Jesuslatschen

Jesuslatschen
Zehenstegsandale
Kreuzriemen-Sandale aus dem Süden von Peru, Inkazeit, 15. Jahrhundert

Die Sandale (von griechisch sandálion = Riemenschuh; ursprüngliche Wortherkunft ungeklärt) ist eine der historisch ältesten Schuhgrundformen, die sich auf eine mit Riemen am Fuß befestigte Sohle beschränkt. Sie ist durch große Luftigkeit und (meist) Leichtigkeit gekennzeichnet. Sandalen haben üblicherweise keinen oder zumindest keinen nennenswerten Absatz.

Inhaltsverzeichnis

Grundsätzliches

Feminine Sandale mit höherem Absatz: die Sandalette.

Eine feminine Form der Sandale ist die Sandalette, die durch einen höheren Absatz gekennzeichnet ist. Die Sandale ohne oder mit sehr flachem Absatz ist grundsätzlich zunächst ein Unisex-Schuhmodell. Schmalere Riemen (Riemchen), manchmal noch verziert, können aus einem ursprünglichen Unisexmodell ein charakteristisches Damenmodell machen.

Sandalen zeigen sechs grundverschiedene Schaftvarianten, die ihren Ursprung in verschiedenen Kulturen beziehungsweise Weltregionen haben. Die Schrägriemensandale stammt ursprünglich aus Schwarzafrika, die Kreuzriemensandale aus Südamerika, die Zehenpflocksandale aus Indien, die Bäckersandale (weitgehend geschlossener Schaft mit schlitzartigen Durchbrüchen) wurde in Europa entwickelt und die Zehenring- bzw. Zehenstegsandale (in Form von Flip-Flops aus Kunststoff seit Beginn des 21. Jahrhunderts besonders beliebt) ist auf Ägypten und Japan (Geta, Zōri) zurückzuführen. Die Querriemensandale (bekanntes Beispiel die Gymnastiksandale) stellt auch eine Grundform der Sandalen dar.

Der Boden einer Sandale ist für gewöhnlich flach, kann aber ebenso mehrere Zentimeter stark sein (Plateausandale/-sandalette; Beispiel: orientalische Kapkap). Anhand der Bodenhöhe kann in einigen Kulturen Afrikas der soziale Rang des Trägers erkannt werden. Bei den Ledersandalen westlich geprägter Kulturen ist auffällig, dass sie keine Verzierungen im Leder des Bodens (und der Riemen) zeigen, anders als bei den afrikanischen, mittel- und südamerikanischen sowie indischen Sandalen, die oft aufwändige Verzierungen haben. Fast alle Sandalenarten haben heute eine weltweite Verbreitung. Japan, ein Land mit einer Jahrhunderte alten Sandalenkultur, orientiert sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts stark an den westlichen Zivilisationen, wodurch die Kultur des Sandalentragens in Japan weit zurückgedrängt wurde.

Kategorisierungs- und Bezeichnungsgepflogenheiten

Holzsandale mit Plateausohle
Meistverkaufte Kneipp-Sandale: Das Modell mit Kreuzriemenbefestigung.

Neben einer grundsätzlichen Einteilung nach den oben genannten Grundformen können Sandalen nach verschiedenen weiteren Kriterien wie dem Herstellungsort (Beispiel: Wörishofener Sandale), dem Bestimmungszweck (Beispiel: Bäckersandale) oder aufgrund bestimmter Eigenschaften (Beispiel: Holzsandale) bezeichnet werden. Das hat zur Folge, dass nicht immer eine eindeutige oder einheitliche Bezeichnung einzelner Sandalenmodelle möglich ist.

Bekannte deutsche Beispiele hierfür sind Kneipp-Sandalen und so genannte Jesuslatschen. Die Kneipp-Sandale, auch Wörishofener Sandale oder einfach Kursandale genannt, wurde schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts zehntausendfach in Bad Wörishofen im Zusammenhang mit den Kneipp-Kuren Sebastian Kneipps in verschiedenen Modellvarianten hergestellt und verkauft. Der scherzhaft oder spöttisch verwendete umgangssprachliche Oberbegriff Jesuslatschen (in der DDR auch Römersandalen genannt) bezeichnet ebenfalls kein einheitliches Sandalenmodell, sondern steht für einfache Ledersandalen mit flachem Boden.

Oft dient der Sandalenboden zur Kategorisierung unterschiedlicher Sandalen:

  • Korkfußbettsandale (Erfindung Anfang der 1960er Jahre durch Birkenstock)
  • Holzsandale (bereits bei den Kopten getragen, in den sechziger Jahren durch die Berkemann-Gymnastiksandale wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt; japanische Geta besitzen ebenfalls eine Holzsohle)
  • Ledersandale (in ihrer hochwertigsten und fußfreundlichsten Form aus pflanzlich gegerbten Rindhäuten, so genannte Sandalenleder; heute jedoch meist in Form von chromgegerbten Ledern)
  • Strohsandale (japanische Reisstrohsandalen Waraji)
  • andere Pflanzenmaterialien (z. B. Papyrus im antiken Ägypten)
  • Kunststoffsandale
Trekkingsandalen

Die jüngste Sandalenentwicklung stammt aus dem Jahr 1982 (Mark Thatcher/USA): Die Sportsandale (auch Outdoor- oder Trekkingsandale). Ihre Kennzeichen sind Wasserunempfindlichkeit, ein ausgeklügeltes, mit Klettbändern zu verschließendes Riemensystem, eine Formsohle mit hochstehendem, den Fuß schützenden Rand und ein vergleichsweise fester Sitz am Fuß (dadurch Schweißentwicklung unter der Fußsohle).

Konstruktionsweise

Die Seitenansicht der Geta-Sandale offenbart die einfache Konstruktion

Die Bauweise ist vom Boden abhängig. Bei einer Querriemensandale mit Holzboden wird beispielsweise der Querriemen entweder seitlich an die Sohle genagelt, oder durch einen Schlitz in dieser hindurchgeführt. Ledersandalen haben entweder geklebte Böden oder sind flexibelgenäht (siehe Machart). Rahmengenähte Sandalen sind selten und widersprechen auch der Biegefreudigkeit und Leichtigkeit dieses Schuhmodells. Flip-Flops und moderne Trekkingsandalen aus Kunststoffen werden in Formen gespritzt, wobei die Schaftriemen mit verankert werden, oder die Riemen werden anschließend durch Öffnungen gezogen.

Anmerkungen

Römersandalen/Jesuslatschen aus der DDR

Obwohl die Sandale eines der meistgetragenen Schuhmodelle dieser Welt ist und unzweifelhafte Vorteile bei heißen Umgebungstemperaturen hat (Tragekomfort durch Luftigkeit), haftet ihr in den westlichen Industrienationen ein ideologischer Beigeschmack an. Da Sandalen historisch seit dem 19. Jahrhundert vielfach von gesellschaftlichen Randgruppen oder Gruppen, die sich vom Establishment abgrenzen wollten, getragen wurden, genießt dieses Schuhmodell vor allem bei Männern oft einen zweifelhaften Ruf. Erkennbar ist dies auch an häufig abschätzig gemeinten Bezeichnungen, wie Jesuslatschen für Ledersandalen, wie sie unter anderem von den Hippies, der 68er-Generation, der Blueserszene in der DDR oder Aktivisten der Anti-AKW-Bewegung getragen wurden.

Sandalen ohne Socken anzuziehen wird als korrekte Trageweise angesehen, und das Tragen von Sandalen mit weißen Socken wird vielfach als spießig betrachtet.

Literatur

  • Helge Sternke: Alles über Herrenschuhe, Nicolai-Verlag, Berlin, 560 S., 450 Abb., 2006, ISBN 3-89479-252-3.

Siehe auch

Caligae, Sandalenlücke, Schuh

Weblinks


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