Hiltl (Restaurant)

Hiltl (Restaurant)
Restaurant Hiltl an der Sihlstrasse

Das Haus Hiltl in Zürich ist das älteste vegetarische Restaurant der Schweiz und das älteste ohne Unterbrechung geöffnete vegetarische Restaurant in Europa. Es ist in Familienbesitz und wird heute vom Urenkel des Gründers geführt. Die Zürcher nennen es traditionell schlicht nur Vegi.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der «Wurzelbunker»

1897 gründeten einige deutsche Einwanderer die «Vegetaria AG», die ein Jahr später das «Vegetarierheim und Abstinenz Café» am heutigen Standort an der Sihlstrasse in Zürich eröffnete. Das Lokal lief nicht gut, Vegetarier waren damals als «Grasfresser» verschrien. Einige Gäste sollen deshalb das spöttisch auch «Wurzelbunker» genannte Lokal nur durch die Hintertüre betreten haben.

Ebenfalls 1897 kam der deutsche Schneidergeselle Ambrosius Hiltl nach Zürich. 1901 erkrankte er schwer an Rheumatismus und konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben. Er machte eine Kur in der neu eröffneten Klinik von Max Bircher-Benner, der seine Patienten mit vegetarischer rohkostreicher Diät kurierte. Hiltl beschäftigte sich mit der Lehre von Bircher-Benner, wurde Vegetarier und Stammgast im «Vegetarierheim» und durch die Diät von seiner Krankheit geheilt.

1903 war das Vegetarierheim in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Ambrosius Hiltl wurde die Stelle des Geschäftsführers angeboten, was der nun überzeugte Vegetarier als Herausforderung annahm.

Die damalige Speisekarte bot beispielsweise an:

  • Champignonsuppe 13 Rappen
  • gemischter Salat 20 Rappen
  • Kartoffelklösse mit Zwiebelsauce und brauner Butter 35 Rappen
  • Apfelstrudel 25 Rappen

Das Restaurant begann besser zu laufen, die Tagesumsätze stiegen auf 35 Franken, und 1904 heiratete Ambrosius Hiltl die Vegetaria-Köchin Martha Gneupel und übernahm die Vegetaria AG. 1907 kaufte er die Liegenschaft und wurde mit seiner Familie Bürger von Zürich. Sein Restaurant führte er sozial und technisch auf dem neuesten Stand. Bereits 1907 hatte sein Personal einen freien Nachmittag pro Woche. 1931 war das Hiltl das erste Restaurant in Zürich mit vollelektrischer Restaurantküche.

Die indische Küche

Als Ambrosius Hiltl altershalber zurücktrat, kam es zum Konflikt zwischen seinen Söhnen Walter und Leonhard. Leonhard obsiegte.

Wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Restaurants hatte Leonhards Frau Margrith Hiltl. Sie nahm 1951 als Schweizer Delegierte an einem Vegetarierkongress in Neu-Delhi teil und benutzte die Gelegenheit, um die indische Küche zu studieren. Diese wurde im Restaurant so erfolgreich eingeführt, dass der damalige indische Premierminister Morarji Desai bei einem Besuch in der Schweiz bei Hiltl dinierte und die renommierte Swissair bei Hiltl indische Gerichte bestellte. Bis heute ist das indische Buffet ein Markenzeichen von Hiltl.

Bistro und Restaurant

1959 stieg Enkel Heinz Hiltl (1937–2001) in den Betrieb ein, um die Mutter nach dem frühen Tod seines Vaters zu entlasten. 1967 konnte er mit seinem 90jährigen Grossvater das 70jährige Bestehen des Hiltl feiern. Unter der Leitung von Heinz wurde weiter modernisiert. 1973 kam es zu einem Umbau im Stil der 1970er: im unteren Stockwerk entstand ein Bistro mit kleineren Gerichten und Take-out. Im ersten Stock wurde weiterhin das Restaurant geführt, das sich jetzt Hiltl Vegi nannte. Unterdessen war das Hiltl ein etablierter Bestandteil der Zürcher Gastronomieszene; Heinz Hiltl war jahrelanger Präsident des Zürcher Wirteverbands.

Gegenwart

1993 stieg Urenkel Rolf Hiltl (geboren 1965) ins Geschäft ein und räumte gründlich mit allen Resten des ehemaligen Körnlipicker-Images auf. Hiltl strich das Wort «Vegi» wieder aus dem Namen, verlängerte die Öffnungszeiten bis elf Uhr abends und bot auch eine gepflegte Weinkarte an, die dazu beitrug, das Restaurant auch bei einem jüngeren männlichen Publikum so beliebt zu machen, dass es abends regelmässig zu Wartezeiten kommt. Die daraufhin eingeführte Online-Reservation über die Internet-Seite wurde in der Fachpresse besprochen.[1]

Beim 100-Jahr-Jubiläum 1998 übergab Heinz Hiltl das Restaurant an seinen Sohn Rolf. Bei 1200 Besuchern täglich überstieg der Umsatz des Restaurants 1998 erstmals 10 Millionen Franken.[2] Im gleichen Jahr erschien das erste Buch von Rolf Hiltl: « Vegetarisch nach Lust und Laune » mit Rezepten des Restaurants, das zu einem Klassiker der gehobenen vegetarischen Küche wurde, auf französisch und englisch übersetzt wurde, und 2008 seine elften Auflage erlebte.

Ein weiterer Umbau 2006 in Zusammenarbeit mit Jelmoli Immobilien, mit der man sich die Blockrandbebauung teilt,[3] brachte eine erneute Erweiterung. Während der über einjährigen Umbauzeit richtete sich das Hiltl in der «Alten Börse» am Bleicherweg ein. Seit der Wiedereröffnung des Stammhauses an der Sihlstrasse am 5. März 2007 beinhaltet das Hiltl – jetzt mit 130 Mitarbeitern[4] – neben dem Restaurant und Takeaway, eine Bar und ein vegetarisches Kochstudio. Der Umbau mit einer Stahl-Glas-Konstruktion in einem teilweise denkmalgeschützten Gebäude war auch wegen seiner architektonischen Besonderheiten ein Thema.[5]

tibits Restaurant Bar Take Away

tibits, abgeleitet aus dem englischen „titbits = Leckerbissen“, ist ein vegetarisches Restaurant in Familienbesitz mit Standorten in Zürich, Winterthur, Bern, Basel und London. Nach neuen Standorten in Luzern und St. Gallen wird noch gesucht.

Mit der Idee, hochstehende vegetarische Fast Food Restaurants aufzubauen, nahmen die drei Brüder Reto, Christian und Daniel Frei im Jahre 1998 am Businessplanwettbewerb Venture der ETH Zürich und der Unternehmensberatung McKinsey teil. Die Idee entsprach dem eigenen Bedürfnis nach genussvollem vegetarischen Essen in lockerer Atmosphäre. Der Businessplan überzeugte die Jury und das Konzept wurde zweimal prämiert. Die positiven Reaktionen aus dem Umfeld und das Interesse der Medien für das Projekt waren derart gross, dass sich die Gebrüder Frei entschlossen, die Idee umzusetzen. Für die Umsetzung fehlte jedoch ein Gastroprofi, der in Rolf & Marielle Hiltl, Inhaber des Haus Hiltl, gefunden wurde. Die Chemie stimmte auf Anhieb und so wurde eine das Konzept weiterentwickelt und eine gemeinsame Firma gegründet. Gastronomisch baut tibits auf der über 111-jährigen Erfahrung vom Haus Hiltl auf. Neben altbewährten und erfolgreichen Produkten des Hiltls, wie dem einzigartigen Salatbuffet und den täglich frisch gepressten Säften, kommen bei tibits laufend neue, Produkte hinzu, die eigens entwickelt werden. Die beiden Familien-Unternehmen Hiltl und tibits arbeiten operativ eigenständig, tauschen jedoch partnerschaftlich Erfahrungen aus.

Das Herzstück des tibits ist das sogenannte „food boat“, ein Buffet mit über 40 Salaten und täglich wechselnden warmen Gerichten. Unter der Woche gibt es jeweils bis 10.00 Uhr, am Wochenende bis 12.00 Uhr ein reichhaltiges Frühstückangebot, bestehend aus verschiedenen Brotspezialitäten, hausgemachtem Birchermüesli, frischen Früchten, Käse und Tofu. Weitere tibits Spezialitäten sind die frisch gepressten Fruchtsäfte, Kaffee- und Teespezialitäten sowie biologische Patisserie.

Bei der Auswahl der Produkte wird auf Saisonalität und Umweltverträglichkeit geachtet. Wenn möglich werden naturbelassene Produkte aus inländischem und europäischem Anbau bevorzugt. Alle Brote und Patisserie sowie alle tierischen Erzeugnisse wie Milchprodukte, Käse und Freiland-Eier haben Bio-Qualität. Seit März 2010 wurden ausserdem bestimmte Produkte in Demeter-Qualität ins Sortiment aufgenommen.

Literatur

  • Rolf Hiltl: Vegetarisch nach Lust und Laune. Werd, Zürich 2005 (10. Auflage). ISBN 3-8593-2492-6 - zusammen mit Hädecke, Weil der Stadt 1998 (1. Auflage). ISBN 978-3-7750-0314-8
  • Armin Bernet, Danielle Lerch Süess (Herausgeber): Für goldene Momente in der Küche: Realisiert im Hiltl Kochatelier. Mit Prominenten, Weizenkeimen und vegetarischen Rezepten. Werd, Zürich 2008. ISBN 3-8593-2593-0
  • Rolf Hiltl: Vegetarisch. Die Welt zu Gast. Orell Füssli, Zürich 2009. ISBN 3-280-05342-0

Quellen

  1. hotel+tourismus revue: Online Reservation
  2. „Hiltl Vegi in Zürich ist ältestes vegetarisches Restaurant der Schweiz“, EVU-News, Ausgabe 2/1998
  3. Jelmoli Immobilien: Projekt – Hofüberbauung Hiltl/Jelmoli Zürich
  4. http://www.hiltl.ch/team-stellen.php
  5. Modernster Metallbau für Europas ältestes vegetarisches Restaurant (Metall 04/2007)

Weblinks

47.3731588.536561

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