- Goodwin Sands
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Die Goodwin Sands sind eine Kette von Sandbänken an der Mündung der Straße von Dover, etwa 5,5 km östlich von Deal in Kent, England. Sie sind berüchtigt für die zahlreichen Schiffbrüche, die sich dort ereignet haben.
Beschreibung
Dem spätmittelalterlichen schottischen Historiografen Hector Boetius (1465-1536) zufolge befand sich an der Stelle der Goodwin Sands eine niedrigliegende Insel, die Godwin, Earl of Wessex (ca. 1001-1053) gehörte, dem Vater König Haralds II.. Sie soll überspült und von Sand überdeckt worden sein. Es handelt sich hierbei aber offenbar um eine Legende; die wahrscheinlichste Erklärung für das Entstehen der Goodwins ist, dass sie durch die starken Tidenströmungen am Eingang in die Straße von Dover aufgebaut worden sind. Die Sandbänke sind etwa 19 km lang, an der breitesten Stelle 8 km breit und werden durch einen Kanal, den sog. Kellet Gut, durchschnitten. Die genaue Form der Sandbänke verändert sich unter dem Einfluss der starken Strömungen permanent, man hat eine langsame Rotation entgegen dem Uhrzeigersinn festgestellt. Bei Hochwasser sind die Sandbänke komplett vom Wasser überdeckt, bei Niedrigwasser fällt ein Teil (etwa ein Zehntel) trocken und liegt bis zu vier Meter über dem Wasserspiegel. Bis in die Gegenwart wurde auf den Goodwins jährlich ein Cricketspiel ausgetragen. Bei gutem Wetter können sie vom Ufer aus gesehen werden. Da die Goodwins als Barriere gegen den Wellengang wirken, sind die zwischen den Sandbänken und dem Festland gelegenen Downs ein traditioneller, bis heute beliebter Ankergrund.
Da die Goodwins angesichts der starken Strömungen, des oft schlechten Wetters und des hohen Schiffsverkehrsaufkommens in der Region bis heute ein gefährliches Hindernis darstellen, sind sie durch drei Feuerschiffe (North Goodwin, East Goodwin und South Goodwin) sowie durch zehn Bojen markiert, von denen sieben ein Blitzlicht tragen.
Aufgrund ihrer strategischen Lage am Eingang in den Ärmelkanal fanden in der Nähe der Goodwin Sands mehrfach Seegefechte statt, so die Seeschlacht bei Dover am 29. Mai 1652 im Ersten Englisch-Niederländischen Seekrieg und im Ersten Weltkrieg das Seegefecht in der Straße von Dover vom 21. April 1917 zwischen deutschen und britischen Zerstörern.
Schiffsunglücke auf den Goodwin Sands
Die Goodwin Sands sind einer der größten Schiffsfriedhöfe der Welt; Schätzungen zufolge sind dort etwa 2.000 Schiffe verloren gegangen. Die Gefährlichkeit der Sandbänke auch für moderne Schiffe liegt an ihrer Lage, am großen Tidenhub, den durch die Gezeiten verursachten, starken Strömungen und der schweren Brandung bei schlechtem Wetter, von der auch große und stabile hölzerne Schiffe in kurzer Zeit zerschlagen wurden. Auch moderne Schiffe aus Stahl waren und sind oft nicht mehr zu retten. Bei komplett auf dem Sand liegenden Schiffsrümpfen bilden sich durch die starken Strömungen tiefe Ausspülungen unter Bug und Heck, die dazu führen, dass sie in der Mitte auseinanderbrechen; Schiffe, die sich an einer Kante der Sandbänke festgefahren haben, werden durch einen Tidenhub von bis zu sechs Metern solchen Belastungen ausgesetzt, dass sie ebenfalls oft auseinanderbrechen. Während Wracks an den Rändern der Goodwins oft in tieferes Wasser abrutschen, werden komplett im Sand liegende Schiffe regelrecht „verschluckt“, weil sie in den durch die Strömungswirbel um ihren Rumpf entstehenden Ausspülungen versinken.
Bereits im Mittelalter waren die Goodwins berüchtigt. Auf Hector Boetius geht die Charakterisierung der Goodwin Sands als „shippe swalower“ (Schiffeverschlucker) zurück, die der englische Historiker William Lambarde in seiner 1570 erschienenen Perambulation of Kent (einer Beschreibung dieser Grafschaft) zitiert und bekannt gemacht hat. Ein Beispiel dafür, welchen Ruf die Goodwins in der Frühen Neuzeit hatten, gibt William Shakespeares zwischen 1594 und 1597 erschienenes Stück Der Kaufmann von Venedig (3. Akt, 1. Szene):
„Ja noch wird es nicht widersprochen, dass dem Antonio ein Schiff von reicher Ladung in der Meerenge gestrandet ist. Die Goodwins, denke ich, nennen sie die Stelle: eine sehr gefährliche Sandbank, wo die Gerippe von manchem stattlichen Schiff begraben liegen...“ (nach der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel).
Einen Bericht über einen Schiffbruch auf den Goodwin Sands enthält auch das Tagebuch des berühmten Schiffbauers Phineas Pett. Dessen Sohn John befand sich 1624 auf der HMS Antelope, die nach der Kollision mit dem Handelsschiff Dolphin auf die Sandbänke getrieben wurde. Während die Dolphin mit der gesamten Besatzung verloren ging, konnte das schwer beschädigte Kriegsschiff gerettet werden. Ein anderes Schiff der Royal Navy, die HMS Princess Maria (36 Kanonen), ging 1658 auf den Goodwin Sands verloren, ebenso 1674 die holländischen Freibeuter. Die größte Katastrophe ereignete sich 1703 während des Großen Sturms. Der aus Südwest / Westsüdwest wehende Hurrikan traf auf eine große Anzahl von in den Downs liegenden Schiffen, unter denen sich auch ein Flottenverband der Royal Navy befand. Der Sturm riss sie von ihren Ankern los und trieb sie in die Goodwins, wo sie von der Brandung zerschlagen wurden. Verloren gingen auf diese Weise die Linienschiffe Mörserschiff Ostindienfahrer Rooswijk mit 250 Menschen an Bord und eine Ladung Silberbarren in den Goodwins verschwand. Auch hier gab es keine Überlebenden. Glücklicher verlief die Strandung der britischen Ostindienfahrer Admiral Gardner und Britannia am 24. Januar 1809; bis auf 10 konnten alle Passagiere und Seeleute gerettet werden - angesichts des schweren Sturms und der primitiven Hilfsmittel eine enorme Leistung. Das Gedicht Goodwin Sand von Theodor Fontane aus dem Jahr 1847 beschreibt die Sandbänke als Grab für Schiffe und Männer: "ein Kirchhof ist's, halb Meer, halb Land."
Nachrichten über Schiffsunglücke sind bis in das 20. Jahrhundert häufig. Am 20. Dezember 1914 lief die Montrose der Canadian Pacific Line auf den Goodwin Sands auf Grund und brach in zwei Teile. Eines der schwersten in neuerer Zeit war der Untergang des South Goodwin-Feuerschiffs, das im November 1954 in einem schweren Sturm seine Anker verlor und in die Sände getrieben wurde. Nur eines der sieben Besatzungsmitglieder konnte von einem Hubschrauber gerettet werden, nachdem es sich acht Stunden lang an der Takelage festgehalten hatte.
Zwei moderne Wracks können bei allen Wasserständen beobachtet werden: Die North Eastern Victory und die Luray Victory, zwei amerikanische Frachter, beide 1946 gestrandet, liegen im Süden der Goodwins, ihre Masten und teilweise auch Aufbauten ragen aus dem Wasser.
Hilfe für Schiffbrüchige kam traditionell von den Seeleuten und Fischern an der Küste von Kent; später gab es Rettungsboote in Ramsgate, North Deal, Walmer und Kingsdown, deren Besatzungen für Rettungseinsätze auf den Goodwin Sand berühmt waren. Heute ist die Rettungsbootstation in Walmer für Unfälle im Bereich der Goodwins zuständig. Überwacht werden die Sandbänke auch durch die Station der Küstenwache in St Margaret's.
Aufgrund ihrer Vergangenheit stellen die Goodwin Sands eine bedeutende archäologische Fundstätte dar. Zu den lokalisierten historischen Schiffswracks gehören drei der vier im Großen Sturm verloren gegangenen Linienschiffe, von denen die gut erhaltene HMS Stirling Castle trotz der widrigen Strömungs- und Sichtverhältnisse genauer untersucht wurde. Aus diesem Wrack geborgene Exponate sind u.a. im National Maritime Museum in Greenwich zu sehen. Objekt einer Untersuchung war auch die Admiral Gardner, von der etwa 1 Mio. Kupfermünzen der East India Company geborgen wurden. Erst vor kurzem entdeckte ein Sporttaucher die Überreste der Rooswijk. Ihre Silberfracht wurde teilweise geborgen und dem holländischen Staat übergeben.
Literatur
- Richard Larn, Bridget Larn: Shipwrecks of the Goodwin Sands. Meresborough Books, 1995, ISBN 0-948193-84-0.
51.2736111111111.5083333333333Koordinaten: 51° 16′ N, 1° 30′ O
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