten

Mit Beginn des 14. Jahrhunderts verfügte die Abtei über größere Geldmittel, die in die Verschönerung der Kirche investiert wurden. Zunächst wurde von 1318 bis 1329 das nördliche Seitenschiff erneuert und 1331 bis 1337 das südliche Querhaus neu gestaltet, indem man den Serlo-Bau nicht abriss, sondern sich zu einem Umbau entschloss. Dieser Teil des Serlo-Baus aus der Zeit um 1100 ist also noch weitgehend erhalten, allerdings hinter einer neuen Wandgestaltung verborgen. Das Gewölbe wurde erhöht, die Obergadenfenster vergrößert und die Reste der normannischen Wand mit den neuen Maßwerkformen des Decorated Style überzogen.

1337 bis 1377 wurde der Chor erneuert, das nördliche Querschiff sowie die Vierung. Das Vierungsgewölbe ist eines der ersten Liernengewölbe Englands (Liernen sind Nebenrippen, die weder vom Kämpfer noch vom Schlussstein ausgehen). Der Eingang zum nördlichen Querhaus erfuhr eine besonders außergewöhnliche Gewölbelösung: stalaktitenartig herabhängende Rippenfächer ohne jede Ähnlichkeit zu ihrer ehemals tragenden Funktion in einem Gewölbe, also freistehende ästhetische Gebilde. Solche Formen sind wohl nur durch den Einfluss der maurischen Architektur (Stalaktitengewölbe) zu erklären.

Der Chor erfuhr eine besonders intensive und lichtvolle Umgestaltung. An der Nord- und Südwand wurde eine Verkleidung der zweigeschossigen Bogenstellung des 12. Jhs. mit einer sogenannten vergitterten Schauwand durchgeführt. Es entstand das klassische Rechtecknetz des Perpendicular. Die Krönung dieser Umbauarbeiten bildete von 1347 bis 1349 das Ostfenster, das in der gesamten Breite und Höhe des Kirchenschiffes mit reichem gitterartigem Maßwerk versehen wurde. Es ist das größte Farbfenster Englands mit einer Höhe von 25 Metern und einer Breite von 12 Metern. Sein zentrales Thema ist die Marienkrönung. Es heißt Crécy-Fenster, weil es von Adeligen gestiftet wurde, die in der Schlacht von Crécy 1346 teilgenommen hatten.

Das Grab Eduards II.

Das schönste Denkmal der Kathedrale ist das mit einem Baldachin versehene Grab von König Eduard II., der im nahen Berkley Castle ermordet wurde. Durch Pilger wurden Gebäude und Chorraum bereichert und ausgeschmückt. In einer innenliegenden Kapelle steht ein Denkmal aus einer Ureiche (konserviert aus einem Sumpf = Bog Oak) von Robert Curthose, dem ältesten Sohn von Wilhelm dem Eroberer, der ein großer Förderer der Abtei war und dort beerdigt wurde. Weiter sind Bischof Warburton und R. Edward Jenner erwähnenswert.

Der Historiker Walter Gloucester († 1412) stand der Kathedrale als erster Bischof 1381 vor. Bis 1541 unterstand die Kathedrale der Verwaltung des Bischofs von Worcester, die dann in eine Eigenverwaltung durch John Wakeman als erstem Bischof übergeleitet wurde (er war der letzte Vorsteher der Tewkesbury Abtei). Die Diözese betreute den größeren Teil von Gloucestershire und kleinere Teile von Herefordshire und Wiltshire.

Fassade

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts zeigte die alte Fassade Schwächen und wurde erneuert. Gleichzeitig wurde eine südwestliche Eingangshalle errichtet, die heute den Haupteingang bildet.

Kreuzgang

Der Kreuzgang mit dem Fächergewölbe

Der südliche Kreuzgangflügel wurde 1357 gebaut, der östliche nach 1351 bis 1377, die übrigen 1381 bis 1412. Hier findet man die frühesten spätgotischen Fächergewölbe (ausgehend vom Chapter-House). Später erhielten einige Teile des Kreuzganges präraffaelitische Glasfenster.

Vierungsturm

Der Vierungsturm wurde von 1450 bis 1457 gebaut und erreicht eine Höhe von 68,5 Metern. Sein Gewölbe hatte bereits 1337 eines der ersten Liernengewölbe Englands erhalten.

Lady-Chapel

Sie wurde 1472 bis 1499 errichtet und ist ein rechteckiges Glashaus mit spätgotischem Maßwerk.

Gewölbe der Kathedrale

Die Gewölbe sind besonders fantasievoll und abwechslungsreich. Im Langhaus wurde ein Sterngewölbe mit drei Scheitelrippen eingezogen. Aus dem Palmengewölbe der Kathedrale von Exeter entstand hier das Fächergewölbes, indem man das charakteristische Motiv des Perpendicular Style, der Blendbogentäfelung, auf die entstandenen kurvigen Kegel anwandte.

Das Gewölbe des Chores (ab 1375) ist durch die zahllosen Liernen kompliziert verknotet. Das von musizierenden Engeln geschmückte Stern-Gewölbe bildet einen Auftakt zum Perpendicular Style. Das Chorgewölbe ist sechs Meter höher als das des Mittelschiffs. Es ist das erste Fächergewölbe.

In Gloucester lassen sich alle für den Perpendicular Style typischen Elemente finden. Für Martin Hürlimann ist diese Kathedrale „einer der wichtigsten und rätselhaftesten Baudenkmäler der ganzen Kunstgeschichte“. Hier sei „auf einen Schlag eine neue Formenwelt entstanden“.[2] Der Perpendicular Style, der 1330 in London begann, findet im Chor von Gloucester (1337 - 67) seinen ersten Höhepunkt. Das hier benutzte Netzgewölbe zeigt allerdings keinen prinzipiellen Unterschied zu denen des Decorated Style. Neben der Scheitelrippe verlaufen auf jeder Seite eine aus Liernen gebildete Nebenscheitelrippe. Die ganze Gewölbefläche ist von einem kaum zu durchschauenden Netz verschiedenartiger Rippen und einer Vielzahl von Schlusssteinen überzogen. Die Diagonalrippen laufen zum jeweils übernächsten Pfeiler. Ganz ähnlich funktioniert das Netzgewölbe der Lady-Chapel (1472 - 99), das eigentlich ein normannisches Spitztonnengewölbe mit Stichkappon ist, - ohne tragende Funktion des Rippennetzes.

Der Ostflügel des aus honigfarbenen Steinen erbauten Kreuzganges (1351 - 77) besitzt neben dem Chapter-House von Hereford (1350/60) die frühesten voll entwickelten Fächer-Gewölbe, mit denen nicht nur der ganze übrige Kreuzgang ausgestattet wurde, sondern die für den gesamten Gewölbebau Englands bis in das 17. Jh. hinein richtunggebend wirkte. Die Fächerrippen dieser oft mit einer sich spreizenden Trompetenblüte verglichenen Form enden nicht an einer Scheitelrippe, sondern haben runde Begrenzungslinien, so dass deutlich abgesetzte, halbkelchförmige Fächereinheiten entstehen, die ihr gegenüberlegendes oder seitliches Pendant tangential nur in einem Punkt, bzw. in einer kurzen Linie berühren. Die an der Scheitelfläche freibleibende waagrechte Sternfigur wird mit Passformen versehen, während zwischen den Rippen ebenfalls Maßwerk eingeschrieben ist. Die Profilstärke der Rippen ist deutlich zurückgenommen und einander angeglichen, so dass das Gewölbe wie eine weite, in Wellen dahingehende, feingewebte Fläche wirkt und in seiner Binnenstruktur wie ein Zellensystem, das sich organisch ständig neue Zellen entstehen lässt.

Trivia

Die Kathedrale diente seit 2000 als Kulisse für die ersten beiden Harry Potter-Filme. Das brachte zwar Einnahmen und Publizität, andererseits wurde aber kritisiert, dass die Themen der Filme mit der religiösen Bedeutung einer Kirche nicht zu vereinbaren sind. Die Kathedrale wird auch für Aufführungen der Kings School, Gloucester verwendet.

Zeitleiste

  • 678-9 Eine kleine religiöse Gemeinschaft wird hier in angelsächsischer Zeit von Osric gegründet. Seine Schwester Kyneburga wird die erste Äbtissin
  • 1017 Das Kloster wird an Benediktiner übergeben.
  • 1072 Serlo, der erste normannische Abt, übernimmt das herunter gekommene Kloster durch Befehl von William I. (Wilhelm den Eroberer)
  • 1089 Grundsteinlegung einer neuen Abteikirche durch Robert de Losinga, Bischof von Hereford.
  • 1100 Einsegnung der St. Peter’s Abbey.
  • 1216 Erste Krönung von König Henry III.
  • 1327 Begräbnis von König Edward II.
  • 1331 Umgestaltung des Chores im Perpendicular-Style
  • 1373 Der große Kreuzgang wird begonnen unter Abt Horton; vollendet durch Abt Frouster (1381-1412).
  • 1420 Westfassade erneuert unter Abt Morwent
  • 1450 Vierungsturm begonnen unter Abt Sebrok; vollendet unter Robert Tully.
  • 1470 Lady Chapel erneuert unter Abt Hanley; vollendet unter Abt Farley (1472-98)
  • 1540 Aufhebung der Abtei
  • 1541 Wiedergründung als Kathedrale unter König Henry VIII.
  • 1616-21 William Laud Dekan
  • 1649-60 Abschaffung der Klosterhierarchie – veränderte Wiedereinsetzung unter Charles II.
  • 1735-52 Martin Benson, Bischof von Gloucester, veranlasst größere Reparaturarbeiten und Veränderungen an der Kathedrale.
  • 1847-73 Beginn der ausgedehnten viktorianischen Restaurierung (F.S.Waller und Sir George Gilbert Scott, Architekten).
  • 1953 Weitere Restaurierungsarbeiten
  • 1968 Dacherneuerung und andere größere Ausbesserungen.
  • 1989 900-Jahr-Feier.
  • 1994 Restaurierung des Vierungsturms abgeschlossen.
  • 2000 900-Jahr-Feier der Einsegnung der St. Peter’s Abbey

Referenzen

  1. Hürliman S. 31
  2. (S. 31)

Literatur

  • Badr, Issam Eldin Abdou: Vom Gewölbe zum räumlichen Tragwerk. (Diss.) Dielsdorf 1962
  • Bock, Henning: Der Decorated Style. Untersuchungen zur englischen Kathedralarchitektur der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Heidelberg 1962
  • Hart, Franz: Kunst und Technik der Wölbung. München 1965
  • Hürlimann, Martin: Englische Kathedralen. Zürich 1948
  • Pevsner, Nikolaus: Europäische Architektur von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 3. Auflage 1973
  • Schäfke, Werner: Englische Kathedralen. Eine Reise zu den Höhepunkten englischer Architektur von 1066 bis heute. Köln 1983. (DuMont Kunst-Reiseführer), S. 87-93, Abb. 19-26; Farbtafel 3,19;
  • Swaan, Wim: Die großen Kathedralen. Köln 1969, S. 217, Abb. 250-256,258;
  • Swaan, Wim: Kunst und Kultur der Spatgotik. Freibung 1978
  • Toman, Rolf (Hrsg.): Die Kunst der Romanik. Architektur - Skulptur - Malerei. Köln 1996, S. 231
  • Wilckens, Leonie von: Grundriß der abendländischen Kunstgeschichte [1967], Stuttgart 1981, S. 137

Siehe auch

  • Richard Pate, dessen Grab in der Kathedrale ist.

Weblinks

51.8675-2.24666666666677Koordinaten: 51° 52′ 3″ N, 2° 14′ 48″ W


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