Hans Kosterlitz

Hans Kosterlitz

Hans Walter Kosterlitz (* 27. April 1903 in Berlin; † 26. Oktober 1996 in Aberdeen) war ein deutsch-britischer Pharmakologe und Mediziner. Er ist vor allem durch seine Entdeckung der Opioidpeptide, speziell der Enkephaline bekannt geworden.

Leben

Kosterlitz wurde 1903 in einer großbürgerlichen assimilierten jüdischen Familie in Berlin geboren. Sein Vater war praktizierender Arzt, sein jüngerer Bruder Hermann wurde später unter dem Künstlernamen Henry Koster ein bekannter Regisseur in Hollywood. Er studierte nach dem Abitur 1921 Medizin an den Universitäten Heidelberg, Freiburg und seit 1925 an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin (der heutigen Humboldt-Universität). Dort wurde er 1929 zum Doktor der Medizin promoviert. Von 1928 bis 1933 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der 1. Medizinischen Klinik. Seine ersten wissenschaftlichen Interessen galten der Erforschung des Kohlenhydrat-Stoffwechsels und des Diabetes mellitus. Er bestätigte im Tierversuch die schon früher von Oskar Minkowski gemachte Beobachtung, dass Fructose insulinunabhängig in Glykogen umgewandelt werden kann. Er konnte auch zeigen, dass Diabetiker Galactose verstoffwechseln können, indem sie sie in der Leber in Glucose umwandeln. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte er nach Aberdeen in Schottland wo er zunächst bei John James Richard Macleod, dem (Mit-)Entdecker des Insulins arbeitete, der an der dortigen Universität am Marischal College eine Professur für Physiologie innehatte. Obwohl MacLeod schon im darauf folgenden Jahr verstarb blieb Kosterlitz in Aberdeen und setzte dort seine Arbeiten zum Galactose-Metabolismus fort. 1937 heiratete er seine Bekannte aus Berliner Zeiten Hannah Gresshoner. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor.

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wollte Kosterlitz einen Beitrag zu den Kriegsanstrengungen der Alliierten gegen Nazi-Deutschland machen und konzentrierte sich in seinen Forschungen auf die Ernährungsphysiologie. In der Nachkriegszeit wandten sich seine Interessen zunehmend der Wirkung von Opiaten auf den menschlichen Organismus zu. Frühere Arbeiten u. a. von Paul Trendelenburg hatten die Wirkung von Morphin auf Muskelkontraktionen gezeigt. Daraus schloss Kosterlitz, dass es "endogene" Rezeptoren für Morphin im menschlichen Körper geben müsse. Dies wiederum ließ ihn schlussfolgern, dass es auch endogene Morphin-ähnliche Substanzen im menschlichen Körper geben müsse, die an diese Rezeptoren binden. Auf Betreiben seines Freundes Alistair Macgregor wurde Kosterlitz im Alter von 65 Jahren zum ersten Professor für Pharmakologie an der Universität Aberdeen ernannt. Drei Jahre später wurde er Direktor des neu gebildeten Instituts für Pharmakologie. Nachdem er im Alter von 70 Jahren emeritiert worden war, setzte er seine Forschungen als Direktor der neu gegründeten, mit NIH-Geldern finanzierten Unit for Research on Addictive Drugs über endogene Opioide fort und konnte 1975 über die Entdeckung der Enkephaline berichten, die als bedeutendste Leistung seines wissenschaftlichen Lebens angesehen wird. Mit der Entdeckung der Enkephaline und Endorphine wurde eine Tür zu einem ganz neuen Forschungsgebiet, dem der Opioidpeptide, aufgestossen. Die Forschung in diesem Gebiet ermöglichte ein vertieftes Verständnis der Physiologie des Schmerzempfindens und der Wirkung bzw. der Entwicklung von neuen Schmerzmedikamenten.

Ehrungen

Für seine wissenschaftlichen Arbeiten erhielt Kosterlitz zahlreiche Auszeichnungen. 1951 wurde er Mitglied (Fellow) der Royal Society of Edinburgh, 1978 Mitglied der Royal Society und 1981 Mitglied des Royal College of Physicians of Edinburgh sowie auswärtiges Mitglied (foreign member) der National Academy of Sciences. 1976 erhielt er die Oswald-Schmiedeberg-Plakette der Deutschen Gesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie, 1978 den Albert Lasker Award for Basic Medical Research, außerdem die Ehrendoktorwürde der Universität Lüttich.

Quellen

  • Lothar Jaenicke: Erinnerungsbild Hans Walter Kosterlitz, Biospektrum 1/04, 10. Jahrgang pdf
  • Milton AS: Obituary: Professor Hans Kosterlitz. The Independant (London), 4. November 1996
  • Hughes J: Hans Kosterlitz (1903-96). Nature. 1996;384(6608):418. PMID 8945465.
  • Lees GM: A tribute to the late Hans W. Kosterlitz: ploughing the lone furrow. Can J Physiol Pharmacol. 1998;76(3):244-51. PMID 9673787.

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