Hojjatieh

Hojjatieh

Die Hojjatieh-Gesellschaft (auch Ḥojjatiya, Hojatieh oder Hojatie) ist eine 1953 von Scheich Mahmud Halabi gegründete, halbgeheime, vielfach als extremistisch eingestufte schiitische iranische Organisation.[1]

Inhaltsverzeichnis

Ziele und Entwicklung

Bei Gründung der Organisation richtet sich diese insbesondere gegen die Bahai, später gegen die sunnitische Richtung des Islam, und - durch ihren Einfluss auf das iranische Staatsgefüge - neuerdings auch vehement gegen Sufis. Die Gruppierung erfuhr einen beträchtlichen Aufschwung anlässlich der islamischen Revolution von 1979, als der Schah Mohammad Reza Pahlavi entmachtet und vertrieben wurde. Die Hojjatieh war selbst im neuen Rechtssystem des Velayat-e Faqih (Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten) für Ruhollah Chomeini zu fanatisch und apokalyptisch, so dass er diese 1983 verbot.[2] Das Weltbild der Hojjatieh erscheint ausschließlich, antidemokratisch und zutiefst antiwestlich.[3] Seit 2005, durch die Wahl von Mahmud Ahmadinedschad, scheint die Hojjatieh wieder an Einfluss zu gewinnen.

Ideologische Grundauffassungen

Die verbreitete Auffassung der Ideologie der Hojjatieh ist, dass zunächst Chaos und Wirrnis gestiftet werden müssen, um die Wiederkunft des Mahdi, des Verborgenen Imam, zu beschleunigen. Nach einer unter einem Teil des schiitischen Klerus verbreiteten Vorstellung soll der Mahdi aus einem trockenen Brunnen in Jamkaran bei Qom entsteigen um seine Herrschaft anzutreten. Dafür wurde mit großem baulichem Aufwand eine Allee angelegt. Jamkaran soll als Pilgerstätte mittlerweile bedeutender sein als Mashhad. Die Wiederkehr des Verborgenen Imam wurde seitens der Anhänger der Hojjatieh für das Jahr 2007 unserer Zeitrechnung erwartet. In den 80er Jahren repräsentierte die Hojjatieh den amerikanischen Islam, in den 90er Jahren den reaktionären Islam und ab den 2000er Jahren stand sie der Ideologie von Mesbah Yasdi und Mahmud Ahmadinedschad nahe, so die oppositionelle Zeitung "roozonline".[4]

Vermutete Mitglieder

Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte bereits als Student Kontakte zur Hojjatieh.[5] Sein Mentor Ayatollah Mesbah Yazdi ist Mitglied, möglicherweise „de facto“ Kopf der Geheimgesellschaft Hojjatieh.[6] Von den 21 Mitgliedern des Kabinett Ahmadinedschad I sollen drei einen Hojjatieh-Hintergrund haben, neben Gholam Reza Aghazadeh der frühere Geheimdienstminister und jetzige Generalstaatsanwalt Gholam-Hossein Mohseni-Ejei und der ehemalige Innenminister Mostafa Pour-Mohammadi.[7]

Amir Taheri vermutet als graue Eminenz der Hojjatieh Mohammed Reza Mahdavi-Kani,[8] Ayatollah Ahmad Dschannati, Vorsitzender des Wächterrats, soll ebenso Mitglied sein, wie Gholam Reza Aghazadeh.[9] Die iranische Partei Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit steht, so die Vermutung von Taheri, der Hojjatieh nahe.[10] Amir Taheri spricht weiterhin von einem oligarichischem Netzwerk der Hojjatieh, das 400 Freitagsprediger des Iran umfasst. Ali Meshkini leitete zusammen mit dem Freitragsprediger von Teheran, Kashani, das Zentralkomitee der Mullahs. Die Oligarchie würde den 20.000 Studenten der Theologie ein Stipendium anbieten.[11]

Zitate

„Das Hauptanliegen unserer Revolution ist es, den Weg für die Wiederkunft des Zwölften Imam, des Mahdi, zu bahnen. [...] Deshalb sollte der Iran eine mächtige, entwickelte islamische Modell-Gesellschaft werden. [...] Heute sollten wir unsere wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Strategien basierend auf dem Grundsatz der Wiederkehr des Mahdi definieren. Wir sollten es vermeiden, die Politiken und die Systeme des Westens zu kopieren.“ (Mahmud Ahmadinedschad in einer Rede vor Freitagnacht-Betenden) [12]
„Jene, die die Revolution während der Zeit des Imam Chomeini als Abweichung betrachteten, halten nun die Werkzeuge des Terrors und der Unterdrückung in Händen. [...] Die oberflächlich denkenden Traditionalisten mit ihrer steinzeitlichen Rückständigkeit haben jetzt eine mächtige Organisation hinter sich.“ (Mohammad Chātamī, Amtsvorgänger von Mahmud Ahmadinedschad) [13]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Encyclopædia Iranica
  2. Extremist Society's Resurgence Underlines System's Drawbacks, (Globalsecurity.org, 20. Januar 2003)
  3. Ilan Berman: Understanding Ahmadinejad, 1. Juni 2006
  4. roozonline.com vom 29. Oktober 2010 Hojatieh Society: 57 Years in the Shadow
  5. Kasra Naji: Ahmadinejad. The secret history of Iran´s radical Leader. Berkeley: University of California Press, 2008. ISBN 978-0-520-25663-7. Seite 15
  6. Ilan Berman: Understanding Ahmadinejad, 1. Juni 2006
  7. Asia Times.com vom 9. September 2005 Shi'ite supremacists emerge from Iran's shadows
  8. Amir Taheri: freerepublic.com vom 9. Januar 2006 Who rules Iran? (HOJATIEH explaned)
  9. Amir Taheri: The Persian Night: Iran Under the Khomeinist Revolution, 2008 Seite 273
  10. Amir Taheri: freerepublic.com vom 9. Januar 2006 Who rules Iran? (HOJATIEH explaned)
  11. Amir Taheri: freerepublic.com vom 9. Januar 2006 Who rules Iran? (HOJATIEH explaned)
  12. jihadwatch.org, 17. November 2005
  13. Asia Times.com vom 9. September 2005 Shi'ite supremacists emerge from Iran's shadows

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