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Wilibald Ludwig Ferdinand Gurlitt (* 1. März 1889 in Dresden; † 15. Dezember 1963 in Freiburg im Breisgau), war ein deutscher Musikwissenschaftler.
Wilibald Gurlitt, Sohn des Kunsthistorikers Cornelius Gurlitt, promovierte 1914 bei Hugo Riemann in Leipzig über Michael Praetorius. 1919 wurde er Lektor, 1920 außerordentlicher, 1929 ordentlicher Professor an der Universität Freiburg. Er gründete dort das musikwissenschaftliche Seminar und ein Collegium Musicum, mit dem er 1922 in Karlsruhe und 1924 in Hamburg zum ersten Mal in größerer Öffentlichkeit Aufführungen mittelalterlicher Musik veranstaltete. Als Promotor der „Orgelbewegung“ ließ er im Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität durch den Ludwigsburger Orgelbaumeister Oscar Walcker die so genannte Praetorius-Orgel erbauen, deren Plan auf den Angaben in Praetorius’ 1619 gedruckter Organographia beruhte. Sie wurde 1944 durch Bomben zerstört und 1954/55 von Werner Walcker-Mayer nach der ersten, größeren Disposition des Michael Praetorius mit mitteltöniger Stimmung in der Aula der Universität Freiburg neu erbaut. Gurlitt galt im Dritten Reich als „jüdisch versippt“ und wurde 1937 seines Amtes enthoben. 1945 wurde er wieder als Ordinarius eingesetzt. Von 1946 bis 1948 war er Gastprofessor an der Universität Bern, von 1955 bis 1956 Gastprofessor an der Universität Basel. 1953 wurde Wilibald Gurlitt zum Ehrendoktor der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt.
Gurlitt war einer der anregendsten Universitätslehrer seines Faches, der schon früh den Blick auf die „authentische“ Klanggestalt älterer Musik richtete, eine systematische Erforschung der musikalischen Terminologie initiierte und zahlreiche Schüler an sich zog, ohne im Wortsinne „Schule“ zu machen. Sein internationaler Ruf trug viel dazu bei, dass die deutsche Musikforschung nach dem zweiten Weltkrieg wieder international „gesellschaftsfähig“ wurde. Zu seinen Schülern zählen Fritz Dietrich, Wilhelm Ehmann, Joseph Müller-Blattau, Heinrich Besseler, Reinhold Hammerstein, Harald Heckmann, Günther Birkner, Wolfgang Rehm sowie in gewissen Sinne auch Hans Heinrich Eggebrecht, der sein Nachfolger auf dem Freiburger Lehrstuhl wurde.
Literatur
- Hans Heinrich Eggebrecht: Musikgeschichte lebendig ergriffen, in: Archiv für Musikwissenschaft, 1962/63.
- Hans Heinrich Eggebrecht: Gurlitt, Wilibald. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, S. 330 f.
- Reinhold Hammerstein: W. Gurlitt zum Gedächtnis, in: Die Musikforschung 17/1964.
- Markus Zepf: Musikwissenschaft, in: Die Freiburger Philosophische Fakultät 1920-1960. Mitglieder, Strukturen, Vernetzungen. Hrsg. von Eckhard Wirbelauer in Verbindung mit Frank-Rutger Hausmann, Sylvia Paletschek und Dieter Speck. Freiburg/München 2006, S. 411-439.
Weblinks
- Literatur von und über Wilibald Gurlitt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Deutsche Orgelmusik des 16. und 17. Jahrhunderts (Digitalisat einer Rede Gurlitts in der Aula der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, um 1957, Format m4a)
Personendaten NAME Gurlitt, Wilibald ALTERNATIVNAMEN Gurlitt, Willibald Ludwig Ferdinand KURZBESCHREIBUNG deutscher Musikwissenschaftler GEBURTSDATUM 1. März 1889 GEBURTSORT Dresden STERBEDATUM 15. Dezember 1963 STERBEORT Freiburg im Breisgau
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