- Henriette Arendt
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Henriette Arendt (* 11. November 1874 in Königsberg; † 22. August 1922 in Mainz) war die erste Frau in Deutschland, die Polizistin wurde. Sie wurde als Tochter eines jüdischen Großkaufmanns in Königsberg geboren. In Genf besuchte sie die höhere Töchterschule und die Ecole supérieur, danach in Berlin ein Jahr die Handelsschule. 1895/96 machte sie am Jüdischen Krankenhaus in Berlin eine einjährige Ausbildung zur Krankenpflegerin. 1898 verließ sie die Jüdische Gemeinde und trat in den Berliner Schwesternverband vom Roten Kreuz „Haus Augusta“ ein.
1902/1903 wechselte sie in den Stuttgarter Hilfspflegerinnenverband. Im Februar 1903 fing sie beim Stadtpolizeiamt Stuttgart als Polizeiassistentin an.
Ihre Karriere als Polizistin war jedoch nur kurz. Sie empfand die geltenden Gesetze als Hohn gegenüber den Frauen und legte die Dienstvorschriften anders als ihre männlichen Kollegen aus. Damit kam sie bei Kollegen und Vorgesetzten schlecht an. Sie wurde der Unterschlagung und Verletzung von Dienstvorschriften bezichtigt und quittierte wegen Mobbing den Polizeidienst.
Unter anderem gehörte die Überwachung der polizeiärztlichen Untersuchungen zu ihren Aufgaben. Henriette Arendt begnügte sich jedoch damit nicht, sondern sah ihr Aufgabengebiet auch in der Kinderfürsorge. Sie unternahm mehrere Dienstreisen und informierte sich unter anderem auch bei der Centrale für private Fürsorge in Frankfurt am Main (1906). Ein weiterer Schwerpunkt in der Arbeit von Henriette Arendt war die Bekämpfung des Kinderhandels. Sie trat mit Vorträgen und durch Publikationen zum Thema an die Öffentlichkeit und zog sich dadurch nicht nur den Ärger ihrer Vorgesetzten im Stadtpolizeiamt zu, sondern geriet auch mit der Vorsitzenden des Hilfspflegerinnenverbandes und der zu ihrer Entlastung eingestellten Gehilfin über Kreuz.
Henriette Arendts öffentliche Kritik an Missständen, eine Liebesaffäre mit einem Angehörigen des Stadtpolizeiamtes, Vorwürfe der Unterschlagung und das Bekanntwerden eines Suizids mit Einweisung in eine Irrenanstalt während ihrer Schwesternzeit in Berlin wurden ihr zum Vorwurf gemacht und führten letztlich dazu, dass sie am 18. November 1908 kündigte.
1910 erschien ihr Buch „Erlebnisse einer Polizeiassistentin“, in dem sie unter anderem Interna der Behörden in voller Länge und mit Namen veröffentlichte. Das Buch löste einen Skandal aus. In den folgenden Jahren publizierte Henriette Arendt zwei Bücher zum Thema Kinderhandel, in denen sie anhand drastischer Beispiele Einblick in das Elend der „vergessenen Kinder“ und in das kriminelle Milieu der Kinderhändler bot.
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