Jacob Paix

Jacob Paix
Jacob Paix
im Alter von 33 Jahren

Jacob Paix, (* 1556 in Augsburg; † ca. 1623 (?) vermutlich in Hilpoltstein) war ein deutscher Organist, Orgelbauer, Kapellmeister, Komponist und Herausgeber. Bekannt wurde er als Sammler eigener und fremder Musikstücke.

Inhaltsverzeichnis

Lebensweg

Collegium musicum
an Paixens Wirkungsstätte,
dem Gymnasium illustre, 1590

Jacob Paix wurde 1556 in Augsburg geboren, wo sein Vater in St. Anna als Organist angestellt war. Vom Vater erhielt der Sohn seine musikalische Ausbildung.

1576, jung verheiratet, wurde Jacob Paix zum Organisten der Pfarrkirche in Lauingen an der Donau berufen. Hier entfaltete er eine reiche Tätigkeit als Komponist und Herausgeber, vor allem in Zusammenarbeit mit dem pfalzgräflichen Drucker Leonhard Reinmichel.[1] Paix' Beziehungen zu Caspar Sturm, dem Erbauer der Ulmer Münsterorgel belegen neben weiteren Quellen, dass Paix von Lauingen aus auch als Orgelbauer wirkte.[2]
Hier trat er in Verbindung mit dem pfalzgräflichen Gymnasium illustre. Das geht hervor aus einem Bittgesuch vom 6. August 1600 an Fürst August, den Sohn des Pfalzgrafen Philipp Ludwig: „... Ich mein böstes bey d Schuln alhie auch tue...“[3] In derselben Zeit ist ein Freitisch für Jacob Paix am Gymnasium illustre bezeugt.[4] Ein Irrtum ist es, Paix habe als „succentor“ (Subcantor) die dritte Lehrerstelle am pfalzgräflichen Gymnasium illustre erhalten.[5]. Die dafür mögliche Quelle bezieht sich nämlich auf Paixens Sohn, Jacob Paix den Jüngeren (1578-1634).[6] Er war das älteste von zehn Kindern, die die Eheleute Paix in Lauingen taufen ließen.[7]. Mehrmals war Paix gezwungen, den Rat von Lauingen und Pfalzgraf August zu Neuburg um Geld und Naturalien für sich und seine große Familie zu bitten, „... denn ich sonsten diesen Winter, bey der geringen Besoldung vnd sehr schwerer theürung , eben zu hunger sterben muß.[8].[9]

1601 erhielt er eine besser bezahlte Stelle als evangelischer Hoforganist in Neuburg an der Donau, der Residenz des Herzogtums Pfalz-Neuburg. Hier war er auch für die Figuralmusik zuständig, leitete die pfalzgräfliche Instrumentalkapelle und verrichtete zudem Kanzleidienste.

Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm trat 1613 u. a. aus politischen Gründen zum katholischen Glauben über. Darauf und auf eine verloren gegangene Quelle von 1623 gründete Alfred Einstein in einer Untersuchung zu italienischen Musikern am Hof der Neuburger Wittelsbacher (1907/1908) seine Meinung, Paix, der standhaft am Luthertum gehangen habe und wohl musikalisch nicht mehr dem inzwischen italienischen Musikgeschmack der Herzogs entsprochen habe, habe Neuburg verlassen müssen. Er habe sich einen evangelischen Landstrich gesucht, sei dabei wahrscheinlich nach Hilpoltstein gelangt und sei dort 1623 gestorben.[10]
Diese Stadt musste erst im Zuge der Gegenreformation ab 1627 wieder katholisch werden. Die in Hilpoltstein residierende pfalzgräfliche Seitenlinie blieb auch nach 1627 evangelisch - mit ihr die Bediensteten, zu denen Jacob Paix möglicherweise gehörte. Jacob Paix selbst ist für Hilpoltstein nicht bezeugt. Sein Sohn Johann Christoph Paix (1603-1645) dagegen trat am 1. Juni 1631, also erst nach Jacob Paixens vermutetem Tod, als Secretarius in die Dienste des Hilpoltsteiner Pfalzgrafen Johann Friedrich. Seine Tätigkeiten in Hilpoltstein können also nicht als indirekter Beleg für Jacob Paixens Aufenthalt in Hilpoltstein herangezogen werden.[11]

Neueste Forschungen konnten Paixens Aufenthalt und Tod in Hilpoltstein weder bestätigen noch falsifizieren. Die späteste Quelle von 1617 lässt nicht einmal erkennen, ob Jacob Paix nach 1616 noch gelebt hat.[12]

Musikgeschichtliche Bedeutung

Jacob Paix (1556-1623?) (Hrsg.)
Ein gůter newer Teu.Tantz
Tabulatur 1583
Speaker Icon.svg Anhören

Jacob Paix ist weniger als Komponist von Bedeutung als vielmehr als Sammler von meist fremden Musikstücken seiner Zeit, die er vornehmlich in einem Tabulaturbuch veröffentlichte:

Ein Schön Nvtz- und Gebreüchlich OrgelTabulaturbuch. Darinnen etlich der berümbten Componisten, beste Moteten. mit 12.6.7.6.5. und 4 Stimmen auserlesen / dieselben auf alle fürneme Festa des gantzen Jars / und zue dem Chormas gesetzt. Zue letzt auch allerhand der schönsten Lieder / Pass è mezzo und Täntz / Alle mit großem fleiß Coloriert. Zue trewem dienst den liebhabern diser Kunst selb corrigiert und in Truck verwilligt. Von Jacobo Paix Augustano, diser zeit Organist zu Lauingen, Lauingen 1583.

Darin und in seinen Tabulaturen von 1589 zeigt sich, dass Paix ein zwar später, aber bedeutender Kolorist und ein kundiger Sammler war. Er stellte mit seinen Bearbeitungen den Musikliebhabern und den kirchlichen Organisten einen Querschnitt durch die zeitgenössische und bis zu 100 Jahren zurückreichende historische Instrumental- und Vokalmusik - von populären Tänzen bis zu streng polyphonen Sätzen - für das häusliche Musizieren auf Tasteninstrumenten und für das liturgische und liturgisch freie Spiel auf der Kirchenorgel zur Verfügung.[13] In seinen Tabulaturen verwendete Paix die reine Buchstabenschrift der „neuen deutschen Orgeltabulatur“. Diese war zwar schon länger in Gebrauch, konnte sich aber erst seit der Mitte des 16. Jahrhunderts gegenüber der „alten deutschen Orgeltabulatur“ mit Buchstabenschrift und mensuraler Oberstimme auf Notenlinien durchsetzen.

Einige von Paix intavolierte Tänze wurden ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts transkribiert und mehrfach in Sammelbände aufgenommen.[14] Johannes Brahms beschäftigte sich kritisch mit den Tabulaturen.[15] Einige Stücke gelangten in die Pop-Musik.

Werke

Vokalmusik

  • Missa ad imitationem mottetae „In illo tempore“ Ioan. Moutonis 4V., 1584
  • Parodia Mottetae „Domine de nobis auxilium“, Thomas Crequilonis 6V., 1587
  • Zway neue teutsche Liedlen 4V., o.J.

Instrumentalmusik

  • 6 eigene Werke in: Ein Schön Nvtz- und Gebreüchlich OrgelTabulaturbuch, Lauingen 1583

Editionen

  • Ein Schön Nvtz- und Gebreüchlich OrgelTabulaturbuch, Lauingen 1583
  • 1 Werk in Selectae, artificiosae et elegantes fugae, 1587
  • Missa helveta, 1587 oder 1590, verschollen
  • Liber fugarum, 1588, verschollen
  • Thesaurus motetarum [...] in diese [...] Tabulatur gebracht von Jacobo Paix, Strbg. 1589

Schriften

  • Kurtzer Bericht auß Gottes Wort und Kirchen-Historien von der Music, 1589
  • Ein christliche Gesang, 1593, verschollen

Literatur

  • Manfred Schuler: Das Orgeltabulaturbuch von J. Paix. Diss., Freiburg i. Br. 1958
  • Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer. Schrobenhausen 2006
  • Sherry Rudolph Seckler: The Jakob Paix Tablature of 1583: A Discussion, Translation and Transcription of Its Contents. Ph.D. Performance, University of Iowa
  • Michel Zywietz: Jakob Paix. In: MGG, Personenteil Bd. 12, Kassel - Stuttgart 2004

Weblinks

Quellen

  1. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 24ff
  2. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 37ff u. S. 115ff
  3. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 111 u. 196f
  4. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 20f
  5. Michel Zywietz: Jakob Paix, in MGG, Personenteil Bd. 12, Kassel - Stuttgart 2004, Sp. 1580
  6. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 23
  7. PfarrA Lauingen, Taufmatrikel Bd. 1 und 2
  8. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 23
  9. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 44ff
  10. Alfred Einstein: Italienische Musiker am Hof der Neuburger Wittelsbacher 1614-1716. In: Sammelbände der IMG, 9. Jg. (1907/1908), S. 336-424
  11. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 214ff
  12. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 51ff
  13. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 76
  14. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, S. 2ff
  15. Reinhard H. Seitz (Hrsg.): Jacob Paix d. Ä. : (1556 - nach 1616); Organist - Komponist - Orgelbauer, Schrobenhausen 2006, Tafel 4

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