Himmelschreiende Sünde

Himmelschreiende Sünde

Himmelschreiende Sünde (lateinisch peccata clamantia) ist ein Begriff aus der moraltheologischen und katechetischen Tradition der christlichen Theologie.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsgeschichte

Aus der Formulierung beim Mord Kains an seinem Bruder Abel, dessen Blut „zum Himmel schreit“, Gen 4,10 EU, leitete die Dogmatik bzw. Moraltheologie den Begriff der peccata clamantia ab. Es wurden derer vier oder fünf gezählt und hierzu der Merksatz gebildet:

„Clamitat ad caelum vox sanguinis [nach Gen 4,10 VUL] et Sodomorum [nach Gen 18,20 VUL], vox oppressorum [nach Ex 3,7 VUL], merces[que] retenta [oder remorata] laborum [nach Jak 5,4 VUL].[1]

Der zweite Vers wurde bisweilen, um auch Ex 22,23 VUL aufzunehmen, modifiziert:

„Clamitat ad caelum vox sanguinis et Sodomorum, vox oppressorum, viduae, pretium famulorum. (Es schreit zum Himmel die Stimme des Bluts und der Sodomer, die Stimme der Unterdrückten, der Witwe, der Arbeiter Lohn.)“

Der Katechismus der Katholischen Kirche (KKK) von 1997 führt fünf solcher Sünden auf. „Zum Himmel schreien“ würden demnach:[2]

  • das beim Mord Kains an seinem Bruder Abel vergossene Blut (Bezug: Gen 4,10 EU),
  • die Sünde der Sodomiter in der biblischen Geschichte von der Bestrafung Sodom und Gomorras (Bezug: Gen 18,20 EU; 19,13 EU),
  • das Klagen des in Ägypten unterdrückten Volkes (Bezug: Ex 3,7–10 EU),
  • die Klagen von Fremden und Witwen und Waisen (Bezug: Ex 22,20–22 EU) sowie
  • der Lohn, der Arbeitern vorenthalten wird (Bezug: Dtn 24,14–15 EU; Jak 5,4 EU; in den biblischen Texten ist auf die damalige Situation bezogen von Tagelöhnern die Rede, der KKK spricht allgemeiner von Arbeitern).

Auch der Ausdruck „etwas stinkt zum Himmel“ hat hier seine Wurzeln.[3]

Weniger missverständlich als der traditionelle Ausdruck „Himmelschreiende Sünden“ ist die Formulierung Soziale Sünden, die zum Himmel schreien, den Papst Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben Ecclesia in America verwendet. Er meint damit Verhältnisse, die Gewalt erzeugen und den Frieden und die Harmonie zerstören und nennt im Einzelnen den Drogenhandel, die Geldwäsche, die Korruption in sämtlichen Bereichen, die Schrecken der Gewalt, die Aufrüstung, die Rassendiskriminierung, die Ungleichheit innerhalb der sozialen Schichten und die vernunftlose Zerstörung der Natur.[4]

Abgrenzungen

Weitere „Sündenkataloge“ neben den Himmelschreienden Sünden sind Aufzählungen der Haupt- oder Wurzelsünden[5], der Sünden wider den Heiligen Geist und der Fremden Sünden. Die „Schwere“ einer Sünde unterscheidet man nach Todsünden einerseits und lässlichen Sünden andererseits.

Literatur

  • Karl Golser: Soziale Sünden, die zum Himmel schreien. Eine vergessene, aber anscheinend jetzt wieder aktuelle Kategorie. In: Alberto Bondolfi, Hans J. Münk: Theologische Ethik heute. Antworten für eine humane Zukunft – Hans Halter zum 60. Geburtstag NZN-Verlag, Zürich 1999, ISBN 978-3858271310, S. 173–188 (online).
  • Karl Hörmann: Art. Sünde, in: Lexikon der christlichen Moral 1976, Sp. 1529-1544.

Einzelnachweise

  1. Vgl. etwa Introductorium artis grammaticae, Gent 1554, p. 37, Online; Johannes Gropper: Capita institutionis ad pietatem, Köln 1553, p. 121, Online; Karl August von Hase: Hutterus redivivus, Leipzig 11. A. 1868, 177, Online; August Hahn: Lehrbuch des christlichen Glaubens, Leipzig 1828, 417, Online; Julius August Ludwig Wegscheider: Institutiones theologiae Christianae dogmaticae, Halle 1829, 888, mit Verweis auf die dogmatischen Standardlehrbücher von Gerhard, Reinhard und Knapp, Onlline.
  2. KKK, Teil 3, Abschnitt 1, Kapitel 1, Artikel 8, Absatz 5, 1867
  3. Vgl. [1]
  4. Ecclesia in America, Nr. 56.
  5. KKK 1866

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