Goa-Party

Goa-Party

Psytrance (kurz für: Psychedelic Trance, auch: Goa-Trance bzw. Goa oder Hippie-Trance) ist eine Richtung der elektronischen Musik und stellt ein Subgenre der Trance-Musik dar. Namensgebend waren Outdoor-Trance-Partys in den späten 1980er Jahren im indischen Bundesstaat Goa; der Musikstil wurde jedoch besonders in Europa weiterentwickelt. Nachdem Goa Trance zwischen 1994 und 1998 seine Hochphase hatte, entwickelte sich der Musikstil danach unter der Bezeichnung Psytrance weiter. Obwohl Goa in der Musikindustrie weitgehend von Psytrance verdrängt wurde, bestehen weiterhin freie Goa-Netlabels die sich dem ursprünglichen Goa-Trance verschrieben haben.

Inhaltsverzeichnis

Musikalische Eigenschaften

Die Musik setzt sich aus 4/4-Takten zwischen ursprünglich 130 und 150 bpm zusammen, mittlerweile werden auch Geschwindigkeiten bis zu 160 bpm und mehr erreicht. Die Kicks sind deutlich energischer und kompakter als bei anderen Trance-Richtungen. Darüber hinaus versteht sich die Musik als recht experimentell. Beliebt sind Acidlines (ursprünglich durch den TB-303-Synthesizer) und andere organisch klingende synthetische Geräusche. Vocals wie beispielsweise beim House finden selten Verwendung, mitunter werden jedoch Vocoder-Stimmen und Gesang eingebaut. Vereinzelt werden auch Samples aus Spielfilmen oder Computerspielen eingemischt.

Anfang der 1990er-Jahre war die Musik gekennzeichnet durch die Einbindung akustischer Ethno-Elemente mit psychedelischem Charakter. In einer linearen Entwicklung war die Musik gegen Mitte der 1990er-Jahre geprägt von "orientalischen" Melodien auf Basis kräftiger Lead-Sounds der damaligen Synthesizer – untermalt von Acid-Sounds im Hintergrund und der Bassline. Gegen Ende der 1990er-Jahre wurde die Musik etwas langsamer, minimalistischer und unmelodisch, wobei der minimalistische Trance meistens mit atmosphärischen und düsteren Klängen mit hohem Hallanteil untermalt wurde. Bis zur Mitte der 2000er-Jahre entwickelte sich ein Stil, der Elemente aus dem Dub- und House-Bereich einbezieht und sehr melodisch erscheint.

Interpreten wie Raja Ram, Neelix und Dominic Sangeet bedienten sich neben dem Techno-Instrumentarium auch bei Blas- und Streichinstrumenten, oder sie arbeiten mit genrefremden Musikern zusammen, so dass auf Psytrance-Scheiben neben dem obligaten technoiden Sound auch Versatzstücke aus Ambient, Trip Hop, Worldmusic und vielen anderen Bereichen zu finden sein können. Für solche freien Stilmixturen wurden zahlreiche neue Stilbezeichnungen geschaffen: GoaTrance, PsyTrance, DarkPsy, ForrestTrance, Suomisoundi, Full On, ProgressiveTrance.

Als Psychedelic Chill Out wird eine ruhigere Variante des Psytrance bezeichnet. Diese verzichtet meistens auf eine gerade 4/4-Bassdrum und legt ihren Fokus auf sphärische Klänge.

Entstehung und Herkunft

Anfang der 1990er Jahre begann sich Psytrance im indischen Bundesstaat Goa, einem Ziel vieler Hippie trails aus den 1960ern, als Subgenre der House- und Technoszene abzugrenzen, das maßgeblich von ausländischen, oft deutschen und israelischen Rucksacktouristen initiiert wurde.

Während die Technoszene zu Beginn der 1990er-Jahre bereits die Plattenläden mit massig Veröffentlichungen füllte, blieb der Goa-Bereich zunächst von den Plattenlabels fern. Die Produzenten nahmen ihre Produktionen anfangs meistens auf DAT-Bändern auf, die sie an die DJs überspielten. Vereinzelt gab es Veröffentlichungen auf Plattenlabels aller Richtungen, wobei es erst im Jahre 1993 zur Gründung des ersten Goa-Labels kam. Dazu gehörten Dragonfly, Spiritzone, TIP, XL Recordings, Blueroom Released, Transient und Flying Rhino.

Interpreten wie Martin Glover (Killing Joke), Martin Freeland (Man With No Name), Simon Posford, Shakta, Nick Barber, Infected Mushroom, GMS, Dominic Sangeet und Dj F.R.E.E. etablierten den "Psytrance" auf Goa-Partys.

Der bekannte britische Produzent und Bassist Youth (Martin Glover) war Geschäftsführer eines Plattenlabels mit dem Namen Butterfly Records, das experimentelle Produktionen aus dem Postpunk-Bereich mit elektronischem Einfluss veröffentlichte. Da er bis dato immer häufiger Demo-Tapes aus dem Goa-Bereich zugeschickt bekam, entschloss er sich, ein Sublabel mit dem Namen Dragonfly Records zu gründen. Letztendlich boomte dieses Sublabel, während das Mutterlabel Butterfly kaum noch neue Veröffentlichungen brachte und ein paar Jahre später stillgelegt wurde.

Nach der Gründung von Dragonfly wurden innerhalb sehr kurzer Zeit weitere Goa-Labels gegründet, da es zu einer Flut an neuen Veröffentlichungen kam. Die Anzahl der Neuveröffentlichungen nimmt seit Mitte der 2000er-Jahre stets zu.

Szene

Treffen der Goa-Szene auf der VooV-Experience

Die von den Rucksacktouristen und während den 1960er Jahren ausgewanderten und noch heute in Indien ansässigen Hippies beeinflusste Goa-Kultur, propagiert eine lebensbejahende Sichtweise, und ist stark mit den Ideen und Symbolen der 68er-Bewegung verbunden. Neben der Musik gehören Elemente aus dem Lebensstil mittel- und fernöstlicher Völker, Naturverbundenheit und eine Kunst, die buddhistische Einflüsse mit der Flowerpower-Zeit und modernen Malereien verbindet, zu dieser Philosophie.

Die ursprünglich in Goa ansässige Szene entfernte sich, nachdem die indische Regierung einige Reformen durchführte, welche die Freiheiten der dort lebenden Aussteiger enorm einschränkte und sich in dem Gebiet zunehmend Pauschaltourismus etablierte. Die Subkultur in Indien wurde für tot erklärt und nach Europa und Israel verlagert. Immer häufiger fanden so genannte Goa-Partys in ganz Europa und dem Mittelmeerraum statt, die nach der bekannten Mentalität ablaufen sollten.

Seit den 1990er-Jahren hat sich eine weltweite Szene von Liebhabern dieser Musikrichtung gebildet. Neben Israel und Deutschland existieren auch in England, Skandinavien, der Schweiz und anderen Teilen Europas viele Anhänger der Bewegung. In Südamerika, Südafrika, und Osteuropa entwickelte sich eine in den folgenden Jahren stark aufstrebende Szene, die unter anderem durch interessante Musikproduktionen für viel Bereicherung sorgte.

Lediglich in den USA ist die Goa-Szene deutlich unterrepräsentiert; nur an der Westküste und im Raum New York finden vereinzelte Veranstaltungen statt. In vielen der hier nicht genannten europäischen Ländern, etwa in Österreich, Frankreich, Italien oder auch Tschechien, nahm die Freetekno-Bewegung den Platz der musikalisch verwandten Goa-Szene ein. Wesentliche Unterschiede sind jedoch im anderen Selbstverständnis und Erscheinungsbild der Freetekno-Gemeinschaft zu finden. So agiert die Freetekno-Szene nach wie vor mehrheitlich im Untergrund und lässt per Selbstdefinition auch keine Kommerzialisierung zu, wie sie bei Goa bereits begonnen hat.

Mit der Zeit wurde das Publikum aus der Techno-Szene von den Goa-Partys immer häufiger angezogen, was sowohl die Veranstaltungen als auch die Musik stets weiterentwickelte. Die Musik wurde gegen Ende der 1990er-Jahre zunehmend minimalistischer und unmelodischer und auch Techno- und Progressive House-Veröffentlichungen wurden auf Goa-Partys einbezogen. Während dieser Zeit entstand auch der Name Psytech für diese monotone, kühlere und oftmals auch härtere Variante des Psytrance, womit dieses Subgenre auch begrifflich vom wärmeren und organischeren Trance abgegrenzt wurde.

Psyevents und Festivals

Outdoor-Party
Indoor-Party

So genannte Goa-Partys sind häufig mehrtägige Veranstaltungen, auf denen Goa und Psytrance gespielt wird. Oft gibt es einen „Chillout“-Bereich, in dem ruhigere Musik gespielt und oftmals Chai gereicht wird. Im Sommer finden Goa-Partys bevorzugt im Freien statt. Den Besuchern wird meist die Möglichkeit gegeben, auf dem Veranstaltungsgelände zu campen. Die größten Veranstaltungen dieser Art finden in Norddeutschland statt und erreichen zum Teil Besucherzahlen von 10.000 bis zu 35.000, wie zum Beispiel das ehemalige VooV Experience Festival (heute VuuV) und das Paradise Trance Festival in Berlin.

Im Sommer finden die meisten Anlässe in freier Natur an Stränden, in Wäldern oder vereinzelt im Gebirge statt.
Waren die Preise für Eintritt und Getränke früher meistens niedriger als bei Trance-Partys in Clubs, sind sie in den letzten Jahren z. T. deutlich gestiegen, besonders bei den großen Events.

Innerhalb der Goa-Bewegung werden Respekt und Toleranz gegenüber anderen Menschen sowie der Umwelt als grundlegende Werte verstanden und auf den Veranstaltungen in einer friedlichen und entspannten Atmosphäre zum Ausdruck gebracht.

Hinsichtlich sozialer und nationaler Herkunft, Alter und Kleidung ist die Szene sehr heterogen. Das Publikum bilden sowohl von der Technokultur beeinflusste Jugendliche, als auch Neo- und ursprüngliche Hippies der 1960er Jahre. Auch für Kleinkinder werden bei mehrtägigen Veranstaltungen meistens Bereiche reserviert, um den Eltern den Besuch zu ermöglichen. Größere Veranstaltungen haben häufig ein internationales Publikum.

Zu den größeren Goa-Festivals zählen in Deutschland u. a. Antaris Project, Fullmoon Festival, Gathering of the Tribes, Tshitraka Project, VuuV Festival, Indian Spirit und Waldfrieden Wonderland.

International von Bedeutung sind insbesondere das Boom Festival in Portugal, das Rainbow Serpent Festival in Australien, das Soulclipse (wechselnder Veranstaltungsort), das Zoom Festival in der Schweiz, Universo Paralello in Brasilien und das Ozora Fest in Ungarn. Ein sehr bedeutendes Ereignis ist Earthdance, eine Benefizparty, die rund um die Welt zur selben Zeit stattfindet.

Bei manchen dieser Freiluft-Musikfestivals wird allerdings inzwischen nicht mehr ausschließlich Psytrance gespielt. Es werden bei vielen Veranstaltungen mehrere Tanzflächen eingerichtet, auf denen unterschiedliche Musikstile gespielt werden.

Da es in vielen Orten kein Angebot an offiziellen Goa-Partys gibt, werden häufig private bzw. nicht angemeldete Goa-Partys veranstaltet. Diese Veranstaltungen finden meist auf Waldlichtungen, Burgruinen oder in alten Fabrikgebäuden statt.

Dekoration

Auf Psytrance Events werden - sowohl bei der Kleidung als auch bei der Dekoration - häufig fluoreszierende Farben verwendet. Bilder stellen meistens Sujets wie Aliens, Märchenfiguren (Gnome, Elfen oder Waldgeister), Zauberpilze und Motive und Symbole aus dem Hinduismus, Buddhismus, Shivaismus oder Schamanismus oder verschiedene geometrische Muster 'Mandalas' dar (siehe auch: Techno-Kunst).

Drogen

Kritik erfährt die Goa-Szene besonders wegen des Drogenkonsums. Er ist insbesondere Auffällig, da unter den Konsumenten eine szenebedingte Vorliebe für psychedelische Drogen existiert. [1] Die meisten psychedelisch wirkenden Rauschmittel sind als "nicht-verkehrsfähig" und "nicht-verschreibungsfähig" in das Betäubungsmittelgesetz eingestuft. So werden die Substanzen verwendet um, zusammen mit dem Einfluss der Musik, einen Trance-Zustand hervorzurufen.

Es überwiegt der Konsum von Cannabis und halluzinogenen Drogen, z.B LSD und so genannten „Magic Mushrooms“, die die Wirkstoffe Psilocin / Psilocybin enthalten. Drogen wie z.B MDMA (Ecstasy) und Amphetamine werden eher seltener konsumiert und teilweise sogar abgelehnt. Verbreitet sind auch legale Drogen wie z.B Betelnuss, Guarana oder das so genannte Herbal Ecstasy.

Abgrenzung zu Goa und Progressive Trance

Der Begriff Psychedelic Trance bzw. Psytrance wurden später als Synonym für Goa bzw. Goa-Trance eingeführt, da die Szene in Goa nicht mehr existierte und der Bezug im Namen aufgrund der Veränderungen fragwürdig erschien. Unabhängig vom verwendeten Begriff machte die Musik jedoch von 1990 bis heute einen ständigen und deutlich hörbaren Veränderungsprozess durch.

Eine genaue Abgrenzung zwischen Psytrance und Goa ist heute nicht möglich, denn oft waren die Psytrance-Musiker Goa-Veteranen und umgekehrt gehörten Psytrance-Scheiben zum Repertoire der Goa-DJs. Die sich um die beiden Begriffe ausbildende Szene ist auch weitgehend identisch. Von vielen werden die beiden Begriffe Psytrance und Goa heute synonym verwendet, andere wiederum betrachten Goa als ein Subgenre des Psytrance. Der klassische Goa-Sound ist in den melodiöseren, oftmals orientalisch beeinflussten Tracks der 90er-Jahre zu finden; neuere Produktionen laufen meistens unter der Bezeichnung Psytrance, die ursprünglich vor allem von Produzenten aus England verwendet wurde.

Eine weitere Unterscheidung wird innerhalb der Szene zwischen Psychedelic Trance und Progressive Trance getroffen.

Progressive Trance unterscheidet sich von Psychedelic Trance vor allem in der Geschwindigkeit. Progressive Trance wird eher in den unteren Bereichen der angegebenen Geschwindigkeitsspanne gespielt. Des Weiteren verwendet man weniger der oben genannten TB-303-Melodien und dafür mehr Atmosphäre erzeugende einzelne Geräusche. Während Progressive eher melodiös erscheint, wirkt Psytrance eher maschinell. Beide Richtungen haben jedoch den stark komprimierten Kick und die rollende bzw. hüpfende Bassline gemeinsam.

Während in der Schweiz die Partys gewöhnlich voneinander getrennt werden, spielt man auf den Partys in Deutschland oft einen Mix aus beidem. Die DJs wählen dabei aber meistens eine Richtung, an die sie sich ihr Set über halten.

Einzelnachweise

  1. Bernd Werse: Cannabis in Jugendkulturen, Kulturhistorische und empirische Betrachtungen zum Symbolcharakter eines Rauschmittels. 1. Auflage. Archiv der Jugendkulturen, September 2007, ISBN 978-3-940213-40-2

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