Insulinpumpe

Insulinpumpe
Handelsübliche Insulinpumpe

Eine Insulinpumpe ist ein medizinisches Gerät zur Insulinpumpentherapie (engl.: continuous subcutaneous insulin infusion, abgekürzt CSII). Bei der Pumpentherapie wird das Insulinpräparat nicht mehr mittels Spritze oder Insulin-Pen mehrmals am Tag subkutan injiziert, sondern von einer kleinen, programmierbaren Pumpe über einen Katheter und eine Injektionsnadel (Infusionsset) in den Körper geleitet. Die Pumpe wird dauerhaft am Körper getragen, kann aber auch unter bestimmten Voraussetzungen für mehrere Stunden abgelegt werden. Zu diesem Zweck lässt sich der Katheter von der Pumpe abkoppeln und verschließen. Im Vordergrund dieser Therapieform stehen Typ-1-Diabetiker, in seltenen Fällen erhalten auch Typ-2-Diabetiker oder Frauen mit einem Gestationsdiabetes eine Insulinpumpe.

In Deutschland tragen im Jahr 2011 geschätzte 55.000 Diabetiker eine Insulinpumpe, seit einigen Jahren entsteht hier ein Insulinpumpenregister. In der Schweiz und Österreich werden 10-20% der Typ-1-Diabetiker mittels einer Insulinpumpentherapie behandelt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Wirkprinzip

Das Prinzip ist ähnlich wie bei der intensivierten konventionellen (Insulin-) Therapie (ICT): es gibt eine Basalrate, die den Grundbedarf an Insulin deckt und individuelle Boli, die für Mahlzeiten und Wertekorrekturen zuständig sind. Das Konzept nennt sich daraus ableitend Basis-Bolus-Prinzip.

In der Pumpe befindet sich ein Reservoir mit immer nur einer Insulinart, entweder mit einem Normalinsulin oder mit einem schnellwirkenden Analoginsulin. Je nach Pumpenmodell wird als Reservoir entweder ein kleines zylindrisches Gefäß verwendet, das selbst mit Hilfe eines Kolbens (ähnlich einer Spritze) mit Insulin befüllt wird oder es wird eine fertige Insulinampulle, ähnlich wie sie in Insulin-Pens zum Einsatz kommt, genutzt. Ein Reservoir enthält zwischen 1,5 und 3 ml U100(100 I.E.) Insulin, was 150 bis 300 Insulin Einheiten entspricht.

Beispiel für ein Pumpenreservoir mit speziellem Anschluss für den Katheter Links: der Kolbenstab zum Befüllen des Reservoirs. Mitte: das Reservoir. Rechts: das zum Füllen benutzte Verbindungsstück zwischen Ampulle und Reservoir
Beispiel für ein Basalratenprofil

Die Pumpentherapie ist derzeit die beste Insulintherapie für Typ-1-Diabetiker, da sowohl die Basalrate als auch die mahlzeitenbezogenen und Korrekturdosierungen im Gegensatz zur ICT genauer gesteuert werden können.

Bei der ICT wird 1-3 mal täglich ein NPH-Insulin oder 1-2 mal täglich eine langwirksames Analoginsulin mit einem Insulin-Pen injiziert. Der Basalinsulinbedarf ist deshalb schwer zu berechnen, da diese Insuline je nach applizierter Insulinmenge einen Wirkungshöhepunkt nach ca. 6-8 Stunden erreichen, dann flacht die Wirkung wieder ab. Die Hauptwirkzeit umfasst etwa 12 Stunden, die Gesamtwirkungsdauer je nach Verzögerungsinsulin bis zu ca. 24 Stunden. Eine Insulinpumpe dagegen gibt in kleinen, gleichmäßigen Abständen das schnell wirkende Insulin ab (ca. alle 3 Minuten), um eine gleichmäßige Wirkung zu erreichen. Man kann in die Pumpen die Basalrate pro Stunde und bei neueren Modellen auch pro halbe Stunde programmieren. Die Pumpentherapie ist heute vielfach zu einer Routinetherapie des Typ-1-Diabetes geworden.

Die Einstellung und Anpassung einer Insulinpumpe findet stationär in einem „Pumpenzentrum“ eines Krankenhauses oder ambulant in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis statt. Dazu gehören die Schulung des Patienten auf das jeweilige von ihm gewählte Pumpenmodell in der Bedienung sowie der Ermittlung und Einstellung der individuellen Basalrate, der Bolusberechnung, Umgang mit technischen Problemen, Pumpenpausen z.B. beim Sport und anderes.

Möglichkeiten und Einschränkungen

Die Insulinpumpe kann nicht die Funktion der gesunden Bauchspeicheldrüse ersetzen, da sie den Blutzuckerwert nicht selbständig ermittelt. Es gibt Modelle mit integriertem Blutzucker-Mess-System, welche aber nicht selbsttätig die abzugebende Insulinmenge bestimmen können. Trotzdem können viele Diabetiker mit einer Pumpe fast wie gesunde Menschen leben, nur dass sie weiterhin mehrmals täglich ihren Blutzucker kontrollieren müssen und auch hier die Insulinwirkung von vielen externen Faktoren (wie zum Beispiel der Bewegung) abhängig ist. Insgesamt ist der Blutzucker stabiler, gleichzeitig wird in den meisten Fällen der HbA1c niedriger und dadurch das Risiko für Folgeschäden gesenkt.

Ziel der Forschung ist ein Closed-Loop-System, in dem die Technik selbständig den Glucosegehalt im Blut misst und entsprechend Insulin an den Körper abgibt. Für eine im Jahr 2010 durchgeführte Studie wurde eine Insulinpumpe entwickelt, die neben der Insulinampulle zusätzlich eine Glucagonampulle beinhaltete. Durch eine beständige Glucose-Messung im Closed-Loop-System wurde bei Unterzuckerungsgefahr Glucagon über die Pumpe abgegeben. Dadurch tragen noch weniger und kürzer andauernde Hypoglykämien auf.[2]

Pumpenfunktionen

Die heutigen Insulinpumpen bieten folgende Funktionen:[3]

  • Multibasalratenprogrammierung: Anpassung der Basalrate an den unterschiedlichen physiologischen Insulinbedarf im Tages- und Nachtverlauf
  • Basalratenprofile: Programmierung unterschiedlicher Basalraten an den physiologischen Bereich, der z.B. bei regelmäßigen Sportbelastungen, an Arbeitstagen und Wochenenden, Schichtarbeit oder Fernreisen unterschiedlich sein kann
  • Bolusoptionen: unterschiedlich schnelle Abgabe eines Insulinbolus vor bzw. während einer Mahlzeit unter Berücksichtigung des glykämischen Index der Nahrung
  • Bolusrechner: berechnet auf der Basis des aktuellen Blutglucosewertes, des Zielwertes, der tagesabhängigen Insulinempfindlichkeit und der rechnerisch noch wirksamen Insulinmenge die individuell notwendige Insulindosis

Einige Insulinpumpen bieten:

  • Schnittstellen: Schnittstellen per Funk oder Bluetooth zur Kommunikation mit einem Blutzuckermessgerät, Fernbedienung oder Personalcomputer
  • Fernbedienung: Einstellen der Bolusgabe, ohne die Pumpe aus ihrer Halterung nehmen zu müssen
  • Sensorunterstützte Pumpentherapie (SuP): in Kommunikation mit einem kontinuierlich messendem Sensor (CGM) stoppt die Pumpe bei einem zu niedrigen Werte für eine bestimmte Zeit die Insulinzufuhr

Noch in der Entwicklung befindet sich:

  • Closed-Loop-System: die Pumpe berechnet über einen Sensor (CGM) ständig die Blutglucose und regelt die Insulinzufuhr autonom

Patch Pumps

Patch Pump - eine schlauchlose "Einmal"-Insulinpumpe

Eine Variante zur herkömmlichen Pumpe mit Infusionsset sind sogenannte Patch Pumps, bei denen die eigentliche Pumpe mit dem Infusionsset in einem Gehäuse kombiniert ist (sogenannter Pod). Diese Einheit wird auf die Haut geklebt und nach zwei bis drei Tagen komplett ausgewechselt. Die Steuerung erfolgt über eine separate, per Funk mit dem Pod verbundene Einheit (sogenannter Personal Diabetes Manager - PDM). Patch Pumps wurden ca. 2007 in den USA eingeführt und sind seit Mitte 2010 auch in Europa verfügbar. Die Nachteile dieser Pumpenart sind, dass sie nur mit einer einzigen Nadelart ausgerüstet werden (sowohl Nadelmaterial als auch Nadellänge sind vorbestimmt und können nicht nach Bedarf variiert werden), dass die Pumpe je nach Sitz am Körper unangenehm vorsteht und dass bei Problemen nicht nur ein Katheter mit Nadel, sondern die komplette Pumpe ausgetauscht werden muss.

Infusionsset

Insulinpumpe mit Infusionsset
Neues Infusionsset

Ein Infusionsset bei der Insulinpumpentherapie ist ein Hilfsmittel zur kontinuierlichen subkutanen Insulininfusion. Der Katheter samt Kanüle muss alle zwei bis drei Tage gewechselt bzw. neu gelegt werden. Insulinkatheter werden in verschiedenen Längen mit unterschiedlichen Nadelgrößen als Softkatheter mit flexibler Kunststoffkanüle Teflon-Katheter oder mit klassischer Stahlkanüle angeboten. Einige Patienten vertragen keine Stahlkanülen, oder finden Teflonkatheter angenehmer zu tragen. Des Weiteren gibt es aktuell auf dem Markt zwei Katheter Anschluss-Systeme um den Katheter mit dem Insulinreservoir zu verbinden. Die meisten Insulinpumpen benutzen den Standard Luer-Lock-Anschluss zum Anschluss des Katheters. Für die anderen Systeme gibt es mittlerweile passende Adapter(LuerP500S/700S), so dass es keine Abhängigkeit vom Kathetersystem des Pumpenherstellers mehr gibt.

Literatur

  • Gina Lohmüller-Wiegelmann: Die Insulinpumpentherapie im Alltag, Verlag Kirchheim & Co, Mainz, 2006, ISBN 978-3-87409-408-5
  • Ulrike Thurm: Insulinpumpenfibel oder... bei dir piept's ja, 5. Auflage 2006, ISBN 978-3874090711

Einzelnachweise

  1. A.Thomas, Aktueller Stand von Insulinpumpen, Kompendium 2011 Diabetes , Mai 2011, Seite 42 ff, Thieme Verlag
  2. [1]Die Insulinpumpe zusätzlich mit Glucagon, diabetes-deutschland.de, abgerufen 19.Juni 2011
  3. A.Thomas, Aktueller Stand von Insulinpumpen, Kompendium 2011 Diabetes , Mai 2011, Seite 42 ff, Thieme Verlag

Weblinks

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