Hollyschule

Hollyschule

Die Schwesternschule der Universität Heidelberg war eine Modelleinrichtung zur Weiterentwicklung der Krankenpflegeausbildung in Deutschland. Sie wurde insbesondere auch unter ihrem Spitznamen „Hollyschule“ weit über die Grenzen Heidelbergs und Deutschlands zum Begriff.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die Schwesternschule der Universität Heidelberg entstand 1953 auf Initiative und mit Unterstützung der US-Regierung und der amerikanischen Rockefeller- und McCloy-Stiftungen. Die Initiative geht auf die späten 1940er Jahre zurück. Die genannten Einrichtungen hatten es sich zur Aufgabe gemacht, Krankenpflege in Europa aufzuwerten und Studienmöglichkeiten auf Hochschulebene einzurichten. In Heidelberg fiel diese Absicht auf fruchtbaren Boden. Freiin Olga von Lersner, zu der Zeit Oberin der Ludolf von Krehl-Klinik und Leiterin der dortigen Krankenpflegeschule und Karl Heinrich Bauer, Rektor der Universität Heidelberg, begannen mit der Planung einer entsprechenden Einrichtung. Die Unterstützung durch die Rockefeller-Stiftung war an verschiedene Bedingungen geknüpft. So sollte unter anderem: - die Schule der medizinischen Fakultät angegliedert sein - die Schülerinnen sollten gegenüber dem Klinikum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet sein - die Ausbildung sollte drei Jahre dauern - theoretischer Unterricht und Praxiseinsätze sollten von der Schule geplant und überwacht werden - Krankenpflege und öffentliche Gesundheitsfürsorge sollten von einer ausreichenden Zahl von entsprechend ausgebildeten Lehrern vermittelt werden - auch die Lehrer-Weiterbildung sollte an der Schwesternschule durchgeführt werden. Schon 1948 stimmte die Universität Heidelberg diesen Bedingungen zu. Wenn auch eine Integration in den Forschungs- und Lehrbetrieb der Universität in der Folge an zahlreichen Widerständen (nicht zuletzt aus der eigenen Berufsgruppe) scheiterte, konnte doch die Schwesternschule im Mai 1953 den Lehrbetrieb aufnehmen als experimentelle Schule mit einer dreijährigen Grundausbildung in Krankenpflege und öffentlicher Gesundheitsfürsorge. Die Ausbildung war orientiert an internationalen Ansprüchen und sollte den Berufsstand für interessierte junge Frauen attraktiver machen sowie neue Konzepte in Kliniken vorbereiten. Schon Mitte der 1950er Jahre entstand das zweite Standbein der Schule: die Weiterbildung zur Unterrichtsschwester. Als am 1. April 1953 der erste Grundkurs mit der Krankenpflegeausbildung begann, wies das Curriculum viele innovative Elemente auf, die nach und nach in die jeweilige Novellierung des Krankenpflegegesetzes integriert wurden; die Schwesternschule war somit Schrittmacher in der Ausbildung der Krankenpflege in der Bundesrepublik Deutschland. So wurde z. B. bereits 1953 ein drittes Ausbildungsjahr konzipiert, welches noch bis 1957 freiwillig war. Erst im Krankenpflegegesetz von 1965 wurde das Examen am Ende der drei Jahre dauernden Ausbildung festgeschrieben.

Internationale Ausrichtung in Theorie und Praxis

Bereits in der Ära Grauhan (1962 bis 1971) wurden Unterrichtssequenzen in englischer Sprache gehalten. So diente das Fachenglisch auch als Vorbereitung auf den Wahleinsatz im dritten Ausbildungsjahr, der Schülerinnen seit Mitte der siebziger Jahre in die ganze Welt zieht. Alternativ zum Wahleinsatz konnten die Schüler von 1995 bis 2005 am dreimonatigen Socrates-Erasmus-Austauschprogramm für Studenten der EU teilnehmen. Im Mai 1995 erhielt die Schwesternschule die offizielle Anerkennung als 5. Mitglied im Netzwerk von Partnerinstitutionen (Athen, Lyon, Oxford, Stockholm). Im Jahre 2003 hatte die Krankenpflegeschule am Inselspital in Bern (Schweiz) in Anlehnung an dieses Programm Verträge mit der Schwesternschule abgeschlossen. Je Institution standen zwei Plätze für die „outgoing students“ und zwei Plätze für die „incoming students“ bereit, die rege genutzt wurden. Der Austausch beinhaltete sowohl praktische Einsätze in den Kliniken, als auch Teilnahme an Vorlesungen und Seminaren. Ebenso erfolgten einwöchige Hospitationen der beteiligten Lehrer.

Pflegetheorie

Bereits in den 1950er Jahren unter der Schulleitung von Antje Grauhan wurde die Auseinandersetzung mit Pflegetheorien, größtenteils aus dem angloamerikanischen Sprachraum, begonnen. Zunächst orientierte sich das Curriculum vor allem an Virginia Henderson. Bald kamen Erweiterungen und Ergänzungen durch andere Theorien, insbesondere von Nancy Roper, Dorothea Orem, Madeleine Leininger und Hildegard Peplau. Heute ist die Auseinandersetzung mit Pflegetheorie und -forschung aus den Lehrplänen der Gesundheits- und Krankenpflegeschulen nicht mehr wegzudenken.

Schülermitbestimmung

Mitverantwortung und Mitbestimmung der Schülerinnen war von Anfang an ein wichtiges Anliegen der Schwesternschule. Institutionalisiert waren der sogenannte „Gemeinsame Ausschuß“, in dem Schüler und Lehrer in regelmäßigen Sitzungen gemeinsame Fragen diskutierten und klärten. Bedarfsabhängig wurde mehrmals jährlich ein Plenum mit allen Schülern, Weiterbildungsteilnehmern und Lehrern abgehalten. In Einzel-Reflexionsgesprächen und in regelmäßigen Kursauswertungen wurden die Kritikpunkte und Anregungen der Schüler zur Ausbildung erfragt. Ferner nahmen die Schüler des zweiten Ausbildungsjahres an den Bewerbungsgesprächen teil. Als „Vorkursassistenten“ konnten immer wieder jeweils zwei Schüler des dritten Jahres im Lehrerkollegium an der Vorbereitung und Durchführung des neuen Kurses teilnehmen.

Lehr- und Lernmethoden

Regelmäßige Studienzeiten, Hausarbeiten, Projekte und andere Mittel förderten das selbständige und eigenverantwortliche Lernen der Schüler. Durch die enge Verzahnung mit der Lehrerweiterbildung wurden die jeweils aktuellsten Unterrichtskonzepte und -methoden einbezogen. Hierzu zählten unter anderem der handlungsorientierte Unterricht, das problembasierte Lernen und der erfahrungsbezogene Unterricht.

Ausblick

Am 1. Januar 2004 ist das neue Krankenpflegegesetz in Kraft getreten. Im § 1 wird das Führen der Berufsbezeichnung „Gesundheits- und Krankenpflegerin beziehungsweise Gesundheits- und Krankenpfleger“ geregelt. Mit dieser neuen Berufsbezeichnung wird dem hohen Stellenwert der Gesundheitsförderung in der Ausbildung Rechnung getragen. Die neue Ausbildungs- und Prüfungsverordnung löst zudem den strengen Fächerkanon auf und fördert unter anderem das eigenständige Lernen, wie es an der Schwesternschule seit Beginn gefördert wurde. Mit dem Kurs 2005 wurde das Modell „generalistische Ausbildung“ begonnen: im Rahmen eines Modellversuchs qualifizieren sich die Schüler in der Pflege von Menschen aller Altersgruppen.

Mit Wirkung vom 1. August 2006 hat das Regierungspräsidium Karlsruhe die Fusion mit der Gesundheits- und Krankenpflegeschule genehmigt. Die generalistische Modellausbildung wird in der Akademie für Gesundheitsberufe Heidelberg gGmbH in der bisherigen Form vorerst weitergeführt. Das Gebäude der Schwesternschule wartet auf neue Nutzung, der Lehrbetrieb findet in den Räumen des Heidelberger Heinsteinwerks statt.


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