Glyphen

Glyphen

In der Typografie ist eine Glyphe die grafische Darstellung eines Schriftzeichens, zum Beispiel eines Buchstabens, eines Silbenzeichens, einer Ligatur oder eines Buchstabenteils. Die Glyphe bildet dabei eine in sich grafische Einheit.

Inhaltsverzeichnis

Zeichen und Glyphe

Das Zeichen (engl. character) ist die abstrakte Idee eines Buchstabens, die Glyphe ist deren konkrete grafische Darstellung. Elektronische Texte wie dieser hier werden als abstrakte Zeichen gespeichert, und ihre Erscheinungsform hängt von der jeweils gewählten Schriftart ab.

Das Gegenstück zu Glyphe ist Graphem. Im einfachsten Fall entspricht für eine gegebene Schriftart (Schriftbild und Größe) jedes Graphem einer einzelnen Glyphe. Davon gibt es aber bemerkenswerte Abweichungen.

In der Datenverarbeitung umfasst der vieldeutige englische Begriff „character“, in etwa „abstraktes Zeichen“, neben den Graphemen auch Leerzeichen, Steuer- und Formatierungszeichen, also sämtliche zur Textspeicherung, -verarbeitung und -darstellung notwendigen Zeichen, auch solche, denen keine Glyphe zugeordnet ist.

Ligaturen

Die Zeichenfolge fi kann sowohl durch zwei einzelne Glyphen jeweils für f und i als auch als Ligatur durch eine einzelne Glyphe dargestellt werden.

Die folgenden Zeichen sind als einzelne Glyphen ohne Ligatur dargestellt:

Datei:keine_ligaturen.svg

Die gleichen Zeichen als Ligaturen dargestellt. Jede Ligatur dabei ist eine Glyphe:

Datei:ligaturen.svg

Im Spezialfall können zur Bildung der Ligaturglyphe auch einzelne Glyphen überlappend gesetzt sein.

Glyphenvarianten

Glyphenvarianten des Buchstaben „a“ in der Schrift „Zapfino“

Derselbe Buchstabe kann auch innerhalb einer Schriftart in verschiedenen Gestaltungsvarianten vorliegen. Johannes Gutenberg entwarf zur Darstellung der Zeichen seines Alphabets für den Bibeldruck etwa 290 verschiedene Schriftzeichen.

In vielen Zeichensystemen gibt es eine Vielzahl unbedingt notwendiger stellungsabhängiger Glyphenvarianten von Graphemen.

In der arabischen Schrift gibt es zum Beispiel mehrere Glyphen für einen Buchstaben, da das Aussehen der Buchstaben von benachbarten Buchstaben beeinflusst wird.

Das Hebräische Alphabet hat einige anders geformte Glyphen für das Wortende. Das trifft auch auf das griechische Sigma zu, das am Wortende mit der Glyphe „ς“, sonst aber als „σ“ geschrieben wird. In der Frakturschrift gibt es Regeln für das lange und das runde S.

Unterschiedliche Buchstaben können aber auch durch dieselbe Glyphe dargestellt werden. So sind in den meisten Schriftarten, die Lateinisch, Griechisch und Kyrillisch umfassen, das lateinische und kyrillische große A sowie das griechische große Alpha nicht voneinander zu unterscheiden.

Computer

Zur Zeichendefinition im Computer gehört ebenfalls die grafische Form (Glyphe) und die Kodierung (Zeichenzuordnung zur Zeichenposition). Ein und dieselbe Glyphe kann dabei für mehrere Zeichen verwendet werden. Zum Beispiel wurden auf alten Schreibmaschinen die Umlautzeichen ¨ auf eine extra Taste gelegt und bildeten so (zum Beispiel auf dem Typenrad) eine getrennte Glyphe. Zusammen mit den Zeichen a, o und u bildeten sie die Zeichen ä, ö und ü. Dieselbe Methode kann (intern) für die Zeichenkodierung in Computerprogrammen verwendet werden.

Bei der Speicherung von Text im Computer gibt es auch abstrakte Zeichen, denen keine Glyphen zugeordnet werden. Das einfachste Beispiel ist dabei das Leerzeichen. Ein weiteres Beispiel für ein sinntragendes abstraktes Zeichen ohne Glyphe findet sich bei mathematischen Formeln. Beispielsweise ist „2⁢a“ eine Repräsentationsform von „2 * a“. Bei der Kurzdarstellung denkt man sich ein Multiplikationszeichen dazu. Will man aber einen in der Kurzfassung repräsentierten Ausdruck mit einem Computer berechnen, braucht man zwischen „2“ und „a“ ein unsichtbares bzw. glyphenloses Multiplikationszeichen. Es ist als U+2062 im Unicode enthalten.

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