Helmina von Chézy

Helmina von Chézy
Helmina von Chézy
Leserbrief von Chézy's in einer Beilage zur Dresdner Abendzeitung 1824

Helmina von Chézy, eigentl. Wilhelmine Christiane de Chézy, (* 26. Januar 1783 in Berlin; † 28. Januar 1856 in Genf) war eine deutsche Journalistin, Dichterin und Librettistin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Helmina von Chézy war eine Tochter der Schriftstellerin Caroline Louise von Klencke und des preußischen Offiziers Karl Friedrich von Klencke. Ihre Großmutter mütterlicherseits war die Schriftstellerin Anna Louisa Karsch. Bei der Geburt von Helmina von Chézy waren ihre Eltern bereits geschieden, und so wurde sie zeitweise von ihrer Großmutter erzogen. Mit 14 Jahren gab Chézy 1797 ihr Debüt als Schriftstellerin.

1799 heiratete sie den Freiherrn Gustav von Hastfer, aber diese Ehe wurde bereits im darauffolgenden Jahr geschieden. Nach dem Tod ihrer Mutter 1801 ging sie nach Paris. Dort arbeitete sie für verschiedene deutsche Zeitungen als Korrespondentin. In den Jahren 1803 bis 1807 gab sie in eigener Verantwortung die Zeitschrift Französische Miszellen heraus. Da sie sehr kritisch über die politischen Ereignisse schrieb, bekam sie immer wieder Schwierigkeiten mit der Zensur.

Durch Friedrich Schlegel, mit dessen Frau Dorothea sie in Paris eng befreundet war, lernte sie den Orientalisten Antoine-Léonard de Chézy kennen und heiratete ihn 1805. Mit ihm hatte sie zwei Söhne: den späteren Schriftsteller Wilhelm Theodor von Chézy und den Maler Max von Chézy. 1810 übersetzte sie zusammen mit Adelbert von Chamisso Vorlesungen von August Wilhelm Schlegel vom Französischen ins Deutsche. Mit Chamisso und Joseph von Hammer-Purgstall hatte sie kurze Affären – wahrscheinlich von Hammer ihren dritten Sohn Leopold (* und † 1811) – und blieb mit beiden zeitlebens in Briefkontakt.

Da ihre Ehe mit Chézy ebenfalls unglücklich verlief, trennte sie sich von ihm 1810 und ging nach Deutschland zurück. Hier lebte sie abwechselnd in Heidelberg, Frankfurt am Main, Aschaffenburg und Amorbach; ab 1812 wohnte sie in Darmstadt.

In und nach den Befreiungskriegen arbeitete sie in den Lazaretten von Köln und Namur (Wallonien). Als Chézy die dort herrschenden Zustände 1816 öffentlich kritisierte, wurde sie wegen Verleumdung der Invaliden-Prüfungs-Kommission angeklagt. Das Berliner Kammergericht unter dem Vorsitz von E.T.A. Hoffmann sprach sie aber von diesem Vergehen frei.

Ab 1817 lebte Chézy in Dresden und wurde dort auch Mitglied des Dresdner Liederkreises und schrieb hier das Libretto für Carl Maria von Webers „Große heroisch-romantische Oper“ Euryanthe. Auch einige ihrer Gedichte wurden vertont (Ach, wie ist’s möglich denn,/ Daß ich dich lassen kann, / Hab’ dich von Herzen lieb, / das glaube mir). Franz Schubert schrieb die Schauspielmusik zu ihrem Drama Rosamunde, Fürstin von Zypern, das bei der Uraufführung durchfiel und im Theater an der Wien nur zweimal, 1824 aber auch am Isartortheater in München, gespielt wurde. Es galt bis vor wenigen Jahren als verschollen. Das darin enthaltene Gedicht "Der Vollmond stahlt auf Bergeshöh’n" (in Schuberts Vertonung separat mit Klavierbegleitung als "Romanze der Axa" bekannt geworden) wurde auch von Charles Ives komponiert. In ihrer Dichtung blieb Chézy der romantischen Schule verhaftet.

Kurz vor der Uraufführung von Euryanthe und Rosamunde siedelte sie im August 1823 nach Wien über. 1826 engagierte sich Chézy zum wiederholten Male für soziale Belange, diesmal für die Salinenarbeiter des Salzkammergutes. Um 1828/1829 trennten sich erstmals dauerhaft die Söhne von ihr, Max ging zur weiteren Ausbildung zum Vater nach Paris, Wilhelm studierte in München, ihm folgte sie wenig später. Mit dem Tod ihres Mannes (1832) war die Sicherheit der jährlichen Grundversorgung dahin, und sie konnte nur mit Mühe an den wissenschaftlichen sowie privaten Nachlass Chézys und eine kleine Rente aus Paris gelangen. Neuerlich ließ sie sich in München nieder, diesmal mit Max, der mit ihr auch 1843 nach Heidelberg zog. Dagegen kam es bald zum endgültigen Zerwürfnis mit Wilhelm, der mit seiner Familie in Baden-Baden lebte. Der Tod von Max im Jahr 1846 erschütterte sie so, dass sie danach kaum mehr zu schriftstellerischer Arbeit Muße fand, aber etwa 1848 in Straßburg einen Georg Herwegh dafür gewinnen wollte, zur Einführung der Demokratie in Deutschland auf Gewalt und revolutionäre Mittel zu verzichten.

Immer wieder bemühte sie sich darum, ihre Kontakte zur Redaktion des Morgenblattes wiederzubeleben, um erneut als Autorin oder Korrespondentin tätig werden zu können, was möglicherweise schon deshalb fehlschlug, weil dort seit vielen Jahren ihr Sohn Wilhelm erfolgreich wirkte. Offenbar wimmelte man ihre Gesuche mit recht fadenscheinigen Gründen und dem Hinweis auf ihre mangelnde Erreichbarkeit ab, und deshalb fühlte sie sich bemüßigt, ihre Wohnorte der vergangenen Jahre aufzulisten, was für biographische Würdigungen bislang nicht herangezogen wurde.[1]

1852 ließ sie sich in Genf nieder, in der trügerischen Hoffnung, durch namhafte Ärzte der drohenden Erblindung zu entgehen. Die Tiedge-Stiftung für sächsische und preußische bedürftige Schriftsteller und Künstler männlichen und weiblichen Geschlechts versorgte Helmina von Chézy mit einer kleinen Pension. Der zu ihrer Pflege herbeigeeilten Großnichte Bertha Borngräber konnte sie 1853-55 noch ihre Memoiren diktieren, deren Manuskript sie zur redaktionellen Durchsicht auch nach Berlin an Karl August Varnhagen von Ense sandte.[2]

Am 28. Januar 1856 starb Helmina von Chézy im Alter von 73 Jahren in Genf.

Werke

  • Geschichte der tugendsamen Euryanthe von Savoyen. Leipzig 1804. Libretto
  • Leben und Kunst in Paris seit Napoleon I. Weimar 1805-07 (2 Bde.)
  • Erinnerungen aus meinem Leben, bis 1811 Online
  • Neue auserlesene Schriften der Enkelin der Karschin. Heidelberg 1817 (Bd. 1 Bd. 2)
  • Gedichte. Aschaffenburg 1812 (2 Bde.)
  • Die drei weißen Rosen (in der Urania, 1821)
  • Erzählungen und Novellen. Leipzig 1822 (2 Bde.)
  • Rosamunde (Schauspiel)
  • Stundenblumen. Wien 1824-27 (4 Bde.)
  • Emmas Prüfungen. Heidelberg 1827.
  • Herzenstöne auf Pilgerwegen. Sulzbach 1833.
  • Überlieferungen und Umrisse aus Napoleons Tagen, Teil 2-4, in: Der Freihafen 3, Heft 3 und 4 und Der Freihafen 4, Heft I, 1840/41.
  • Unvergessenes. Leipzig 1859 (2 Bde.) Online

Literatur

  • Karin Baumgartner: Das Reisehandbuch als weibliche Auftragsarbeit im Vormärz: Helmina von Chézys Gemälde von Heidelberg (1816) und Norika (1833). In: Christina Ujma: Wege in die Moderne. Reiseliteratur von Schriftstellerinnen und Schriftstellern des Vormärz. Bielefeld 2009, ISBN 978-3-89528-728-2
  • Hyacinth Holland: Chézy, Wilhelmine von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 119–122.
  • Irina Hundt: „Wäre ich besonnen, wäre ich nicht Helmina.“ Helmina von Chézy (1783-1856) – Porträt einer Dichterin und Publizistin. In: Forum Vormärz Forschung, Jahrbuch 1996 Autorinnen des Vormärz, hg. von H. Brandes u. D. Kopp. Bielefeld 1997, S. 43-79
  • Irina Hundt, T. G. Waidelich: „Im gastlichen Hause Mendelsohns“ Erinnerungen an den Mendelssohnschen Salon von Helmina von Chézy. In: Schubert : Perspektiven, 5 (2005), S. 92-100
  • Oswald Panagl: Bewundert wenig und viel gescholten. Helmina von Chézy als Textdichterin für Carl Maria von Weber (Euryanthe) und Franz Schubert (Rosamunde). In: Die ,Schaubühne‘ in der Epoche des Freischütz […], Anif 2009, S. 423–435
  • Bénédicte Savoy (Hrsg.): Helmina von Chézy. Leben und Kunst in Paris seit Napoleon I. Akademie Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-05-004628-0
  • Carola Stern: Ich möchte mir Flügel wünschen. Das Leben der Dorothea Schlegel. Rowohlt, Reinbek 2003, ISBN 3-499-13368-7, S. 181-195
  • T. G. Waidelich: „Wer zog gleich aus der Manteltasche ein Opernsujet?“ Helmina von Chézys gescheiterte Libretto-Projekte für Felix Mendelssohn Bartholdy. In: Mendelssohn Studien 12 (2001), S. 149–177
  • T. G. Waidelich: „Durch Webers Betrügerey die Hände so gebunden“. Helmina von Chézys Kampf um die Urheberrechte an ihrem Euryanthe-Libretto in ihrer Korrespondenz und Brief-Entwürfen. In: Weberiana 18 (2008), S. 33–68

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vermutlich 1851 schrieb sie am 26. April aus Vevey (Schweiz) an die Redaktion des Morgenblattes: "Entschuldigen Sie wenn mich es befremdet, daß mir oftmahlige Veränderung meines Aufenthalts als Hinderniß der Benachrichtigung genannt wird. Ich war von 1837 in München, von 1842 in Baden, von 1843 in Heidelberg, von 1848 bis 1850 in Baden, von 1850 bis jetzt hier am Genfersee, u 1 Monath in Bern wohin mir die hiesige Post meine Briefe pünktlich schickte, so ganz durchaus, wie eine Stecknadel in einer Fuhre Heu ist denn doch die Helmina so wenig in der Schweiz als Anderswo, ein Brief an die Adreße, die ich gab, würde mich zu finden gewußt haben.“ Zum Lebenslauf u. Zitat siehe: T. G. Waidelich: “Zu Leben und Werk der Chézy”, in: Rosamunde, Drama in fünf Akten von Helmina von Chézy, S. 9–16.
  2. Varnhagen verzichtete ebenso auf Änderungsvorschläge wie der Museumsdirektor Karl Constantin Kraukling in Dresden, dem die Borngräber den Text nach Chézys Tod gleichfalls vorlegte. Zwei Jahre später kam die Arbeit unter dem Titel ‘’Unvergessenes’’ bei Brockhaus in Leipzig zur Drucklegung, herausgegeben von der Borngräber.

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