Glühkopf

Glühkopf

Der Glühkopfmotor ist ein selbstzündender Verbrennungsmotor mit innerer Gemischbildung und niedriger Verdichtung. Er arbeitet nach dem Zweitakter-Prinzip mit Kurbelkasten-Vorverdichtung.

Schematischer Schnitt durch einen Glühkopfmotor 1.) Glühkopf, 2.) Zylinder, 3.) Kolben, 4.) Kurbelgehäuse

Der Glühkopfmotor wurde von dem Engländer Herbert Akroyd Stuart erfunden. Die ersten Patente stammen von 1886, aber das wichtigste Patent ist von 1891 [1]. Der von Akroyd Stuart erfundene Glühkopfmotor wurde seit 1891 von Richard Hornsby & Son in Grantham hergestellt.

Der Glühkopfmotor stellt wenig Ansprüche an Zündwilligkeit bzw. Klopffestigkeit des Kraftstoffes und zählt zu den ersten Vielstoffmotoren.

Inhaltsverzeichnis

Einordnung

Der Glühkopfmotor zählt zu den Wärmekraftmaschinen in Hubkolbenbauweise.

Hinsichtlich der Einordnung zwischen Otto- oder Dieselprinzip wurde beim Glühkopfmotor zuweilen von einer dritten Art gesprochen, da er Merkmale beider Motorprinzipien in sich vereint.

  • Mit dem Dieselmotor teilt er die innere Gemischbildung aber nicht die Kompressionszündung.
    Vorteilhaft gegenüber Dieselmotoren ist, dass man durch die Verdampfung nicht auf eine gute Zerstäubung durch die Einspritzdüse angewiesen ist, um ein hochwertiges Kraftstoff-Luft-Gemisch zu erzielen. Nachteilig ist die schlechte Steuerbarkeit des Zündzeitpunktes sowie die geringe Drehzahl und die dadurch geringe Literleistung.
  • Mit dem Ottomotor teilt er den niedrigen Arbeitsdruck, die zeitlich voneinander getrennte Gemischbildungs- und Verbrennungsphase (im Gegensatz zur Überschneidung dieser beiden Phasen beim Dieselprinzip) sowie die Anwesenheit eines bereits weitgehend homogenen Kraftstoff-Luft-Gemisches während der Zündung.

Aufbau

Lanz Bulldog mit Glühkopfmotor

Die kugelförmige Vorkammer, der eigentliche Glühkopf, wird vorgeheizt und wird während des Betriebes nicht aktiv gekühlt. Der in den Glühkopf gespritzte Kraftstoff verdampft, und der tangentiale Verbindungskanal zum Zylinder sorgt während des Verdichtungstaktes durch einströmende Luft für eine kräftige Verwirbelung und Verdampfung.

Durch die niedrige Verdampfungsgeschwindigkeit dauert es lange, bis ein zündfähiges Kraftstoff-Luft-Gemisch zur Verfügung steht. Dies erfordert eine sehr frühzeitige Einspritzung (ca. 130 Grad Kurbelwinkel vor OT) des Treibstoffes, viel früher als beim Dieselmotor.

Kraftstoff und Funktion

Glühkopfmotoren können mit normalem Dieselkraftstoff, mit Schweröl, mit Tran, Paraffin, mit allen Pflanzenölen und sogar mit Teeröl betrieben werden.

Bevor ein kalter Glühkopfmotor gestartet werden kann, muss der Glühkopf durch Fremdheizung (Lötlampe) vorgewärmt werden.

Alternativ existieren Bauformen mit separatem kleinem Benzintank und einer Zündkerze im Glühkopf, womit der Motor im Benzinbetrieb gestartet werden kann. Nach Erreichen der Betriebstemperatur wird auf Schwerölbetrieb umgeschaltet.

Längere Leerlaufzeiten überstehen Glühkopfmotoren konstruktionsbedingt nicht, weil der Glühkopf mangels Wärmenachlieferung auskühlt und so der Motor einfach stehen bleibt. Dieses Auskühlen kann durch die Form des Glühkopfes (sog. Zündsack) und eine im Spritzwinkel verstellbare Einspritzdüse hinausgezögert bzw. verhindert werden.

Verwendung und Geschichte

Glühkopfmotoren wurden ein- und mehrzylindrig hergestellt und lange Zeit als großvolumige Schiffsmotoren gebaut.

Berühmt und bis heute bekannt wurde der Glühkopfmotor durch den legendären Bulldog der Firma Heinrich Lanz in Mannheim. Die englische Firma Hornsby war 1896 die erste, die einen Schlepper mit einem 20 PS starken lizenzierten Akroyd Glühkopfmotor gebaut hatte. Es waren auch Hornsby, die den ersten Raupenschlepper mit Glühkopfmotor bauten. Dazu hatte man im Jahre 1905 Glühkopf-Radschlepper mit Raupen ausgerüstet.

Die russischen Firma Mamin hatte seit 1903 Glühkopfmotoren gebaut und 1912 fing sie an Ackerschlepper mit Glühkopfmotoren zu produzieren. Im Jahr 1912 fing die schwedische Firma J.V. Svensons Motorfabrik in Augustendal damit an Motorpflüge mit Glühkopfmotor zu produzieren [2]. Im folgenden Jahr, 1913, kam ein anderer schwedischer Hersteller, Munktells Mekaniska Värkstads AB, in Eskilstuna, mit einem großen, 8,3 Tonnen schweren Zweizylinder Glühkopf-Ackerschlepper auf den Markt [2]. Der erste Lanz Bulldog, der Lanz HL, war erst ab 1921 erhältlich.

Die erste Lokomotive mit Glühkopfmotor stammte auch von Hornsby und wurde dort seit 1896 gebaut. Sie war mit einem 10 PS starken Hornsby-Akroyd Glühkopfmotor ausgerüstet.

Da die Ära der Glühkopfmotoren bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann, waren diese Motoren bereits fest etabliert, als die ersten Dieselmotoren aufkamen. Der große Vorteil gegenüber den Benzinmotoren waren die Einfachheit des Systems und die einfachere Lagerung der Kraftstoffe, die zudem ungefährlicher waren als Benzin. Zudem waren die Anforderungen an die Kraftstoffe, und damit zugleich die Kosten, wesentlich geringer. Schiffsmotoren etwa konnten neben Schweröl verbrauchtes Motorenöl verbrennen, andere liefen mit leicht gereinigtem Rohöl.

Große Glühkopfmotoren werden aufgrund des systembedingt hohen Verbrauchs nur noch selten hergestellt. Im Modellbau gibt es für Kleinstverbrennungsmotoren im Bereich bis etwa 30 ccm Hubraum den sogenannten Glühkerzen- bzw. Glühzündermotor, die nach einem ähnlichen Funktionsprinzip arbeitet.

Bekannte Hersteller von Glühkopfmotoren sind bzw. waren Bolinder, Schlüter, Landini, Lanz, Ursus und viele andere.

Quelle

  1. Herbert Akroyd Stuart, Improvements in Engines Operated by the Explosion of Mixtures of Combustible Vapour or Gas and Air, British Patent No 7146, Mai 1890
  2. a b Hedell, O., Från Munktells till Valtra - en 75-årig traktorepok, LRF Media, 2000.

Weblinks


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