Hochintensiver fokussierter Ultraschall

Hochintensiver fokussierter Ultraschall

Hochintensiver fokussierter Ultraschall (englisch high intensity focused ultrasound, HIFU) ist eine medizinische Anwendung von Ultraschall, bei der durch gezielte Bündelung der Schallwellen Gewebe erhitzt und zerstört wird. Dieses therapeutische Verfahren wird auch als Ultraschallablation, fokussierte Ultraschallchirurgie (FUS) oder Pyrotherapie bezeichnet. Ein wichtiges Anwendungsfeld ist die Behandlung von Prostatakrebs. Die Nutzung bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen wurde in kleinen Studien erprobt.[1] [2][3][4][5][6]

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die ersten Untersuchungen über die nicht invasive Abtragung von Gewebe durch HIFU wurden von John G. Lynn und Kollegen 1942 publiziert.[7] Weitere wichtige Arbeiten zu dieser Behandlungsmethode stammen aus den 1950er und 1960er Jahren von William und Francis Fry.[8] Anfangs wurde HIFU überwiegend bei Gehirntumoren verwendet. Frank Fry behandelte damit später Patienten mit Parkinsonsyndrom und anderen neurologischen Erkrankungen.[9] Die HIFU-Verwendung in der Neurochirurgie wurde in den 1950er und 1960er Jahren intensiv erforscht, allerdings waren die Möglichkeiten durch praktische und technologische Beschränkungen begrenzt.[10][11][12][13] 1956 schlug Burov vor HIFU in der Krebsbehandlung zu verwenden.[14]

Funktionsweise

Beim HIFU-Verfahren werden Schallwellen mit Frequenzen im niedrigen Megahertz (MHz)-Bereich durch geeignete Krümmung des Transducers (Schallgebers) oder durch zeitversetzte Ansteuerung mehrerer kleiner Schallgeber in einem Fokus gebündelt, ähnlich wie ein Brennglas das Licht bündelt. Dieser Fokus befindet sich in einem Abstand von 1-20 cm vom Schallgeber. Die im Fokus entstehende Temperatur erreicht bis zu 90 °C. Bei dieser Temperatur wird das behandelte Gewebe zerstört. Aufgrund der ausgeprägten Bündelung der durch die Schallwellen übertragenen Energie bleibt jedoch das umliegende Gewebe intakt. Computersteuerung der Transducerposition hilft, das Risiko von Nebenwirkungen und Komplikationen zu reduzieren. Die Behandlung erfolgt in der Regel in Teilnarkose, auf Wunsch ist auch eine Vollnarkose möglich.

Behandlung von Prostatakrebs mit HIFU

In der Regel wird HIFU bei der Behandlung von Prostatakrebs in frühen Stadien eingesetzt. In den Enddarm wird ein Schallkopf eingeführt. Die Kopplung des Schallgebers mit der Schleimhaut wird mithilfe einer aus Wasser oder Gel bestehenden Vorlaufstrecke erreicht. Das Wasser bzw. das Gel wird konstant auf 5 °C gekühlt, damit der Darm nicht durch auftretende Wärme verletzt werden kann. Nutzt man Wasser als Vorlauf, dann muss dies vollständig entgast sein, da sonst kleine Luftblasen den Schall streuen. Ein Computer bestimmt dreidimensional den Behandlungsbereich und markiert diesen auf dem Ultraschallbild.

HIFU wird meist mit der transurethralen Operation kombiniert. Indikationen für eine HIFU-Therapie sind lokal begrenzter Prostatakrebs; Umstände, die gegen eine Operation sprechen (Alter, Begleiterkrankungen usw.); grundsätzliche Ablehnung einer Operation/Strahlentherapie/Hormontherapie; PSA ≤ 20. HIFU kann ebenfalls angewandt werden, wenn ein Tumor in der Prostata erneut auftritt (lokales Rezidiv), oder als palliative Therapie bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen.

Geschichte

Die HIFU-Therapie bei Prostatakrebs wurde erstmalig 1993 in Frankreich durchgeführt. Seit 1996 ist die Methode auch in Deutschland verfügbar. Bis zum Juli 2009 wurden in 218 HIFU Zentren weltweit 20.000, in Deutschland 6150 Therapien vorgenommen.

Hersteller von HIFU-Geräten

  • Ablatherm® Robotic HIFU wurde 1989 in Frankreich von Inserm (Französisches Nationales Institut der Medizinischen Forschung), dem Edouard-Herriot-Krankenhaus in Lyon und Fa. EDAP TMS entwickelt.
  • Sonablate® 500 wurde Anfang der 1990er Jahren für die Behandlung von benignen Prostatahyperplasie (BPH) in den Staaten von Focus Surgery entwickelt und später zur Behandlung von Prostatakrebs modifiziert.

Literatur

Einzelnachweise

  1. C. R. Hill, G. R. ter Haar: Review article: high intensity focused ultrasound–potential for cancer treatment. In: The British journal of radiology Band 68, Nummer 816, Dezember 1995, S. 1296–1303, ISSN 0007-1285. PMID 8777589. (Review).
  2. R. Yang, N. T. Sanghvi, F. J. Rescorla, K. K. Kopecky, J. L. Grosfeld: Liver cancer ablation with extracorporeal high-intensity focused ultrasound. In: European urology Band 23 Suppl 1, 1993, S. 17–22, ISSN 0302-2838. PMID 8513829. (Review).
  3. G. ter Haar: Focused ultrasound therapy. In: Curr Opin Urol Band 4, 1994, S. 89–92.
  4. F. Wu, Z. B. Wang, Y. D. Cao, W. Z. Chen, J. Bai, J. Z. Zou, H. Zhu: A randomised clinical trial of high-intensity focused ultrasound ablation for the treatment of patients with localised breast cancer. In: British journal of cancer Band 89, Nummer 12, Dezember 2003, S. 2227–2233, ISSN 0007-0920. doi:10.1038/sj.bjc.6601411. PMID 14676799. PMC PMC2395272.
  5. P. E. Huber, J. W. Jenne, R. Rastert, I. Simiantonakis, H. P. Sinn, H. J. Strittmatter, D. von Fournier, M. F. Wannenmacher, J. Debus: A new noninvasive approach in breast cancer therapy using magnetic resonance imaging-guided focused ultrasound surgery. In: Cancer research Band 61, Nummer 23, Dezember 2001, S. 8441–8447, ISSN 0008-5472. PMID 11731425.
  6. K. U. Köhrmann, M. S. Michel, J. Gaa, E. Marlinghaus, P. Alken: High intensity focused ultrasound as noninvasive therapy for multilocal renal cell carcinoma: case study and review of the literature. In: The Journal of urology Band 167, Nummer 6, Juni 2002, S. 2397–2403, ISSN 0022-5347. PMID 11992045. (Review).
  7. J. G. Lynn, R. L. Zwemer, A. J. Chick, A. E. Miller: A new method for the generation and use of focused ultrasound in experimental biology. In: The Journal of general physiology Band 26, Nummer 2, November 1942, S. 179–193, ISSN 0022-1295. PMID 19873337. PMC PMC2142058.
  8. W. J. Fry, W. H. Mosberg, J. W. Barnard, F. J. Fry: Production of focal destructive lesions in the central nervous system with ultrasound. In: Journal of neurosurgery Band 11, Nummer 5, September 1954, S. 471–478, ISSN 0022-3085. doi:10.3171/jns.1954.11.5.0471. PMID 13201985.
  9. F. J. Fry: Precision high intensity focusing ultrasonic machines for surgery. In: American journal of physical medicine Band 37, Nummer 3, Juni 1958, S. 152–156, ISSN 0002-9491. PMID 13545382.
  10. H. T. Ballantine, E. Bell, J. Manlapaz: Progress and problems in the neurological applications of focused ultrasound. In: Journal of neurosurgery Band 17, September 1960, S. 858–876, ISSN 0022-3085. doi:10.3171/jns.1960.17.5.0858. PMID 13686380.
  11. R. Warwick, J. Pond: Trackless lesions in nervous tissues produced by high intensity focused ultrasound (high-frequency mechanical waves). In: Journal of anatomy Band 102, Pt 3März 1968, S. 387–405, ISSN 0021-8782. PMID 4968493. PMC PMC1231478.
  12. P. P. Lele: Concurrent detection of the production of ultrasonic lesions. In: Medical & biological engineering Band 4, Nummer 5, September 1966, S. 451–456, ISSN 0025-696X.PMID 5975870.
  13. P. P. Lele: Production of deep focal lesions by focused ultrasound–current status. In: Ultrasonics Band 5, April 1967, S. 105–112, ISSN 0041-624X. PMID 6039539.
  14. A. K. Burov: High-intensity ultrasonic vibrations for action on animal and human malignant tumours. In: Dokl Akad Nauk SSSR Band 106, 1956, S. 239–241.
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