Johanneskirche (Hanau)

Johanneskirche (Hanau)
Eingang und Turm, Südseite

Die Johanneskirche wurde 1658 als Kirche der lutherischen Gemeinde in Hanau errichtet.

Inhaltsverzeichnis

Historischer Rahmen

Sie verdankt ihre Entstehung der Bikonfessionalität der deutschen Reformation, insbesondere in der Grafschaft Hanau-Münzenberg. Die Grafschaft war seit der Regierung des Grafen Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg reformiert. Als die Grafen von Hanau-Münzenberg 1642 ausstarben, fiel ihr Erbe an den lutherische Grafen Friedrich Casimir von Hanau-Lichtenberg.

Die Residenzstadt der Grafschaft Hanau-Münzenberg, Hanau, bestand zum damaligen Zeitpunkt aus zwei rechtlich voneinander unabhängigen Städten: Alt- und Neu-Hanau. Letztere war an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert von reformierten Glaubensflüchtlingen aus Frankreich und den spanischen Niederlanden besiedelt worden. Deren Führungsschicht bestand aus reichen Bürgern, Kaufleuten und Gewerbetreibenden, die innerhalb der Grafschaft eine beherrschende ökonomische Stellung einnahmen, der eine schwache Stellung des neuen Grafen bei Regierungsantritt gegenüberstand. Einige Lehnsherren der Grafschaft Hanau-Münzenberg versuchten, dem aus dem fernen Hanau-Lichtenberg Angereisten, sein Erbe abzusprechen. Außerdem war die Grafschaft aufgrund des Dreißigjährigen Kriegs hoch verschuldet und auf den Kredit der Bürgerschaft angewiesen. Die Bürgerschaft stellte für den Regierungsantritt Bedingungen, und Friedrich Casimir blieb nichts anderes übrig, als die Forderungen zu gewähren, um überhaupt sein Erbe antreten zu können. Dazu zählte vor allem die Garantie der auch künftig freien Religionsausübung der Reformierten. Der lutherische Gottesdienst für den Grafen und seinen Hof sollte sich auf die Schlosskapelle beschränken.

Bau

Johann Georg II., Darstellung aus einem Krönunsgdiarium aus dem Jahre 1658 – Namensgeber der im selben Jahr begonnenen Johanneskirche
Modell der Kirche vor der Zerstörung

Erst am 4. Juni 1658 konnte der Grundstein für die lutherische Johanneskirche im Beisein des Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen gelegt werden. Dieser war von der Krönung Kaiser Leopold I. aus dem benachbarten Frankfurt am Main dazu herüber gekommen. Dem waren Spendenaufrufe im lutherischen Ausland vorangegangen, da die reformierten Untertanen sich selbstverständlich weigerten, ein solches Projekt zu unterstützen und auch der Graf sich ständig in finanziellen Schwierigkeiten befand. Die Einweihung erfolgte am 17. Januar 1664. Anschließend wurde die Orgel durch Abraham Fischer aus Marktbreit eingebaut.

Der Grundstein zum Turm wurde am 8. August 1679 gelegt, die Arbeiten am 10. Juli 1691 abgeschlossen.

Das Gebäude

Nordseite

Die Kirche entstand in der Altstadt Hanau in relativer Nähe zum Schloss. Sie bezieht in ihrer Westwand die mittelalterliche Stadtmauer der Altstadt mit ein. Stilistisch ist auffallend, dass sie sich – mitten im Barockgotischer Stilelemente bedient, etwa Spitzbogenfenstern und einem gotisierenden – allerdings nach Norden ausgerichteten – Chor. Letzteres ist durch den Zuschnitt des zur Verfügung stehenden Grundstücks bedingt. Der Haupteingang lag so im Süden und wird von dem auf der Schmalseite mittig angeordneten 47 Meter hohen Turm bekrönt. Die rückwärts gewandte Stilwahl könnte dadurch bedingt sein, dass die benachbarte, reformierte Marienkirche, ein gotisch geprägter Bau aus dem Mittelalter ist, dem architektonisch Paroli geboten werden sollte oder es sollte architektonisch eine Historizität der lutherischen Konfession in Hanau vorgespiegelt werden, die es nicht gab.

Das Innere der Kirche gestaltete sich ganz anders, als es die äußere Architekturform vorzugeben schien: Zumindest nach Umbau und Erweiterung von 1727 war die Innenausstattung – Kanzel und Altar – nach Westen ausgerichtet, vielleicht weil ein solches „Querformat“ hinsichtlich der Sichtverhältnisse von den Emporen günstiger zu gestalten war.

Das Gebäude enthielt weiter das Erbbegräbnis für die lutherische Linie des Hauses Hanau und wurde – auch nach 1736 von den kurhessischen Erben – bis ins 19. Jahrhundert genutzt, aber im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche schwer beschädigt. Die Gemeinde errichtete als Ersatz an anderem Standort die Neue Johanneskirche. Die verbliebenen Umfassungsmauern der Johanneskirche an drei Seiten wurden verwendet, um darin ein Gemeindezentrum für die benachbarte Gemeinde der Marienkirche zu schaffen. Der Kirchenraum wurde durch eine eingezogene Decke horizontal unterteilt. Auch nach einer Renovierung in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts blieben dieses Konzept und diese Nutzung erhalten, so dass im Inneren von dem historischen Bau nicht mehr viel zu erkennen ist.

Name

Ursprünglich hieß die Kirche „Lutherische Kirche“. Erst nachdem es Anfang des 19. Jahrhunderts in der Hanauer Union zu einer Vereinigung der reformierten und der lutherischen Landeskirche in Hanau kam und die bisherige Bezeichnung „Lutherische Kirche“ damit funktionslos wurde, erhielt sie den Namen „Johanneskirche“. Sie wurde nach dem bei ihrer Grundsteinlegung anwesenden Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen benannt.

Literatur

  • Ernst J. Zimmermann: Hanau Stadt und Land. 3. Auflage, Hanau 1919, ND 1978.
50.13748.9167

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