Gnaoua

Gnaoua
Gnawa-Musiker um 1920

Die Gnawa (frz.: Gnaoua, arab.: غناوة) sind eine ethnische Minderheit in Marokko, Nachfahren von aus dem westafrikanischen Afrika südlich der Sahara stammenden Sklaven.

Musik und Ritual

Bekannt geworden ist diese Ethnie insbesondere aufgrund ihrer rhythmusbetonten Musik. Die auf den drei Hauptinstrumenten Tbel (mit Stöckchen geschlagene Fasstrommel), Sintir (Langhalslaute, Resonanzkörper kann ein Schildkrötenpanzer sein) und Gimbri (dreisaitige Langhalslaute mit rechteckigem Resonanzkörper aus Holz) gespielte Musik hat ihre ursprüngliche Funktion beim nächtlichen Lila- oder Derdeba-Ritual. Entsprechend ihrer Herkunft verbinden die Gnawa Glaubensinhalte des Islam mit vorislamischen Praktiken des subsaharanischen Afrika, besonders aus dem alten Reich Mali. In dieser wichtigsten Zeremonie, die aus Musik, Tänzen, ritualisierten Tabubrüchen und einem Tieropfer besteht und zwölf Stunden dauern kann, werden böse Geister vertrieben und andere angerufen. Sie erfüllt auf der individuellen Ebene den therapeutischen Zweck der Selbstheilung für die Teilnehmer, die in Trance fallen, mit der Erinnerung an ihre schwarzafrikanischen Wurzeln. Für die Gemeinschaft gilt diese Zeremonie als symbolische Wiederholung der Weltschöpfung. Die Teilnehmer gehören zu Sufi-Bruderschaften (Tariqa).

Die hier entstandene Musik wird insbesondere in Essaouira und Umgebung gepflegt. In mittlerweile konzertanter Form und abgetrennt von ihrem rituellen Kontext wurde sie zum Anziehungspunkt für Rock- und Popmusiker wie Jimi Hendrix und Peter Gabriel. Auf der Basis der Gnawa-Musik entstand eine Praxis der Malerei und Skulptur, die von magisch-fantastischen Vorstellungen bestimmt ist.

Literatur

Frank Maurice Welte: Der Gnawa-Kult. Trancespiele, Geisterbeschwörung und Besessenheit in Marokko. Frankfurt, New York, Paris 1990. (Dissertation Universität Tübingen, 1989)

Weblinks

Andreas Kirchgäßner: Die Bruderschaft der Gnawa in Marokko. Alltagsbewältigung mit Ventilfunktion. Quantara 2007


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