Großbildkamera

Großbildkamera
Historische Großformat-Kamera
Fotograf mit Großformatkamera (Fachkamera) im Freien

Großformatkameras sind eine Bauform fotografischer Kameras, die nach dem verwendeten Filmformat unterschieden wird; sie nutzen Planfilm, also einzelne Blätter auf einem verhältnismäßig starken Trägermaterial, zur Aufzeichnung von Bildern. Früher wurden fotografische Platten (Glasplatten) verwendet. Auch heute werden noch Glasplatten bei ganz speziellen Aufgaben (Maßhaltigkeit) verwendet. Siehe Fotoapparat. Das Format ist größer als bei Rollfilm. Planfilm wird in Kassetten eingelegt; in speziellen Kassetten kann auch 120er- und 220er-Rollfilm genutzt werden. Üblich sind Formate wie 6 cm × 9 cm (Mittelformat), 9 cm × 12 cm, 13 cm × 18 cm, 18 cm × 24 cm und größer. Verbreitet sind auch nichtmetrische Formate wie 4 Zoll × 5 Zoll (Zoll) oder 8 Zoll × 10 Zoll. Einzelaufnahmen können einzeln entwickelt werden, schnelle Bildserien sind aufgrund der Kamerakonstruktion und Handhabung nicht möglich. Auch im Großformatbereich gewinnen leistungsfähige Digitalrückteile für die Digitalfotografie zunehmend an Bedeutung.

Großformatkameras werden in folgenden Bauformen angeboten:

  • Laufboden-Großformatkamera mit Messucher und dreifachem Bodenauszug, speziell für den mobilen Einsatz, bekannteste Hersteller: Linhof mit der Kamera vom "Pressekamera"typ „Technika“, Plaubel („Peco“) und Sinar;
  • Einformat-Fachkamera auf optischer Bank, eher für den Studioeinsatz;
  • Mehrformat-Fachkamera auf optischer Bank.


Inhaltsverzeichnis

Bestandteile

Großformatkameras haben folgende Bestandteile:

  • Den Laufboden bzw. die optische Bank (ein Rohr oder eine stabile Schiene) auf der beweglich montiert sind:
  • Die Frontstandarte: Sie nimmt die auswechselbare Objektivplatte mit den Objektiven auf.
  • Die Bildstandarte: Sie trägt die Mattscheibe zur Einstellung und nimmt während der Aufnahme die Planfilmkassetten oder Filmmagazine auf.
  • Beide Standarten sind durch einen lichtdichten Balgen aus Leder oder Nylon miteinander verbunden.

Einstellmöglichkeiten

GF-Kamera (Laufbodenkamera) Verstellmöglichkeiten

Die Scharfstellung erfolgt durch Veränderung des Abstandes der beiden Standarten voneinander.

Großformatkameras bieten umfangreiche Verstellmöglichkeiten:

  • Höhen- und Tiefenverstellung
  • Seitenverstellung
  • Zentralschwenkung
  • Vertikalschwenkung
  • Basisschwenkung

Diese Verstellmöglichkeiten setzen Objektive mit einem besonders großen Bildkreis voraus und ermöglichen eine sehr weit reichende Kontrolle über die Perspektive und Schärfentiefe. Die kontrollierte Schärfenebeneneinstellung nach Scheimpflug ist eine Spezialität von Fachkameras.

Digitale Großformatfotografie

Wie auch im Mittelformatbereich wird in der Großformatfotografie mit digitalen Kamerarückteilen gearbeitet, die an bereits bestehende Modelle angebracht werden. So werden alte Systeme ergänzt. Die Auflösungen geht hierbei (bei One-Shot-Systemen) bis ca. 11000 Pixel × 7500 Pixel (Stand: Februar 2007). Im Stillleben-Bereich können auch Scan-Rückteile für Fachkameras verwendet werden, die das Bild mehrmals abtasten und so eine höhere Auflösung erzielen. Es gibt zahlreiche Hersteller, die diese digitalen Rückteile anbieten (z. B. Phase-One, Imacon, Leaf, Mamiya, Sinar). Mit der Weiterentwicklung der Digitaltechnik bieten auch immer mehr Hersteller kleinere Modelle ihrer klassischen Fachkameras an. Sie tragen damit der Tatsache Rechnung, dass die Kameras für die relativ kleinen Digital-Sensoren und leistungsfähigeren Filmemulsionen überdimensioniert sind. An ihnen können dann entweder Digital-Rückteile oder Rollfilm-Magazine (bis 6 cm × 9 cm) eingesetzt werden. So genannte „kleine Fachkameras“ haben die gleichen Verstellmöglichkeiten wie ihre großen analogen Vorgänger, sind aber präziser einzustellen und wesentlich handlicher. Hersteller sind z. B. Arca-Swiss, Linhof und Sinar. Dasselbe gilt natürlich auch für die klassischen Fachobjektive. Zwar kann man seine alten Fachobjektive auch mit einem Digital-Rückteil nutzen, in der Praxis erweist sich das jedoch als wenig zufriedenstellend. Die Brennweiten sind für die kleinen Formate viel zu lang (man würde z. B. eine 72-mm-Weitwinkel-Konstruktion als Normal-Objektiv nutzen) und die Qualität so großer Linsenkonstruktionen ist nur mäßig, da sie ihre Formatvorteile und großen Bildkreise gar nicht ausspielen können.

Objektive

Weitwinkelobjektiv (Rodenstock Grandagon-N) an GF-Kamera

Objektive sind verfügbar im Bereich von etwa 36 mm (für Filmformat 6 × 12 cm; 47 mm für 4 × 5 ") bis 1.200 mm. Durch die verhältnismäßig kleine Aufnahmefläche sind für Digitalrückteile auch schon Weitwinkelobjektive ab 24 mm Brennweite erhältlich (z. B. das Apo-Digitar 24 mm/5.6 XL von Schneider-Kreuznach). Die Fachkameraobjektive sind auf Objektivplatten montiert und dadurch an verschiedenen Kamerasystemen einzusetzen. Man kann dadurch das Objektiv auf eine andere Objektivplatte montieren und sie an einer anderen Kamera einsetzen. Die Montage auf eine neue Platte ist verhältnismäßig günstig. Sie sind auf das jeweilig maximale Filmformat abgestimmt, dass das Aufnahmematerial noch im Luftbild/Bildkreis (bis Durchmesser 50 cm) des Objektivs verschoben werden kann.

Wie im Kleinbildbereich, so unterscheidet man auch bei den Fachobjektiven:

Diese Einteilung bezieht sich auf das jeweilige Aufnahmeformat. Beim Bildformat 9 cm × 12 cm sind Objektive von 135 mm oder 150 mm Brennweite als Normalobjektive anzusehen. Objektive mit kürzerer Brennweite haben bei diesem Format einen größeren Bildwinkel, es sind Weitwinkelobjektive. Längere Brennweiten haben einen entsprechend kleineren Bildwinkel.

Außerdem gibt es Teleobjektive. Im Gegensatz zu „normalen“ Linsenkonstruktionen (z. B. Repro-Objektive), deren Auszug (Abstand zwischen Filmebene und Objektivebene) der angegebenen Brennweite des Objektivs entspricht, erfordern Teleobjektive durch eine besondere Linsenkonstruktion einen kürzeren Kameraauszug. Bei den Fachobjektiven wird dieses Konstruktionsmerkmal beim Objektivnamen schon durch den Zusatz „Tele“ verdeutlicht, z. B. Tele-Xenar (Hersteller: Schneider-Kreuznach). Analog dazu arbeitet man im Weitwinkelbereich mit Retrofokus-Konstruktionen, um den Abstand zwischen Film- und Objektivebene zu vergrößern.

Fachobjektive wurden von namhaften Herstellern wie Carl Zeiss, Rodenstock, Voigtländer oder Schneider-Kreuznach gebaut. Auch Nikon stellt Objektive für Großformatkameras her. Heute ist die Produktion stark eingeschränkt, da die großen Aufnahmeformate kaum noch verwendet werden. Der enorme Fortschritt bei der Entwicklung immer feinkörnigerer Filmemulsionen, die auch schon im Mittelformat (45 mm × 60 mm, 60 mm × 60 mm und 60 mm × 90 mm) hervorragenden Detailreichtum zeigen, lässt das klassische Großformat aussterben bzw. als Nische für konventionell arbeitende Fotografen noch bestehen. Dazu kommen die qualitativ sich ständig verbessernden Digitalkameras/Digitalrückteile an Mittelformatkameras und die komfortablen Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung.

Die Belichtungszeit bei Aufnahmen mit Großformatobjektiven werden entweder über eingebaute Zentralverschlüsse oder über einen Hinterlinsenverschluss gesteuert. Der Zentralverschluss ist im Objektiv zwischen dem Vorderglied und dem Hinterglied eingebaut. Das bedeutet, dass jedes Objektiv grundsätzlich einen eigenen Verschluss benötigt. Der Hinterlinsenverschluss befindet sich hinter dem Aufnahmeobjektiv an der Kamera. Die entsprechenden Objektive besitzen keinen eigenen Verschluss, sondern in der Regel nur eine Blendenmechanik. Die Verschlüsse für Großformatobjektive werden heute überwiegend vom japanischen Hersteller Copal gebaut.

Ernst A. Weber (1997: 91 f.) unterscheidet drei Arten von Objektiven:

  • Lichtstarke Objektive (Lichtstärke 1:2,8–1:3,5),
  • Objektive mit großem Bildkreisdurchmesser (Lichtstärke 1:5,6–1:8) und
  • Spezialobjektive für Anwendungsgebiete wie Makro- und Portraitfotografie (z. B. Makro-, Weichzeichner- und Reproobjektive).

Hersteller

Bedeutung

Schärfe, Farbenreichtum, Tonabstufungen und Detailreichtum von Großformat-Fotografien sind allen kleineren Formaten überlegen; daher ist das Hauptanwendungsgebiet von Großformatkameras wohl auch die von Fachfotografen durchgeführte anspruchsvolle Architektur-, Landschafts- und Industrie- Produktfotografie (im Fotostudio). Die Einstellung ist jedoch oft zeitaufwändig und kompliziert, die Ausrüstung ist sehr schwer und teuer. Es gibt aber auch Großformathandkameras wie z. B. Linhof Technar 45.

Andreas Feininger weist darauf hin, dass die Arbeit mit Großformatkameras im Vergleich mit Kleinbildkameras schwerer und zeitraubender in der Bedienung sei; dennoch erweise sich „als beste Kamera die größte […], die unter den betreffenden Aufnahmeumständen gerade noch zufriedenstellend zu handhaben ist“ (2001: 51).

Einer der bekanntesten Fotografen, der Großformatkameras nutzte, war der amerikanische Landschaftsfotograf Ansel Adams.

Quellen

  • Andreas Feininger: Die hohe Schule der Fotografie. Heyne, München 1996.
  • Andreas Feininger: Andreas Feiningers große Fotolehre. Heyne, München 2001.
  • Ernst A. Weber: Fotopraktikum. Birkhäuser Verlag, 3. überarb. u. erw. Aufl. 1997.

Literatur

  • Kurt Dieter Solf: Fotografie – Grundlagen – Technik – Praxis. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1988. 445 Seiten.
  • Richard Grittner: Handbuch der Kamerakunde – Objektive, Kameras, Zubehör, Vergrößerungsgeräte, Bildwerfer. Verlag Luitpold Land, München 1958, 650 Seiten. (Schon etwas älter, aber für die traditionelle Kameratechnik grundlegend)
  • Leslie Stroebel: View Camera Technique. Focal Press, ISBN 0-240-80345-0

Siehe auch


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