Karl Heinrich Bauer

Karl Heinrich Bauer

Karl Heinrich Bauer (* 26. September 1890 in Schwarzdorf bei Mitwitz in Oberfranken; † 7. Juli 1978 in Heidelberg) war ein deutscher Mediziner, Professor an der Universität Breslau und an der Universität Heidelberg, deren erster Rektor zur Wiedereröffnung nach dem Zweiten Weltkrieg er wurde.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karl Heinrich Bauer studierte Medizin in Erlangen, Heidelberg und München. Sein Staatsexamen und die Promotion zum Doktor der Medizin legte er 1914 in Würzburg ab. Er war Mitglied der Burschenschaft der Bubenreuther zu Erlangen.

Im Ersten Weltkrieg diente Bauer als Truppenarzt. 1918 ging er an das Pathologische Institut in Freiburg im Breisgau, wo er als Assistent von Ludwig Aschoff tätig war. 1923 habilitierte er sich in Göttingen. Im weiteren Verlauf seiner wissenschaftlichen Karriere widmete er sich hauptsächlich der Krebsforschung. 1928 veröffentlichte er die Mutationstheorie der Geschwulstbildung, die erstmals die Entstehung von Krebserkrankungen erklären sollte. Drei Jahre zuvor (1925) hatte er mit der Abhandlung Rassenhygiene. Ihre biologischen Grundlagen ein populärwissenschaftliches Werk veröffentlicht, das ihm später in der Bundesrepublik zu Unrecht den Vorwurf einbrachte, er wäre ein Befürworter der NS-Rassenlehre gewesen. 1932 erhielt Bauer einen Ruf an die Universität Breslau. Einer seiner Schüler während seiner Zeit in Breslau war Hans Gummel, der 1972 mit dem Zentralinstitut für Krebsforschung in Berlin-Buch die wichtigste Einrichtung in der DDR für die Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen gründete.

Nach der NS-Machtübernahme unterschrieb Bauer zum 11. November 1933 das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.[1]

Während der NS-Zeit hatte Bauer wegen seiner jüdischen Frau immer wieder Schwierigkeiten. 1934 publizierte in der Fachzeitschrift Der Chirurg einen Beitrag, in dem er „zur Ausmerze von Erbübeln“ eine „Unfruchtbarmachung schwer Erbkranker“ befürwortete.[2] Am 1. Januar 1943 übernahm Bauer die Leitung der Chirurgischen Klinik der Heidelberger Universität und wurde Beirat der neu gegründeten Deutschen Gesellschaft für Konstitutionsforschung.[3] 1944 gehörte er dem wissenschaftlichen Beirat Karl Brandts, des Generalkommissars für das Sanitäts- und Gesundheitswesen, an.[3]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Einmarsch der Amerikaner wurde die Universität geschlossen. Bauer war zusammen mit Karl Jaspers treibende Kraft hinter der Wiedereröffnung der Universität am 15. August 1945, deren erster Nachkriegsrektor er wurde.[4] Bereits 1944 an Darmkrebs erkrankt, musste er sich aufgrund der Verschlechterung seines Zustandes 1946 vom Rektorat zurückziehen, um sich mehreren Operationen zu unterziehen, und rechnete ernsthaft mit der Möglichkeit seines baldigen Todes. Er gesundete jedoch und konnte sein Wirken als Chirurg und Chefarzt sowie seine Lehr-, Forschungs- und Organisationstätigkeit wieder aufnehmen. 1949 veröffentlichte er Das Krebsproblem, eine Zusammenfassung der Probleme und Lösungen in der onkologischen Forschung. Er organisierte mehrere große Kongresse, so 1952 und 1958 die Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, deren Präsident er war und die seit 1981 alle drei Jahre den Karl-Heinrich-Bauer-Preis für Chirurgische Tumorforschung verleiht,[5] sowie die 100. Tagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte 1958 in Wiesbaden, auf der Karl Jaspers einen Vortrag Der Arzt im technischen Zeitalter hielt.[6]

In der Sowjetischen Besatzungszone wurde die von Bauer zusammen mit Felix von Mikulicz-Radecki verfasste Schrift Die Praxis der Sterilisierungs-Operationen (J. A. Barth, Leipzig 1936) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[7]

Besondere Leistungen

Karl Heinrich Bauer war einer der Gründer des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ, 1962) in Heidelberg. Auf seinen Forschungen beruht maßgeblich die moderne Onkologie. Außerdem sorgte er für die Modernisierung des deutschen Rettungsdienstes. Die Entwicklung des Klinomobils, eines fahrenden Operationssaales, geht auf ihn zurück. Bauer setzte sich auch vehement für die Gurtpflicht im Auto und für ein allgemeines Tempolimit ein.

Würdigungen

  • Bauer war Träger etlicher Preise und Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften.
  • Nach ihm ist die gleichnamige Karl-Heinrich-Bauer-Medaille benannt, die seit 1994 von der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. für besondere Verdienste in der Krebsforschung verliehen wird.
  • Alle drei Jahre wird der mit 4000 Euro dotierte Karl-Heinrich-Bauer-Preis von der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie vergeben.
  • Mitglied der Leopoldina (seit 1952)

Literatur

  • Wilhelm Doerr: Karl Heinrich Bauer in seinen Arbeiten. In: Heidelberger Jahrbücher. 35, 1991, ISSN 0073-1641, S. 113–132.
  • Eike Wolgast: Karl Heinrich Bauer. Der erste Heidelberger Nachkriegsrektor. Weltbild und Handeln 1945–1946. In: Jürgen C. Heß, Hartmut Lehmann, Volker Sellin (Hrsg.): Heidelberg 1945. Steiner, Stuttgart 1996, ISBN 3-515-06880-5, S. 107–129 (Transatlantische historische Studien 5).
  • Barbara Zimmermann: Karl Heinrich Bauer. In: Badische Biographien. NF 3, 1990, ISSN 0940-2640, S. 23f.
  • Renato de Rosa: Der Neubeginn der Universität 1945. Karl Heinrich Bauer und Karl Jaspers. In: Semper Apertus. Sechshundert Jahre Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1386-1986, Bd. 1-6, hg. von Wilhelm Doerr u. a. Springer, Berlin u. a. 1985, hier Bd. 3, S. 544-568. ISBN 3-540-15425-6
  • Briefwechsel 1945-1968. K. H. Bauer & Karl Jaspers, hg. von Renato de Rosa. Springer, Berlin u. a. 1983 ISBN 3-540-12102-1
  • K. H. Bauer (Hrsg.): Vom neuen Geist der Universität. Dokumente, Reden und Vorträge 1945/46. Springer, Berlin Heidelberg 1947.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. siehe Weblinks
  2. Vollständiges Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 31.
  3. a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich.. Fischer Taschenbuch 2005, S. 31.
  4. Vgl. K. H. Bauer (Hrsg.): Vom neuen Geist der Universität (s. unten Literatur).
  5. Vergabekriterien Karl-Heinrich-Bauer-Preis der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
  6. In: Klinische Wochenschrift 36, 1958, Heft 22.
  7. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-b.html

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