Insektengiftallergie

Insektengiftallergie
Im Gegensatz zu den anderen Insekten hat der Stachel einer Honigbiene kleinste Widerhaken. Dadurch wird in der elastischen menschlichen Haut der gesamte Stechapparat mitsamt der Giftblase aus dem Hinterleib des Insekts herausgerissen. Ein durch einen Nevenknoten gesteuerter Muskel pumpt dann den gesamten Blaseninhalt in die Stichwunde.

Unter einer Insektengiftallergie versteht man allergische Reaktionen auf Insektengifte. Solche kommen vorwiegend nach Stichen von Honigbienen, Wespen, seltener auch Hornissen und Hummeln vor. Diese Insekten haben eine spezielle Verteidigungsstrategie entwickelt, bei der nur die Weibchen mit einem Giftstachel eine artspezifische Giftmischung unter die Haut spritzen. Entwicklungsgeschichtlich war der Stachel zunächst eine Legeröhre von weiblichen Insekten zur Eiablage, erst später diente er durch Kopplung an Giftdrüsen als Waffe zur Verteidigung. Bei Arbeiterinnen, also unfruchtbaren Weibchen staatenbildender Insekten, dient der Stachel jetzt nur noch als Waffe.

Es gibt auch Ameisenarten die stechen können, beispielsweise die Große Knotenameise.[1] In seltenen Fällen kann auch ein solcher Stich eine allergische Reaktion auslösen.[2]

Inhaltsverzeichnis

Allergene

  • Bienengift enthält u.a. Phospholipase A, Mellitin und Hyaluronidase; diese drei Substanzen stellen die wichtigsten Allergene bei der Bienengiftallergie dar.
  • Wespengift besitzt als Hauptallergene die Hyaluronidase, die Phospholipase A sowie die Wespen-spezifische Phospholipase B.

Da ein Teil des Allergenspektrums zwischen Bienen und Wespen überlappt, können bei einzelnen Allergikern gleichzeitig allergische Reaktionen sowohl nach Bienen- als auch nach Wespenstichen ausgelöst werden. Das Allergenspektrum der Hornissen entspricht weitgehend dem der Wespen.

Während zur Entwicklung einer Sensibilisierung gegenüber Pollen, Tierhaaren oder Hausstaubmilben, eine genetische Bereitschaft (Atopie) vorhanden sein muss, ist diese Vorbedingung zum Erwerb einer Insektengiftallergie nicht notwendig. Der Weg zur Sensibilisierung geht bei Insektengiften unter Umgehung des in der Haut (und Schleimhaut) gelegenen Immunsystems (Injektionsallergen).

Klassifikation allergischer Insektenstichreaktionen

  • Grad 0 - schwere Lokalreaktion: lokale Schwellung größer als eine Handfläche
  • Grad I - leichte Allgemeinreaktion: generalisierte Nesselsucht, Juckreiz, Übelkeit, Angst.
  • Grad II - mäßige Allgemeinreaktion: beliebige Symptome aus Grad I und mindestens zwei der folgenden: Schwellungen der Lippen und Augenlider, Engegefühl im Brustkorb, auch mit Atemnot, Bauchbeschwerden, wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, sowie Schwindel.
  • Grad III - schwere Allgemeinreaktion: beliebige Symptome aus Grad II und mindestens zwei der folgenden: Schluckbeschwerden, Heiserkeit, verwaschene Sprache, Benommenheit, Schwächegefühl, Todesangst.
  • Grad IV - Anaphylaxie (Schockreaktion): beliebige Symptome aus Grad III, II und I sowie mindestens zwei der folgenden: Blauverfärbung der Lippen, Blutdruckabfall, Kollaps, unwillkürlicher Stuhl- und Urinabgang, Bewusstlosigkeit.

In Deutschland sterben jährlich ca. 10 bis 20 Personen an überschießenden allergischen Reaktionen in der Folge von Insektenstichen, wobei allerdings von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen wird.[3]

Diagnose

Um herauszufinden, auf welches Insektengift der Patient reagiert, werden nach einer ausführlichen Anamnese diverse Haut- und Bluttests durchgeführt.[4]

Therapie

Da Insektengift-Allergien potentiell lebensbedrohlich verlaufen können, ist es wichtig, dass alle Stichreaktionen, bei denen zu einer maximal handflächengroßen Schwellung noch weitere Reaktionen (wie zum Beispiel Atemnot, Bauchbeschwerden, Schwindel, Kreislaufprobleme oder gar Bewusstlosigkeit) aufgetreten sind, durch einen Facharzt für Allergologie allergologisch abgeklärt werden.

Bei dem Vorliegen einer Bienengift- oder Wespengiftallergie ist das Mitführen einer „Notfall-Apotheke“ erforderlich (diese enthält in der Regel ein (flüssiges) Antihistaminikum, ein (flüssiges) Kortison-Präparat sowie ein Adrenalin-haltiges Medikament (in Form eines Sprays oder einer Fertigspritze).

Die Behandlung einer Insektengiftallergie erfolgt durch eine spezifische Immuntherapie, auch Hyposensibilisierung genannt. Sie benötigt in der Regel drei bis fünf Jahre und zeigt sehr gute Ansprechraten von über 90 % Schutz. Beim Vorliegen einer Insektengiftallergie sollten besonders gefährdete oder besonders besorgte Allergiker auch eine „Schnell-Hyposensibilierung“ in Erwägung ziehen, bei der das Therapieziel innerhalb weniger Tage bis Wochen erzielt werden kann. Eine solche Therapie muss aufgrund des deutlich erhöhten Therapie-Risikos durch erfahrene Allergologen in einer Klinik durchgeführt werden, damit Spezialisten bei einer anaphylaktischen Reaktion sofort optimal eingreifen können.

Als „natürliches Modell“ einer Hyposensibilisierung können die Imker gelten: auch sie erwerben durch regelmäßige und in kurzen Abständen erhaltene Bienenstiche eine spezifische Toleranz gegenüber Bienengift. Dennoch ist selbst bei ihnen eine spontane, allergische Reaktion nicht auszuschließen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ameisenwiki: Artikel über die Große Knotenameise (''Manica_rubida''). Ameisenwiki.de. Abgerufen am 3. Juli 2010.
  2. Seebach JD, Bucher Ch, Anliker M, Schmid-Grendelmeier P, Wüthrich B.: http://www.smw.ch/docs/archive/2000/130-47-205-00.html Ameisengift: eine seltene Ursache für allergische Reaktionen in der Schweiz.] Schweiz Med Wochenschr 2000;130:1805–13.
  3. Gefährdung durch eine Insektengiftallergie. Hornissen-hummeln.de. Abgerufen am 3. Juli 2010.
  4. ECARF-Allergieportal zum Thema Insektengiftallergie. Ecarf.org. Abgerufen am 3. Juli 2010.
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