Johann Jakob Bodmer

Johann Jakob Bodmer
Johann Jakob Bodmer in jüngeren Jahren
Johann Jakob Bodmer als älterer Mann. Kopie nach dem original Porträt von Anton Graff von 1781/82

Johann Jakob Bodmer (* 19. Juli 1698 in Greifensee bei Zürich; † 2. Januar 1783 auf Gut Schönenberg bei Zürich) war ein Schweizer Philologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach einem Studium der Theologie und einer Ausbildung zum Kaufmann war Bodmer als Professor für helvetische Geschichte und Politik am Gymnasium Zürich tätig. Bedeutsam ist seine Neuentdeckung der mittelhochdeutschen Dichtung, sowie seine Tätigkeit als Übersetzer von Homer und John Milton. Zu erwähnen wäre aber auch, dass er Jacob Hermann Obereit, den wirklichen Entdecker der Nibelungenhandschrift C in der Schlossbibliothek zu Hohenems, um diese Ehre betrog.

Bodmers entscheidender Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte war sein zusammen mit seinem Freund Johann Jakob Breitinger ausgetragener Streit mit dem deutschen «Literaturpapst» Johann Christoph Gottsched. Seine literaturtheoretischen Prinzipien formulierte Bodmer in Critische Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie von 1740. Gegen Gottscheds französische Vorbilder favorisierte er den englischen Sensualismus von Milton; gegen die Verehrung der Antike hielt er das Mittelalter hoch, womit er die Romantik entscheidend beeinflusste. In gewisser Weise war der Streit zwischen Bodmer, Breitinger und Gottsched eine deutsche Variante der französischen Querelle des Anciens et des Modernes.

Johann Heinrich Füssli: Füssli im Gespräch mit Johann Jakob Bodmer

Neben seinem prägenden Einfluss auf das literarische Leben in Zürich war Bodmer auch eine bedeutende Persönlichkeit in der Bibliotheksgeschichte der Stadt. 1722 tritt er als Mitglied in die städtische Bibliotheksgesellschaft ein, ab 1758 fungiert er als deren Vizepräsident. Auf Bodmers Vorschlag hin ändert die Gesellschaft den Namen ihrer Institution in Stadtbibliothek. Zudem vermacht Bodmer der Stadtbibliothek einen grosszügigen Geldbetrag sowie einen wesentlichen Teil seiner privaten Büchersammlung, die nach seinem Tod in den Bestand der Bibliothek überging. Als Hommage an diesen wichtigen Zürcher und Förderer der Bibliothek thront Bodmer noch heute als Standbild zur rechten Seite von Conrad Gessner über dem Eingang der Zentralbibliothek Zürich. Briefe, Unterlagen zur Person, Materialien und Lebenserinnerungen aus dem Nachlass von Johann Jakob Bodmer befinden sich in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich.

Die Bodmerstrasse im Engequartier in Zürich wurde nach Johann Jakob Bodmer benannt, ebenso die Bodmergasse in Wien Donaustadt (22. Bezirk).

Werke (Auswahl)

Das Haus Bodmers in Zürich (im Hintergrund links) auf einer Ansicht von 1772
  • Karl von Burgund. Ein Trauerspiel (nach Aeschylus)
  • Vier kritische Gedichte
  • Die Discourse der Mahlern, 1721–1723
  • Brief-Wechsel von der Natur des poetischen Geschmackes, 1736.
  • Critische Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie, 1740
  • Kritische Betrachtungen über die poetischen Gemälde der Dichter, 1741
  • Übersetzung: Johann Miltons Episches Gedichte von dem verlohrnen Paradiese, 1742
  • Critische Briefe, 1746
  • Proben der alten schwäbischen Poesie des dreyzehnten Jahrhunderts. Aus der Manessischen Sammlung, 1748
  • Fabeln aus den Zeiten der Minnesinger, 1757

Literatur

Johann Jacob Bodmer - Briefe an ihn.jpg
  • Wolfgang Bender: Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger. Metzler, Stuttgart 1973. (= Sammlung Metzler; 113) ISBN 3-476-10113-4
  • Albert M. Debrunner: "Das güldene schwäbische Alter". Johann Jakob Bodmer und das Mittelalter als Vorbildzeit im 18. Jahrhundert. Königshausen u. Neumann, Würzburg 1996. (= Epistemata/Reihe Literaturwissenschaft; 170) ISBN 3-8260-1178-3
  • Hans Otto Horch u. Georg-Michael Schulz: Das Wunderbare und die Poetik der Frühaufklärung. Gottsched und die Schweizer. Wiss. Buchges., Darmstadt 1988. (= Erträge der Forschung; 262) ISBN 3-534-02150-9
  • Felix Leibrock: Aufklärung und Mittelalter. Bodmer, Gottsched und die mittelalterliche deutsche Literatur. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1988. (= Mikrokosmos; 23) ISBN 3-8204-1294-8
  • Annegret Pfalzgraf: Eine deutsche Ilias? Homer und das «Nibelungenlied» bei Johann Jakob Bodmer. Zu den Anfängen der nationalen Nibelungenrezeption im 18. Jahrhundert. Tectum-Verl., Marburg 2003. ISBN 3-8288-8591-8
  • Gerhard Schäfer: «Wohlklingende Schrift» und «rührende Bilder». Soziologische Studien zur Ästhetik Gottscheds und der Schweizer. Lang, Frankfurt u.a. 1987. (= Europäische Hochschulschriften/1; 967) ISBN 3-8204-0027-3
  • Friedrich Schlegel: Sich "von dem Gemüthe des Lesers Meister" machen. Zur Wirkungsästhetik der Poetik Bodmers und Breitingers. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1986. (= Europäische Hochschulschriften /1; 928) ISBN 3-8204-9636-X
  • Eberhard Thiefenthaler: Die Auffindung der Handschrift des Nibelungenliedes in Hohenems. In: Montfort. 31/1979, S. 295-306 [1] (Zu Bodmers Rolle bei der Auffindung der Nibelungenhandschrift)
  • Angelika Wetterer: Publikumsbezug und Wahrheitsanspruch. Der Widerspruch zwischen rhetorischem Ansatz und philosophischem Anspruch bei Gottsched und den Schweizern. Niemeyer, Tübingen 1981. (= Studien zur deutschen Literatur; 68) ISBN 3-484-18068-4
  • Johann Kaspar Mörikofer: Bodmer, Johann Jakob. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 19–23.

Weblinks

 Commons: Johann Jakob Bodmer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien



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