Insolvenzverfahren

Insolvenzverfahren

Schuldner, die akut zahlungsunfähig sind, die durch mangelnde Liquidität von Zahlungsunfähigkeit bedroht oder überschuldet sind, können gemäß Insolvenzrecht einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Man unterscheidet zwischen einem Insolvenzverfahren für Unternehmen, dem Regelinsolvenzverfahren, und dem vereinfachten Verfahren zur Verbraucherinsolvenz für natürliche Personen. Die Anmeldung zum Insolvenzverfahren hat beim Amtsgericht zu erfolgen, welches als Insolvenzgericht fungiert. Die Kosten für das Insolvenzverfahren decken die Schuldner; Meldungen zur Regelinsolvenz werden öffentlich bekanntgegeben.

Das Ziel eines Insolvenzverfahrens ist es, entweder die Zahlungsfähigkeit wieder herzustellen oder die Situation geordnet abzuwickeln, bei Unternehmen durch Auflösung, bei natürlichen Personen letztlich durch Restschuldbefreiung nach einer sechsjährigen Wohlverhaltensphase. Während des Insolvenzverfahrens wird das Vermögen bzw. bei natürlichen Personen zudem das pfändbare Einkommen unter die Verwaltung eines Treuhänders, des so genannten Insolvenzverwalters gestellt. Die rechtlichen Grundlagen zum Insolvenzverfahren sind in der Insolvenzordnung (InsO) festgelegt. Sowohl das Regelinsolvenzverfahren wie auch die Verbraucherinsolvenz laufen dabei in drei Schritten ab.

Inhaltsverzeichnis

Antragsberechtigte

Zur Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind sowohl die Schuldner selbst als auch die Gläubiger berechtigt, wenn der Gläubiger des Insolvenzverfahrens bedarf, um seine Forderungen auszugleichen und wenn seine Forderungen wie auch der Eröffnungsgrund gegenüber dem Schuldner glaubhaft gemacht sind. Als Gründe für einen Insolvenzantrag durch den Gläubiger gelten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, bei juristischen Personen auch die Überschuldung. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit, also sofern abzusehen ist, dass der Schuldner seine Zahlungsverpflichtungen in der nächsten Zeit nicht aus eigener Kraft decken kann, darf nur der Schuldner das Insolvenzverfahren eröffnen[1].

Bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit sind jedes Vorstandsmitglied, der Geschäftsführer sowie persönlich haftendende Gesellschafter berechtigt, das Insolvenzverfahren mit einem entsprechendem Antrag einzuleiten.

Zuständigkeit

Die zuständige Stelle für die Antragsstellung ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Bei Selbstständigen sowie bei Personengesellschaften, deren Tätigkeitsschwerpunkt nicht am Wohnort liegt, ist das Insolvenzgericht an dem Ort zuständig, an dem der Mittelpunkt der selbstständigen Tätigkeit liegt[2].

Regelinsolvenzverfahren

Antragsstellung

Der erste Schritt im Insolvenzverfahren ist es immer, einen Antrag beim zuständigen Amtsgericht zu stellen. Die Antragsstellung erfolgt schriftlich und unter Vorlage möglichst vollständiger Unterlagen. Stellen die Schuldner den Antrag, haben sie unter anderen eine schriftliche Darlegung des Insolvenzgrundes mit beizufügen und den Grund gegebenenfalls zu belegen. Weiterhin muss ein Vermögensverzeichnis dem Antrag auf Insolvenzeröffnung beigelegt werden, zudem eine vollständige Aufstellung aller Gläubiger inklusive Postanschrift und der einzelnen Forderungen sowie, falls vorhanden, ein Verzeichnis der Schuldner, die beim Schuldner selbst ausstehende Zahlungen haben (Debitoren). Stellt ein Gläubiger den Antrag auf Insolvenzeröffnung, muss er einen vorliegenden Schuldentitel nachweisen sowie den Antrag begründen.

Weitere Unterlagen werden im Regelinsolvenzverfahren gegebenenfalls nötig, etwa, wenn der Schuldner die Aufstellung eines Insolvenzplanes anstrebt. In diesem Fall sind dem Antrag eine vollständige Bilanz inkl. Finanzplan, Vorschläge für eine Sanierung, Vorschläge, wie das Unternehmen verwertet und verteilt werden soll, sowie eventuell getroffene Vereinbarungen mit den Gläubigern beizulegen. Soll das Unternehmen nach Ablauf des Insolvenzverfahrens weitergeführt werden, müssen die Antragssteller eine Erklärung zur Fortführung einreichen[3].

Vorläufiges Insolvenzverfahren

Nach Antragstellung leitet das Insolvenzgericht ein vorläufiges Insolvenzverfahren ein. Dabei wird bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt, der die wirtschaftliche und rechtliche Situation des Unternehmens prüft sowie die Arbeitsfähigkeit sicherstellt. Dies ist nötig, damit die Forderungen der Gläubiger bedient werden können. Nach Abschluss der Prüfungen reicht der Insolvenzverwalter vor Gericht ein Gutachten ein, in dem er die Chancen einer Betriebsfortführung und einer wirtschaftlichen Sanierung einschätzt.

Damit dem Antrag auf Insolvenz stattgegeben wird, muss der Schuldner ausreichend liquide Mittel vorweisen, aus denen die Kosten des Verfahrens gedeckt werden können. Während der vorläufigen Insolvenz hat der Schuldner die Möglichkeit, Insolvenzausfallgeld zu beantragen, das die Personalkosten eines Unternehmens deckt[4].

Berichtstermin und Prüfungstermin

Der Berichtstermin dient der ersten Gläubigerversammlung. Hier wird unter anderem der endgültige Insolvenzverwalter bestimmt. Anschließend prüft der Treuhänder die Forderungen der Gläubiger auf ihre Rechtmäßigkeit. Nach Maßgabe der Gläubiger werden dann die Ziele der Insolvenz bestimmt. Dies können sein:

  • eine Sanierung und Fortführung des Unternehmens,
  • Verkauf der wesentlichen Unternehmenswerte (übertragene Sanierung,
  • Zerschlagung und Verwertung des Unternehmens.

Abwicklung und Beendigung

Je nach Vorgabe wickelt der Insolvenzverwalter nun das Insolvenzverfahren ab. Bei einer Zerschlagung des Unternehmens wie auch bei einem Verkauf der Unternehmenswerte werden die Erlöse gleichberechtigt auf die Gläubiger aufgeteilt. Legt der Treuhänder dem Gericht eine Schlussrechnung und einen Schlussbericht vor, endet das Verfahren. Im Durchschnitt dauert die Regelinsolvenz in Deutschland zwischen vier und acht Jahre[5].

Das Verbraucherinsolvenzverfahren

Die Verbraucherinsolvenz, auch als Privatinsolvenz bezeichnet, gilt als vereinfachtes Insolvenzverfahren. Beantragt werden kann sie von natürlichen Personen, ehemaligen Selbstständigen und Freiberuflern, sofern die selbstständige Tätigkeit aufgegeben wurde. Das Verbraucherinsolvenzverfahren besteht aus drei Stufen: Zunächst muss sich der Schuldner um eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern bemühen. Dazu legt er den Gläubigern einen Schuldenbereinigungsplan vor. Stimmen die Gläubiger diesem Plan zu, wird keine Insolvenz eingeleitet. Scheitert die außergerichtliche Einigung, folgt der zweite Schritt: Die Schuldner müssen sich das Scheitern der außergerichtlichen Einigung von einem Schuldnerberater oder einem Anwalt bescheinigen lassen. Nun erstellt das Insolvenzgericht einen neuen Schuldenbereinigungsplan und legt diesen den Gläubigern vor. Lehnt auch nur ein Gläubiger den zweiten Plan ebenfalls ab, folgt der dritte Schritt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Für die Eröffnung der Verbraucherinsolvenz sind folgende Unterlagen notwendig: Die Bescheinigung über die fehlgeschlagene außergerichtliche Einigung, ein Antrag auf Restschuldbefreiung bzw. der Verzicht darauf, ein vollständiges Vermögensverzeichnis, Angaben über das aktuelle Einkommen, ein vollständiges Verzeichnis aller Gläubiger und ihrer Forderungen sowie den Schuldenbereinigungsplan inklusive der Gründe, aufgrund derer er gescheitert ist[6].

Restschuldbefreiung

Das Ziel der Verbraucherinsolvenz ist es, dass der Schuldner im Anschluss an die sechsjährige Wohlverhaltensphase saniert ist. Daher kann der Schuldner mit der Beantragung des Insolvenzverfahrens einen Antrag auf Restschuldbefreiung einreichen. Selbst wenn der Schuldner innerhalb des Insolvenzverfahrens seine Schulden nicht vollständig abbezahlen kann, werden ihm im Anschluss die Schulden erlassen. Die Voraussetzungen dafür sind, dass der Schuldner innerhalb des Insolvenzverfahrens die Verwaltung seines Vermögens an einen Treuhänder übergibt, alle Angaben gegenüber dem Treuhänder und dem Insolvenzgericht wahrheitsgemäß gemacht hat, sich keine Kredite oder öffentliche Mittel unredlich erschlichen hat und nicht wegen einer Insolvenzstraftat verurteilt wurde. Ein Antrag auf Restschuldbefreiung kann zudem nur gestellt werden, wenn der Schuldner innerhalb der letzten zehn Jahre nicht bereits einen derartigen Antrag eingereicht hat.

Bestimmte Schulden sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen: Zinslose Darlehen, die zur Kostendeckung des Insolvenzverfahrens dienten, Geldstrafen und Bußgelder müssen auch nach erfolgreicher Wohlverhaltensphase gezahlt werden.

Notwendige Unterlagen für den Antrag auf Restschuldbefreiung sind: Die Erklärung, dass das pfändbare Arbeitseinkommen für sechs Jahre an einen Treuhänder abgetreten wird und gegebenenfalls der Vorschlag für einen Treuhänder. In einigen Fällen kann die Wohlverhaltensphase auf fünf Jahre verkürzt werden, falls ein Nachweis für den Eröffnungsgrund per 1. Januar 1997 erbracht werden kann[7].

Einzelnachweise

  1. Arbeitsagentur - Insolvenzverfahren
  2. Arbeitsagentur - Insolvenzverfahren
  3. Justizportal Niedersachsen
  4. Foerderland - Insolvenzverfahren
  5. Foerderland - Insolvenzrecht
  6. Justizportal Niedersachsen
  7. Justizportal Niedersachsen

Weblinks

Literatur

  • Bob Wessels: Insolvency law. In: Jan M. Smits (Hrsg.): Elgar Encyclopedia of Comparative Law. Edward Elgar, Cheltenham/Northampton, M.A. 2006, ISBN 978-1845420130, S. 294–311.

Rechtslage in einzelnen Ländern

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