Institutionelle Garantie

Institutionelle Garantie

Als Einrichtungsgarantien (auch: Institutsgarantien, institutionelle Garantien: der abweichende Sprachgebrauch hat historische Gründe und wird heute kaum mehr konsequent durchgehalten) bezeichnet man nach hergebrachtem verfassungsrechtlichem Sprachgebrauch die verfassungsunmittelbare Festschreibung besonderer Institutionen und Institute und den damit bewirkten Schutz gegen einfachgesetzgeberischen Zugriff. Einrichtungsgarantien sind klassischerweise Eigentum, Erbrecht, Ehe, Familie, Berufsbeamtentum und kommunale Selbstverwaltung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Als Begründer der Lehre von den Einrichtungsgarantien gilt nach hergebrachter Meinung Carl Schmitt. Daran ist falsch, dass wesentliche Grundgedanken der dogmatischen Figur bereits 1924 bei Martin Wolff (FG f. Kahl) ausgebildet waren. Daran ist aber richtig, dass es Schmitt war, der der Lehre zum Durchbruch verhalf, weil er es verstand, sie konsistent in sein System der Verfassungslehre (1928) zu integrieren.

Ziel Schmitts war es, eine verfassungsrechtliche Handhabe gegen die von der damals herrschenden Auffassung der Staatsrechtslehre angenommene gesetzgeberische Allmacht zu entwickeln, denn anders als nunmehr in Art 1 Abs. 3 Grundgesetz war der Gesetzgeber unter der Weimarer Reichsverfassung von der Bindung an Grundrechte noch weitestgehend ausgenommen. Hiergegen wendet sich die Lehre von den Einrichtungsgarantien.

Unter dem Grundgesetz wurde zunächst an die durch das Jahr 1933 abgebrochene Auseinandersetzung angeknüpft, gleichwohl waren Akzentverschiebungen unvermeidbar, da mit der nunmehr unstrittigen verfassungsrechtlichen Domestizierung des Gesetzgebers der Hauptzweck erreicht war. Der dogmatische Sinn der Figur ist nicht unumstritten, insbesondere, weil Einrichtungsgarantien in der Tendenz hemmend, bewahrend, Klassisches sichernd wirken und so als "konservatives" Institut gelten.

Systematik

Einrichtungsgarantien verbieten dem Gesetzgeber nicht schlechthin die rechtliche Ausgestaltung eines bestimmten Instituts. Sie zwingen ihn lediglich, den "Kern", das "Wesen" der Einrichtung unangetastet zu lassen. Eine zeitgemäße Ausgestaltung der Akzidentalien ist ihm hingegen geradezu aufgegeben. So muss etwa das Institut der Ehe (Art. 6 GG) zwingend als prinzipiell auf Lebenszeit angelegte Beziehung zwischen zwei Partnern verschiedenen Geschlechts gewährleistet sein. Die Gestaltung im einzelnen (besondere Rechte und Pflichten, Unterhalt, Scheidungsfolgen usw.) legt dagegen das einfache Gesetz fest. Besonders deutlich ist diese Unterscheidung für die Institutsgarantie des Eigentums. Inhalt und Schranken des Eigentums ergeben sich aus dem Gesetz, unverfügbar ist hingegen die prinzipielle Zuordnung von Vermögensgegenständen als solchen zu einer Person und deren grundsätzliche Befugnis, sie zum eigenen Wohle zu nutzen (Privatnützigkeit).

Einrichtungsgarantien im Grundgesetz

Wiewohl das Grundgesetz den Begriff der Einrichtungsgarantien nicht kennt (anders z. B. die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, 2. Hauptteil, 2. Abschnitt), werden doch eine Reihe von Bestimmungen traditionell als Einrichtungsgarantien verstanden:

  • Ehe und Familie in Art. 6 GG,
  • Die Privatschule in Art. 7 Abs. 3 GG
  • Koalitionsfreiheit in Art. 9 GG
  • Eigentum und Erbrecht, Art. 14 GG
  • Parteien, Art. 21 GG (gelegentlich, aber bestritten)
  • Kommunale Selbstverwaltung, Art. 28 GG
  • Berufsbeamtentum, Art. 33 GG

Ausblick

Da die dogmatische Figur der Einrichtungsgarantie sich kaum abstrakt von ihrem verfassungsgeschichtlichen Ursprung betrachten lässt, haftet ihr in der Tat der Eindruck eines Fossils an (Kay Waechter n. Lit.verz.). Insbesondere die zweifelhafte Abgrenzung von Kern und Hülle, von Wesen und Nicht-Wesen machen die Einrichtungsgarantien zu wenig präzisen Mitteln verfassungsrechtlicher Dogmatik. Auch das unter dem Grundgesetz sehr differenziert entwickelte Verhältnis von Verfassung und "einfachem" Recht verspricht bessere Lösungen der mit den Einrichtungsgarantien verbundenen Fragen.

Siehe auch

Verfassung, Grundgesetz, Institution, Tradition, Einrichtung, Menschenrechte, Bürgerrechte, Beamtentum, Ehe, Familie, Eigentum

Literatur

  • Schmitt, C., Freiheitsrechte und institutionelle Garantien in der Reichsverfassung, in: Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Handelshochschule Berlin, 1932, S. 1 ff., wieder in ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze, 3. Aufl. 1985, S. 140 ff.
  • Inhalt und Bedeutung des zweiten Hauptteils der Reichsverfassung, in: G. Anschütz/R. Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. II, 1932, § 101, S. 572 ff., als „Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung (1932)“ wieder in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze, 3. Aufl. 1985, S. 181 ff. .
  • Abel, G., Die Bedeutung der Lehre von den Einrichtungsgarantien für die Auslegung des Bonner Grundgesetzes, 1964
  • Stern, K., § 68 Einrichtungsgarantien, in: ders., Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, 1988.
  • Klein, F., Institutionelle Garantien und Rechtsinstitutsgarantien, 1934
  • Köttgen, A., Das Grundrecht der deutschen Universität, 1959
  • Mainzer, C., Die dogmatische Figur der Einrichtungsgarantie, 2003
  • Schmidt-Jortzig, E., Die Einrichtungsgarantien der Verfassung, 1979
  • Waechter, K., Einrichtungsgarantien als dogmatische Fossilien, Die Verwaltung 29 (1996), S. 47 ff.
  • Mager, U., Einrichtungsgarantien, 2003
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