- Ottomotor
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Der Ottomotor ist ein nach Nicolaus August Otto benannter Verbrennungsmotor, bei dem der Kraftstoff während des Ansaugvorganges in die angesaugte Luft eingebracht wird, was ein zündfähiges Gemisch im Zylinder ergibt. Im Gegensatz zum Dieselmotor zeichnet sich ein Ottomotor durch eine aktive Zündvorrichtung aus.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Ottomotor, 1876 von Nicolaus August Otto patentiert, wurde im Anschluss an den 1860 patentierten 2-Takt-Gasmotor von Lenoir entwickelt. Die wesentliche Neuerung war die Einführung eines separaten Verdichtungstaktes.
Ottos erste Konstruktion von 1863 bzw. 1867 hatte allerdings mit den heutigen Motoren wenig Ähnlichkeit. Es handelte sich um einen sogenannten Flugkolbenmotor, auch atmosphärischen Motor genannt. Das heißt, die Explosion schleuderte den Kolben frei im Zylinder nach oben. Erst auf dem Rückweg leistete er (beziehungsweise der Atmosphärendruck) über eine Zahnstange Arbeit. Es wurden rund 5000 Exemplare in Deutz und bei Lizenznehmern gebaut. [1]
1864 war Nicolaus August Otto Mitbegründer der Motorenfabrik N. A. Otto & Cie. in Köln, aus der 1872 die Gasmotoren-Fabrik DEUTZ AG hervorging, die als technischen Direktor Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach als Leiter der Motorenkonstruktion engagierte. 1876 wurde dort von Otto der Viertakt-Motor mit verdichteter Ladung fertiggestellt. Die mit Leuchtgas betriebene Maschine leistete 3 PS bei 180 Umdrehungen pro Minute. Diese Motoren wurden ab 1877 produziert und als „Ottos neuer Motor“ vertrieben. Der Lizenznehmer Crossley Brothers in Manchester bewirbt sie als Otto engine.[2]
1877, im Gründungsjahr des „Kaiserlichen Patentamts“, erwarb Otto in Deutschland ein Patent auf einen Verbrennungsmotor, das auch das Viertakt-Prinzip beinhaltete. Wegen älterer Patent-Ansprüche bzw. der vorherigen Erfindungen des Viertaktmotors, wurde das sogenannte Otto-Patent (Patent 532 von Deutz) am 30. Januar 1886 und 1889 in Deutschland per Gericht wieder aufgehoben. Christian Reithmann hatte schon am 26. Oktober 1860 mehrere Patente auf den Viertaktmotor erhalten und der Franzose Alphonse Beau de Rochas hatte 1862 ein Patent angemeldet. Gottlieb Daimler und Carl Benz konnten 1886 ohne Bedenken den Viertaktmotor bauen und verkaufen. Unabhängig davon hatte 1888 bis 1889 auch Siegfried Marcus in Wien ein Kraftfahrzeug mit einem Ottomotor gebaut. Die weltweiten Patente außerhalb Deutschlands blieben bei Crossley.[2] Von diesem Motorenbau-Unternehmen blieb der Name erhalten in Form einer Produktlinie von Schiffsmotoren des Triebwerkherstellers Rolls-Royce.[3]
Der Begriff Ottomotor geht zurück auf eine Anregung des VDI aus dem Jahre 1936 und wurde erstmals im Jahre 1946 in der DIN Nr. 1940 verwendet.
Technik
Gemischbildung und Zündung
Der Kraftstoff gelangt durch einen Vergaser oder über eine (heute meist elektronisch gesteuerte) Benzineinspritzung, die das Benzin-Luft-Gemisch herstellen, in den Brennraum des Motors. Mit Hilfe einer Zündkerze wird ein kurzer elektrischer Funkenüberschlag, der Zündfunke, erzeugt, der die Verbrennung des Gemischs zeitlich genau auslöst.
Die Verbrennung ist zuerst ein langsamer, laminarer Vorgang. Die Flammfront breitet sich konzentrisch mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 cm/s aus. Diese laminare Verbrennungsphase ist unvollständig und ineffizient, sie steht für die mechanische Arbeit nicht zur Verfügung und erzeugt den Großteil der Schadstoffe im Abgas. Mit dem Umschlagen in die turbulente Verbrennungsphase, die mit einer Flammfrontgeschwindigkeit von ca. 15-20 m/s den Brennraum durchdringt, wird die Verbrennung effizient und mechanisch nutzbar.
Die Verbrennung erzeugt in dem relativ kleinen Brennraum ein heißes Gas mit hohem Druck (über 100 bar), das den Kolben in geradliniger Bewegung in Richtung Kurbelwelle treibt. Über das Pleuel, auch Pleuelstange genannt, wird diese Bewegung in die rotierende Bewegung der Kurbelwelle umgesetzt.
Als Kraftstoff für Ottomotoren dient hauptsächlich Benzin, aber auch Gase auf Methan-Basis (Flüssiggas, Erdgas, Biogas, Klärgas, Deponiegas, Grubengas) sowie Ethanol und Wasserstoff. Motoreinstellungen wie Zündzeitpunkt, Verdichtungsverhältnis und Verbrennungsluftüberschuss müssen auf den Kraftstoff abgestimmt sein, oder werden bei Mischbetrieb umgeschaltet.
Zwei- und Viertakter
Ottomotoren können prinzipiell als Zweitaktmotor oder als Viertaktmotor ausgeführt sein, wobei der Viertaktmotor die inzwischen gebräuchlichere Bauart ist.
Beim Zweitaktmotor erfolgen beim Arbeitstakt der Ausstoß der Verbrennungsgase und das Einleiten des Frischgemisches gleichzeitig, häufig indem Letzteres Ersteres verdrängt (z. B. bei der Dreikanalumkehrspülung nach Schnürle). Die Steuerung des Ein- bzw. Auslasszeitpunkts erfolgt meist durch den Kolben, der beim entsprechenden Drehwinkel Gaskanäle öffnet oder schließt. Dabei sind Spülverluste unvermeidlich, weshalb je Arbeitstakt ein geringerer Wirkungsgrad als beim Viertakter erreicht wird. Je Umdrehung wird jedoch ein höherer Wirkungsgrad erreicht, weil es je Zylinder und Umdrehung einen Arbeitstakt gibt, allerdings mit höherem Kraftstoffverbrauch. Die Ansaugluft wird vorkomprimiert, häufig im Kurbelgehäuse, weshalb sich dort kein Schmieröl befindet: Solche Zweitakter tanken zur Motorschmierung ein Öl-Benzin-Gemisch 1:50 bis 1:25.
Beim Viertaktmotor sind dagegen Ein- und Auslasstakt getrennt und in jedem Zylinder gibt es nur alle zwei Umdrehungen einen Arbeitstakt. Zur Steuerung des Gaswechsels ist eine Ventilsteuerung notwendig, die meist über Nockenwellen realisiert wird, die mit halber Motordrehzahl laufen. Das bedeutet einen höheren konstruktiven Aufwand, zusätzliche Reibung sowie höheres Gewicht und Volumen als beim Zweitakter – was aber meist durch den niedrigeren Kraftstoffverbrauch gerechtfertigt wird. Weiterhin lassen sich Viertakter besser auf ein breiteres Drehzahlband abstimmen.
Zweitakter werden daher nur bei Anwendungen eingesetzt, wo der Wirkungsgrad gegenüber dem Gewicht und den Kosten eine geringere Rolle spielt, so im Freizeitbereich (Mofa, Moped, Leichtflugzeug, Modellflugzeug oder Jet-Ski), bei tragbaren Arbeitsgeräten (Motorsägen, Generatoren, Rasenmähern) oder bei speziellen Sportgeräten (Moto-Cross- und Trial-Motorräder). Daneben kommen sie auch bei großvolumigen, langsamdrehenden Motoren zum Einsatz, so bei Schiffsmotoren, auch in Diesel-Bauweise.
Merkmale
Klassische Merkmale des Ottomotors sind:
- Fremdzündung: Das Gemisch wird zu einem definierten Zeitpunkt durch den Funken einer Zündkerze gezündet; es zündet – im Gegensatz zum Dieselmotor – nicht selbst.
- Äußere Gemischbildung: Kraftstoff und Luft werden vor dem Brennraum gemischt, und nicht erst im Zylinder wie beim Dieselmotor.
- Motorleistungsregelung: Die Leistung wird mit einer Drosselklappe über die Menge des zugeführten Kraftstoff-Luft-Gemisches geregelt. Beim Dieselmotor erfolgt sie dagegen über die Menge des eingespritzten Kraftstoffes.
- Begrenztes Kompressionsverhältnis des angesaugten zum verdichteten, brennfähigen Gemisches. Ein hohes Verdichtungsverhältnis begünstigt das so genannte Klopfen.
„Benzin-Direkteinspritzer“ (FSI- und GDI-Motoren) entsprechen diesen Merkmalen nicht mehr ganz: Die Direkteinspritzung des Kraftstoffs in den Brennraum ist nicht an die Einlasssteuerzeiten der Ventile gebunden und kann so auch erst später in der Verdichtungsphase erfolgen. Damit werden Schichtladungen, also Zonen im Zylinder mit unterschiedlicher Gemischzusammensetzung ermöglicht, etwa beim Magermotor: Zündfreudiges, fettes oder stöchiometrisches Kraftstoffverhältnis (d. h. 14,7 Teile Luft : 1 Teil Kraftstoff) ist im Bereich der Zündkerze und mageres Gemisch im restlichen Brennraum. Bei einem Motor mit homogener Kompressionszündung hingegen wird die gesamte Ladung geregelt und gleichmäßig ohne Zündkerze gezündet.
Einige Ottomotoren der neusten Generation von BMW entsprechen auch nicht den klassischen Merkmalen, denn dort ersetzt ein variabler Ventilhub (das sog. Valvetronic) die Drosselklappe.
Hubraum
Die Größe des Hubraums ist ein wichtiges Merkmal für die Klassifizierung von Ottomotoren. Der Hubraum bezeichnet das Volumen, das vom Kolben zwischen unterem und oberem Totpunkt verdrängt wird. Bei Mehrzylindermotoren werden die Hubräume aller Zylinder addiert.
Der Hubraum wird in Kubikzentimetern oder in Litern bemessen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren bei Kraftfahrzeugen Hubräume ab 0,4 Litern üblich, mit 13,5 Litern markierte der Pierce Arrow von 1912 eine obere Marke. Kleinste Motoren für Modellflugzeuge in Glühzünder-Bauweise haben nur 0,16 cm³ Hubraum. Heutige Serien-PKWs haben Hubräume meist zwischen 1,0 und 3,0 Litern, große Modelle und Sportwagen bis zu 8,3 Litern. Der in der Messerschmitt Bf 109 eingesetzte Daimler-Benz DB 605 Flugzeugmotor hatte einen Hubraum von 35,7 Litern, pro Zylinder 2,99 Liter.
Siehe auch
- Otto-Kreisprozess
- Wankelmotor (Kreiskolbenmotor)
- Homogene Kompressionszündung (HCCI), auch Diesotto-Motor (CCS), eine Kombination aus Diesel und Ottomotor
- Leanen
- Split Engine (neuartiges 2+2 Takt Prinzip für höheren Wirkungsgrad)
- Kritischer Punkt (Thermodynamik) Einspritzung überkritischen Benzins
Einzelnachweise
- ↑ Horst Hardenberg: "Siegfried Marcus, Mythos und Wirklichkeit, Seite 185 ff, Deutzer rasselnde Ungeheuer".
- ↑ a b Chronik, Motor des Fortschritts, Website der Deutz AG
- ↑ en:Crossley, en:Rolls-Royce#Marine
Weblinks
- Franz Winter: Massenausgleich von Hubkolbenmotoren (Animiert) (animiertes GIF)
- Klaus Wetzstein: Interaktive Animation des Ottomotor-Prozesses (ein Java-Applet)
- Knospe – Ostwaldgymnasium Leipzig: Interaktives FlashLet eines 4-Takt-Ottomotors (benötigt Adobe Flash)
- Selbstzündender Benzinmotor spart Stickoxide ein 3sat.online, 18. Okt. 2004
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