Ingenieurschule Eisleben

Ingenieurschule Eisleben
Ingenieurschule Eisleben, 2010

Die Ingenieurschule Eisleben ist der direkte Nachfolger der Bergschule Eisleben. Der starke Rückgang des Bergbaus in Europa, der auch vor der DDR nicht Halt machte, zwang Ende der sechziger Jahre zu Überlegungen über das künftige Schicksal der traditionsreichen Bildungseinrichtung. Im Hinblick auf die stürmische Entwicklung der Mikroelektronik und Computertechnik und unter Berücksichtigung der stark erweiternden Fachrichtung Bergelektrotechnik der Schule fasste die Regierung 1968 den Beschluss, die Bergschule Eisleben zu einer Ingenieurschule für Elektrotechnik und Maschinenbau (Ingenieurschule Eisleben) umzuprofilieren und die bergmännische Ausbildung auslaufen zu lassen. 1971 verließen als letzte Absolventen Bergingenieure des Fernstudiums die Schule.

Inhaltsverzeichnis

Das neue Profil der Schule 1971

  • 9 Seminargruppen Elektronik im Direktstudium
  • 6 Seminargruppen Ing.-Ökonomen für Elektrotechnik im Direktstudium
  • 3 Seminargruppen Elektronik im Fernstudium
  • 2 Seminargruppen Ing.-Ökonomen für Elektrotechnik im Fernstudium
  • 3 Seminargruppen Fachingenieure und Fachökonomen
  • 38 Seminargruppen an Außenstellen, vor allem im Fernstudium
  • Seminargruppen für Techniker der Informatik
  • Seminargruppen für Betriebswirte


Mit großer Einsatzbereitschaft der an der Schule verbleibenden Lehrkräfte und mit vielen Neueinstellungen formierte Direktor Prof. Dr. Leithold einen fachlich hochqualifizierten und aus vielen promovierten Dozenten bestehenden Lehrkörper, der mit einer für DDR Verhältnisse hervorragenden technischen Ausrüstung Ingenieure für Elektrotechnik/Elektronik, Maschinenbau und Ingenieurökonomen sowie Materialwirtschaftler ausbildete, die von der Industrie des Landes wegen ihrer guten Ausbildung gern eingestellt wurden und einen beträchtlichen Anteil am sog. "Mikroelektronikprogramm der DDR" hatten. Hinzu kamen postgraduale Studiengänge auf den Gebieten der Mikroelektronik, des Arbeitsschutzes, der Arbeitsgestaltung und Arbeitssicherheit sowie der Informatik. Eine Fülle von Weiterbildungslehrgängen, von national beachteten Fachtagungen und die Mitwirkung im Ingenieurverband "Kammer der Technik" runden das fachliche Profil dieser Jahre ab. Die Kapazität der Schule betrug ca. 5000 Studenten (Direkt-, Fern- und Abendstudium).

Außenstellen

Außenstellen wurden unter anderem eingerichtet in den Betrieben Starkstromanlagenbau Berlin, Elektroprojekt Berlin, KWO Berlin, Funkwerk Köpenick, Robotron, Zentronik u.a.

Studienform

Die Ingenieurschule bildete ihre Absolventen im Fernstudium und Direktstudium aus. Ein Direktstudium dauerte drei Jahre, das letzte (sechste) Semester wurde in der Praxis - in der Regel im späteren Anstellungsbetrieb - durchgeführt.

Für die Direktstudenten gab es eigene Internate

-Internat Wolferöder Weg

-Internat Friedrichsberg (ehemaliges Fremdarbeiterlager Neue Krughütte)

Voraussetzungen zum Studium

Voraussetzungen zur Immatrikulation waren:

  • gute Leistungen beim Abschluss der 10. Klasse
  • gute Leistungen beim Facharbeiterabschluss
  • 1 bis 2 Jahre Facharbeiterpraxis (Ausnahmen bei Berufsausbildung mit Abitur)

Voraussetzung für die Immatrikulation in die Technikerausbildung

  • sehr gute Leistungen beim Abschluss der 10. Klasse da quasi ein Fachabitur Bestandteil der Ausbildung war

Trotz der strengen Auswahlkriterien lag die Exmatrikulationsrate bei ca. 20 Prozent. (meist aber nur in der Grundstudienphase im 1. Studienjahr)

Beratungs- und Informationsstelle für Mikroelektronik

Eine zunächst im Rahmen der Kammer der Technik (KdT) gegründete Beratungs- und Informationsstelle Mikroelektronik trug in den Jahren von 1973-1990 durch ihre industriebezogene Forschung wesentlich zum guten fachlichen Ruf der Schule bei, die einige tausend Absolventen für die elektrotechnisch-elektronische Industrie und für alle Bereiche der Datenverarbeitung ausbildete.

Nach der Wende lief diese Ausbildung im Juli 1993 mit der Exmatrikulation der letzten Ingenieure aus.

1994 wurden die letzten Techniker nach dem DDR Ausbildungslehrplan und einem abschließenden einjährigen Praktikum exmatrikuliert.

Liquidierung der ältesten Ingenieurschule Deutschlands

Bei der Neuordnung der Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt Anfang der 90er Jahre fand die älteste Ingenieurschule Deutschlands trotz anerkanntem sehr hohem Niveaus, vorhandener Räumlichkeiten und weiterer sehr guter Voraussetzungen keinerlei Berücksichtigung. Dafür wurde in nur ca. 80 Kilometer Entfernung eine Fachhochschule ähnlichen Profiles neu gegründet. Diese liegt aber im Wahlkreis des damaligen Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt.

Entsprechend dem Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt wurde die ehemalige Ingenieurschule zur Fachschule für Technik und Wirtschaft, die in einem zweijährigen Direktstudium staatlich geprüfte Techniker für Elektronik, Maschinenbau und Informatik sowie staatlich geprüfte Betriebswirte ausbildet. 1993 verlor die Schule, nach 195 Jahren, auch ihre juristische Selbstständigkeit.

Die Trauer und das Entsetzen über die Zerschlagung der traditionsreichen Einrichtung brachte der letzte Ingenieurjahrgang mit einer Anzeige am Tage der Exmatrikulation, der zufällig auf den Tag des 195. Geburtstages der Schule fiel, zum Ausdruck.

Anzeige aus der Mitteldeutschen Zeitung vom 14. Juli 1993

Im Anschluss an das Ingenieurstudium bot das Land Sachsen-Anhalt an, ein 1 jähriges Ausbaustudium an der neu gegründeten FH Anhalt am Standort Köthen zu absolvieren. Diese endete mit der Berufsbezeichnung Dipl. - Ing. (FH) und wurde von den meisten der letzten Absolventen angenommen.

Hoffnungen auf den Aufbau einer Berufsakademie zerschlugen sich, da keinerlei Unterstützung für das Modell einer Berufsakademie noch für den Standort von Seiten der jeweiligen Landesregierungen vorhanden war.

Das Gebäude ist nun Teil der Berufsbildenden Schulen des Landkreises Mansfelder Land.

Literatur

  • Boltz, Gerhard et al: Geschichte der Bergschule/Ingenieurschule Eisleben 1928-1990, Halle/Saale: Gursky, 1998, ISBN 3-929389-22-3
51.52416666666711.553888888889

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eisleben — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Ingenieurschule — Höhere technische Bildung Polytechnikum (ab 1794) Technische Hochschule (19./20 Jh.) Technische Universität (20./21. Jh.) Technische Fachhochschule (20./21. Jh.) Lehr und Versuchsanstalt  (19.–21. Jh.) …   Deutsch Wikipedia

  • Bergschule Eisleben — Postkarte mit Ansicht der Eisleber Bergschule Die Bergschule Eisleben war eine Bildungseinrichtung für technische Grubenbeamte, die auf die Initiative der kurfürstlich sächsischen Regierung hin am 14. Juli 1798 in Eisleben im südlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Lutherstadt Eisleben — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Martin-Luther-Gymnasium Eisleben — Martin Luther Gymnasium Schulform Gymnasium Gründung 1546 Ort …   Deutsch Wikipedia

  • ISE — hat folgende Bedeutungen: Name eines Flusses in Niedersachsen, siehe Ise (Fluss) Name einer Stadt in Japan, siehe Ise (Mie) Name einer ehemaligen japanischen Provinz, siehe Provinz Ise Name japanischer Kriegsschiffe, u. a. Schlachtschiff Ise der… …   Deutsch Wikipedia

  • Horst Jäger (Autor) — Horst Jäger (* 24. März 1928 in Eisenach; † 30. Dezember 2009 in Meiningen) war ein deutscher Schriftsteller. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen und Ehrungen 3 Werke …   Deutsch Wikipedia

  • Ise — steht für: einen Fluss in Niedersachsen, siehe Ise (Fluss) eine Stadt in Japan, siehe Ise (Mie) eine ehemalige japanische Provinz, siehe Provinz Ise japanische Kriegsschiffe, u. a. Schlachtschiff Ise (1917) den Ise Schrein, das höchste… …   Deutsch Wikipedia

  • Petra Enders — (* 24. Dezember 1965 in Ilmenau) ist eine deutsche Politikerin (Die Linke). Seit 2004 ist sie Mitglied des Thüringer Landtags. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Beruf 2 Abgeordnete 3 Einzelnach …   Deutsch Wikipedia

  • Klaus Rauber — (* 13. Juli 1940 in Magdeburg) ist ein ehemaliger deutscher Politiker. Leben Nach dem Abschluss eines Maschinenbaustudiums an der TU Dresden als Diplom Ingenieur arbeitete Klaus Rauber von 1970 bis 1990 als Dozent für Konstruktionstechnik an der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”