Hans-Christian Schink

Hans-Christian Schink

Hans-Christian Schink (* 1961 in Erfurt) ist ein deutscher Fotograf.

Hans-Christian Schink vor seiner Fotografie „9/17/2006, 8:45 am-9.45 am, N 78°13.370' E 015°40.024'“ im Museum Küppersmühle, Duisburg (7. Juli 2011)

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hans-Christian Schink wuchs als Sohn einer Kunsterzieherin und eines Hochschullehrers für Kunst und Kunstgeschichte auf. Seinen Studienwunsch Paläontologie konnte er nicht verwirklichen, da er aufgrund der Weigerung, eine Verpflichtungserklärung zum dreijährigen Dienst bei der Volksarmee zu unterschreiben, nicht zur Abiturstufe zugelassen wurde. Daraufhin wurde Hans-Christian Schink Monteur für Mess-, Steuer- und Regelungsanlagen. Während der Ausübung des „ungeliebten Berufs“ entschied er sich, das fotografische Hobby zum Beruf zu machen. Er studierte von 1986 bis 1991 Fotografie an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Joachim Jansong. Von 1991 bis 1993 war er in Leipzig Meisterschüler an der Hochschule. In den folgenden Jahren bekam er mehrere Arbeitsstipendien, unter anderem 1997 von der Stiftung Kulturfonds für das Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf und 2008 aus dem Else-Heiliger-Fond der Konrad-Adenauer Stiftung. 2002 war er „artist in residence“ im Künstlerhaus Villa Aurora, Los Angeles. Er erhielt mehrere Preise, so 2004 den Deutschen Fotobuchpreis in der Kategorie Fotobildbände für sein Buch „Verkehrsprojekte“ und 2008 den mit 50.000 Euro dotierten internationalen REAL Photography Award.

Schink lebt in Berlin und Leipzig.

Fotokunst

Hans-Christian Schink arbeitet systematisch an fotografischen Serien bzw. Werkgruppen mit einem breiten Spektrum fotografischer Sujets und inhaltlicher Zugänge. Noch parallel zum Studium in Leipzig erarbeitete er 1993 die fotografische Reihe „Von Leipzig nach Günthersdorf“. Im Stile dokumentarischer Fotografie zeigt er Gebäude und Straßen- wie Landschaftsausschnitte entlang der Merseburger Straße vom Stadtrand Leipzigs bis zu einem Einkaufszentrum außerhalb. Diese Serie erinnert an Ed Ruschas berühmtes Werk „Every building on the Sunset-Strip“ von 1966, setzt allerdings an die Stelle von Vollständigkeit einen konzentrierten fotografischen Blick auf Ausschnitte und Typisches. Gleichzeitig macht die Fotoserie auf die zunehmenden Veränderungen in den (Stadt-) Landschaften im Osten Deutschlands nach der Wiedervereinigung aufmerksam. Die 1997 gemachten Fotografien der Serie „Flämig“ zeigt hingegen eine ostdeutsche Landschaft, in der die Veränderung verzögerter stattfindet, nur wenige einzelne Häuser renoviert worden sind und noch vieles an die DDR-Zeiten erinnert.

Bei Aufenthalten u.a. in der Antarktis, in Japan, Peru, Russland, USA und Vietnam gelangen Hans Christan Schink Reisefotografien im klassischen Sinne, die allerdings nicht die angetroffenen Menschen sondern Landschaften und Städte zum Gegenstand haben. Die während der Teilnahme an den „Weltfestspielen der Jugend und Studenten“ in Nordkorea aufgenommenen Bilder konzentrieren sich auf Propaganda-Gemälde in U-Bahnhöfen (Serie: Nordkorea, 1989).

Mit seinen Bildern in der Ausstellung und in seinem Buch Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Traffic projects German unity fand Schink internationale Beachtung. Er zeigt in seinen Aufnahmen ostdeutsche Verkehrsprojekte, die im Sinne der „Blühenden Landschaften“ verwirklicht wurden, um diesen Teil Deutschlands in das europäische Verkehrsnetz einzubinden. Dabei wurden gewaltige Einschnitte in die Natur vorgenommen. Die meist menschenlosen Bilder zeigen große, durch Beton und Stahl strukturierte Landschaftsräume. Die riesigen Baustellen sind aus der Fußgängerperspektive aufgenommen und wirken auf manche Betrachter bedrückend. Zu sehen sind zum Beispiel Schienenstränge der neuen ICE-Trassen und monströse Betonstützpfeiler von Brücken. „Schink suchte sich lohnende Motive aus, wartete unter Umständen monatelang auf einen verhangenen, aber nicht trüben Himmel, der pastellige Farben ermöglichte, wartete, bis alle Bauarbeiter aus dem Bild gegangen waren, wartete, bis alle sonst störenden Elemente nicht in Erscheinung traten und fotografierte erst dann mit seiner Großbildkamera atemberaubend abstrakt wirkende, surreale Baustellenstilleben aus Beton, Erde und Begleitgrün. Geduld und kompositorischer Blick des Fotografen machten aus alltäglichen Motiven melancholische Chiffres für den Zustand Deutschlands nach der Wiedervereinigung.“[1]

Parallel zum zu der von 1995 bis 2003 verfolgten Dokumentation „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ entstand 1999/2000 Schinks Werkgruppe „Autobahn“, Details von Autobahnbauwerken (beispielsweise Lärmschutzwälle). Ebenfalls aus dem Jahre 2000 stammen die Fotografien zu „Rötha“, eine Reihe von Bildern, in denen Schink Einfamilienhaus-Fassaden vorstellt, die auf die häufig anzutreffende Uniformität und Serialität modernen Bauens aufmerksam macht.

Ungewöhnlich ist die Serie „LA:Night“ von 2002/2003. Hier konzentrierte sich Schinks Aufmerksamkeit auf Details von Nachtaufnamen, die er in Los Angeles machte. Es handelt sich um kleine Ausschnitte, die überproportional vergrößert sind, irreal wirken und von einer Farbigkeit sind, die sich der fotografischen Technik (Tageslichtfilm) verdanken und nicht mit den Seh-Erfahrungen des menschlichen Auges korrespondieren. – Geradezu abstrakt sind wiederum die Fotografien der Werkgruppen Büro (1998) und Wände (1995-2003).

Den „REAL Photography Award“ erhielt Schink für seine Serie „1 h“. Inspiriert von dem Foto Black Sun, das der amerikanische Fotograf Minor White vor einem halben Jahrhundert machte, der dabei die Technik der Solarisation anwandte und die Sonne so extrem überbelichtete, dass sie auf dem Bild schwarz erschien, schuf Schink eine Bilderfolge, bei der er die Belichtung auf eine Stunde ausdehnte. Vor dem Hintergrund von Landschaften aus unterschiedlichen Gegenden der Welt erscheint die einstündige Sonnenbahn als unrealistisch und fremdartig wirkender dunkler Streifen in einem – bedingt durch Jahreszeit und Breitengrad – entsprechend veränderten Neigungswinkel, wobei das Gegenlicht die Unwirklichkeit der Bilder noch verstärkt. Den Künstler interessiert die Beziehung von Bewegungslosigkeit und Veränderung beziehungsweise die Wirkung der auf diese Weise angehaltenen Zeit.

Ausstellungen und Werke

Einzelausstellungen (Auswahl)

  • 2011: Hans-Christian Schink. Fotografien 1980 bis 2010, Neues Museum, Weimar und Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, Duisburg
  • 2011: Eine Stunde - Fotografien, Angermuseum, Erfurt und Galerie Rothamel, Frankfurt am Main
  • 2008: Galerie Rothamel, Frankfurt am Main
  • 2008: Museo de Bellas Artes Doctor Genaro Perez, Cordoba, Argentinien (mit Luis Gonzales Palma)
  • 2007: Galerie Arnés y Röpke, Madrid
  • 2006: Centrum Beeldende Kunst, Dordrecht (mit Jan Koster)
  • 2006: Galerie Kicken, Berlin
  • 2005: Galerie Fotohof, Salzburg
  • 2005: Kunsthalle Erfurt
  • 2004: Martin-Gropius-Bau, Berlin
  • 2004: ACE Gallery, Los Angeles
  • 2001: Paul Kopeikin Gallery, Los Angeles
  • 2001: Galerie Rothamel, Jena
  • 2000/2001: Architektur-Galerie Berlin, Berlin
  • 2000: Goethe-Institut New York
  • 1998: Haus des Buches, Leipzig
  • 1998: Galerie Rothamel, Erfurt
  • 1995: Grassimuseum, Leipzig

Gemeinschaftsaustellungen (Auswahl)

Werke in öffentlichen Sammlungen (Auswahl)

Schinks Arbeiten befinden sich unter anderem in der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland, im Museum Küppersmühle (Duisburg), im Museum der bildenden Künste (Leipzig), im Angermuseum (Erfurt), im Haus der Geschichte (Bonn) und im Kupferstichkabinett Dresden sowie im Stadtmuseum Jena.

Literatur

Bücher, Bildbände, Kataloge (Auswahl)

  • Hans-Chritin Schink. Fotografien 1980 - 2010, Hatje Cantz-Verlag, Ostfildern 2011 ISBN 978-3-7757-2826-3
  • Hans Christin Schink: 1h, Hatje Cantz-Verlag, Ostfildern 2010 ISBN 978-3-7757-2661-0
  • Hans-Christian Schink – Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Traffic projects German unity. Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2004. ISBN 3-7757-1425-1
  • Hans-Christian Schink. LA. Galerie Fotohof, Salzburg 2004. ISBN 3-901756-41-8
  • Henry van de Veldes Villa Esche in Chemnitz. Ein Gesamtkunstwerk zwischen Jugendstil und Sachlichkeit. Texte von Katharina Metz und Klaus-Jürgen Sembach. Birkhäuser, Basel, Boston, Berlin 2003. ISBN 3-7643-6991-4
  • Architektur, Landschaft, Fotografie. Herausgeber: Ulrich Müller. Gebr. Mann, Berlin 2000. ISBN 3-7861-2430-2
  • Industriearchitektur in Leipzig. Text von Peter Guth. Kiepenheuer, Leipzig 1998. ISBN 3-378-01022-3
  • Industriearchitektur in Dresden. Text von Tilo Richter. Kiepenheuer, Leipzig 1997. ISBN 3-378-01019-3
  • Industriearchitektur in Chemnitz 1890–1930. Text: Tilo Richter. Thom, Leipzig 1995. ISBN 3-930383-10-1

Sekundärliteratur und Quellen (Auswahl)

  • Martin Kieren: Vorwort. In: Architektur, Landschaft, Fotografie. Berlin 2000
  • Alexander Kluy: Die Stille nach dem Schuss, In: Frankfurter Rundschau vom 15. Juni 2004
  • Mark Siemons: Triumph der reinen Leere. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. Juni 2004
  • Boris Hohmeyer: Elegien über die berührte Natur. In: art. Nr. 4/2004
  • NN: Blühende Landschaften. In: Die Zeit, Nr. 26/2004 [1]
  • NN: Industriekultur in Sachsen. In: Die Zeit, Nr. 43/1997
  • Kai Uwe Schierz: Hans-Christian Schink. In: Website der Galerie Rothamel [2]
  • Thomas Wiegand: Autobahnstillleben von Hans-Christian Schink. In: „kasseler fotoforum“ [3]

Einzelnachweise

  1. Zitat: Thomas Wiegand: Autobahnstillleben von Hans-Christian Schink

„Hans-Joachim Schink" Ostfildern 2010 (Katalog zur Ausstellung „Hans-Joachim Schink Fotografien 1980 bis 2010"

Weblinks


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