- H2-Atemtest
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Der Wasserstoffatemtest oder H2-Atemtest ist eine wenig belastende medizinische Diagnosemethode zur Erkennung von verschiedenen Syndromen des Magen-Darm-Traktes. Er wird eingesetzt bei Beschwerden wie chronischem Durchfall, chronischen oder wiederkehrenden Bauchschmerzen und anderen Beschwerden im Bauchraum. Erkannt werden können etwa die relativ häufigen Syndrome Laktoseintoleranz und Fruktosemalabsorption.
Inhaltsverzeichnis
Testprinzip
Der Test beruht auf der Messung der Konzentration des Wasserstoffs = H2 in der Ausatemluft. Wasserstoff entsteht bei jedem Menschen durch die bakterielle Zersetzung von Kohlenhydraten (beispielsweise Zuckerstoffe) im Dickdarm. Dieser Wasserstoff wird aus dem Dickdarm in das Blut aufgenommen und über die Lunge abgeatmet. Die Menge des aufgenommenen und anschließend abgeatmeten Wasserstoffs ist abhängig von der Menge der Kohlenhydrate, die in den Dickdarm gelangen. Dieser Umstand wird diagnostisch genutzt: Der Proband erhält einen Kohlenhydrat(Zucker)-Trunk (z. B. Laktose oder Fruktose). Der Wasserstoff in der Ausatemluft wird vor und nach dem Trunk gemessen.
Der Kohlenhydrattrunk erreicht nach etwa 15 Minuten den Dünndarm. Der Dünndarm ist normalerweise kaum mit Bakterien besiedelt, so dass hier kein Anstieg der H2-Werte erfolgt. Werden die Kohlenhydrate im Dünndarm nicht resorbiert, erreichen sie nach etwa einer Stunde (die genaue Passagezeit kann durch einen Laktuloseatemtest bestimmt werden, da Laktulose nicht resorbiert wird) den Dickdarm, wo H2 gebildet wird, und über die Atemluft nachweisbar ist.
Der Zucker, der im Dünndarm nicht aufgenommen wurde, erreicht auch beim Nichtbetroffenen zu einem geringen Teil den Dickdarm, so dass ein leichter Wasserstoffanstieg normal ist. Überschreitet der Wasserstoffanstieg nach dem Testtrunk aber einen bestimmten Wert (meist 20 ppm), liegt ein aussagekräftiges Ergebnis vor.
Testdurchführung
Die Bestimmung der Ausatemluft-Wasserstoffkonzentration in der Einheit parts per million (ppm) erfolgt heutzutage in der Regel mit einem kleinen Handgerät ähnlich einem Alkoholmessgerät der Polizei. Nach einer maximalen Einatmung wird in ein Röhrchen am Gerät alles hineingepustet, was in der Lunge ist. Das Display zeigt die Wasserstoffkonzentration der Ausatemluft in ppm an.
Zunächst wird am nüchternen Probanden der Basalwert gemessen. Danach wird ein in einem Glas Wasser gelöster Zuckerstoff getrunken und alle 10 bis 30 Minuten über 2 bis 3 Stunden eine Messung vorgenommen. Beträgt der Unterschied zwischen Basalwert und maximal gemessenem Wert nach dem Trunk mehr als 20 ppm, weist der Befund auf eine Malabsorption der Testsubstanz. Über den Zeitpunkt des Anstiegs lässt sich außerdem eine pathogene Besiedlung des Dünndarms mit Bakterien sowie die Dauer der Passage vom Magen bis zum Dickdarm erkennen
Je nach gesuchter Beeinträchtigung werden unterschiedliche Zuckerstoffe verwendet. Für jeden Testzucker ist ein neuer Testdurchgang erforderlich.
Hintergründe
Bei einer Laktoseintoleranz fehlt im Dünndarm eine bei uns im europäischen Raum eher übliche, ausreichende Produktion des Enzymes Laktase, das die Milchzuckermoleküle in die Bestandteile Glukose und Galaktose aufspaltet. Deshalb gelangt Milchzucker in den Dickdarm, wo er von bestimmten Darmbakterien verstoffwechselt wird. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren und Gase, unter anderem Wasserstoff (H2), der mit dem H2-Atemtest gemessen werden kann.
Bei einer Fruktosemalabsorption steht das Transportprotein GLUT 5 nicht in ausreichender Menge bzw. Qualität zur Verfügung, das zur Aufnahme des Fruchtzuckers durch die Dünndarmschleimhaut ins Blut erforderlich ist. Die in den Dickdarm gelangenden Fruchtzuckermoleküle werden dort analog zur Laktoseintoleranz von Darmbakterien unter Abgabe von Wasserstoff verarbeitet.
Dieser Wasserstoff gelangt ins Blut, wird über den Atem abgegeben und kann dort mit dem Test gemessen werden.
Fehlinterpretationen des Tests
Fehlinterpretationen des Tests gibt es in seltenen Fällen nur, wenn entweder durch eine Besiedelung mit »falschen« Bakterien Wasserstoff produziert wird, obwohl die Darmschleimhaut Enzyme bilden kann. Andererseits kann das Ergebnis bei einem geringen Prozentsatz auch verfälscht werden, wenn der Darm mit Bakterien besiedelt ist, die gar keinen Wasserstoff produzieren können. Dann zeigt sich im Atemtest kein Wasserstoff, obwohl kein Enzym zum Abbau oder Transport der Zuckermoleküle im Darm bereitsteht. Diese so genannten »non H2 responder« entlarvt ein zusätzlicher Atemtest mit Laktulose.
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Testzucker Dosierung Nachweisbares Syndrom/Messgröße Laktose 50 g Laktoseintoleranz Fruktose 25 g Fruktosemalabsorption Glukose 80 g bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms Laktulose 10 g Transitzeit vom Mund bis in den Dickdarm (Laktulose wird nicht resorbiert) Sorbit 10 g Sorbitmalabsorption
Quellen
- Doris Paas: Das Laktose-Intoleranz Buch, Seite 64, ISBN 978-3-86582-531-5,
Weblinks
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