John Nelson Darby

John Nelson Darby
John Nelson Darby

John Nelson Darby (* 18. November 1800 in London; † 29. April 1882 in Bournemouth, England) war eine führende Persönlichkeit der Brüderbewegung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Grabstein von John Nelson Darby

Darby besuchte von 1812 bis 1815 die Westminster School in London und studierte anschließend bis 1819 am Trinity College in Dublin Jura. Nach dem Examen arbeitete er zunächst als Anwalt, geriet jedoch in eine geistliche Krise und entschloss sich 1825, Pfarrer der anglikanischen Kirche zu werden.[1] So arbeitete er von 1825 bis 1827 als Geistlicher unter der armen Landbevölkerung Irlands. Durch einen Reitunfall vorübergehend arbeitsunfähig geworden, beschäftigte er sich ab November 1827 intensiv mit der Bibel und begann am Staatskirchentum zu zweifeln. Er kam in Dublin mit unabhängigen christlichen Kreisen, den Keimzellen der Brüderbewegung, in Kontakt und übernahm dort bald eine führende Rolle. Reisen durch Irland und England führten an zahlreichen Orten ebenfalls zur Gründung von Brüdergemeinden.

Ab 1839 dehnte Darby seinen Wirkungsbereich auf das europäische Festland, auf Nordamerika, Australien und Neuseeland aus. Für die Entstehung von Brüdergemeinden in Deutschland war seine Begegnung mit dem Elberfelder Volksschullehrer und Evangelisten Carl Brockhaus bedeutsam. Darbys erster Besuch in Elberfeld fand im September 1854 statt, bis 1878 kam er weitere sieben Mal nach Deutschland. Mit Brockhaus gab Darby auch die Elberfelder Bibelübersetzung heraus.

Von 1845 an war Darby in mehrere theologische Auseinandersetzungen verwickelt, die zu Spaltungen und Trennungen innerhalb der Brüderbewegung führten. 1845 trennte er sich von Benjamin Wills Newton, dem er klerikale Tendenzen vorwarf, 1848 von der Gemeinde in Bristol unter Georg Müller und Henry Craik, die es ablehnte, umstrittene Lehren Newtons über die Leiden Christi zu untersuchen und zu verurteilen (dies resultierte in der weltweiten Trennung zwischen „offenen“ und „geschlossenen Brüdern“). 1858 veröffentlichte Darby seinerseits Lehren über die Leiden Christi, die von einigen seiner Freunde (darunter William Henry Dorman und Percy Francis Hall) als Irrlehren empfunden wurden, sodass sie sich 1866 von ihm trennten. 1879–81 kam es zu Auseinandersetzungen über Fragen der Gemeindezucht und der Anerkennung gemeindlicher Beschlüsse, die erneut eine Trennung zur Folge hatten (u. a. von William Kelly).

Lehre

Darby sah die Bibel in verschiedene heilsgeschichtliche Epochen, die so genannten „Haushaltungen“ (engl. dispensations), aufgeteilt. Seiner Ansicht nach müssen Bibeltexte im Zusammenhang dieser Epochen gelesen werden. Besonders wichtig ist die strikte Trennung zwischen Israel (dem irdischen Volk Gottes mit irdischen Verheißungen und einer irdischen Zukunft) und der Gemeinde (dem himmlischen Volk Gottes mit himmlischen Verheißungen und einer himmlischen Zukunft). Dieses theologisch-hermeneutische Modell wurde als Dispensationalismus vor allem im amerikanischen Protestantismus weit über die Brüderbewegung hinaus bekannt und bildet u. a. die Grundlage der Scofield-Bibel.

Aufgrund seiner heilsgeschichtlichen Schau vertrat Darby außerdem die Ansicht, dass die Kirche nach der Zeit der Apostel irreparabel verfallen sei. Der Verfall habe bereits zur Zeit des Neuen Testaments begonnen. Darby stimmte in vielen Lehraussagen zwar mit den Freikirchen überein, kritisierte jedoch deren erklärte Absicht, die „Gemeinde nach dem Neuen Testament“ wiederherstellen zu wollen. Eine Wiederherstellung der ursprünglichen Gemeinde Jesu sei nicht mehr möglich, da Gott nie etwas wiederherstelle, was der Mensch verdorben habe, und außerdem das apostolische Amt fehle. Für die gegenwärtige Gemeinde (die Elberfelder Bibel spricht von „Versammlung“) sei es nur noch möglich, sich im Namen Jesu zu versammeln (Matthäus 18,20). Unter dieser Versammlung im Namen Jesu verstand Darby vor allem das sonntägliche „Brotbrechen“ (Abendmahl). Seine Vision war es, dass sich alle Gläubigen an jedem Ort der Welt am „Tisch des Herrn“ versammeln und in ihrer Zusammenkunft vom Heiligen Geist geleitet werden. Am „Brotbrechen“ dürfen nach Darby jedoch nur solche teilnehmen, die sich durch gesunde Lehre, reinen Wandel und Trennung vom Bösen (dazu gehören auch die kirchlichen Strukturen) von den anderen unterscheiden.

Die Sendschreiben der Offenbarung (Kapitel 2-3) und die darin beschriebenen kleinasiatischen Gemeinden waren für Darby Typen der einzelnen kirchengeschichtlichen Epochen. Darby sah die Brüdergemeinden als Philadelphia: klein und kraftlos, aber ohne Tadel und mit einer großen Verheißung (Offenbarung 3,7).

Schriften

Darbys Schriften sind in folgenden Ausgaben zusammengefasst:

Englischsprachige Ausgaben

  • The Collected Writings of J.N. Darby. Ed. by William Kelly. 34 Bände. Morrish, London 1867-1900. – Neu gesetzter Nachdruck: Stow Hill Bible and Tract Depot, Kingston-on-Thames o.J. (um 1960). Davon weitere Nachdrucke.
  • Synopsis of the Books of the Bible. 5 Bände. Morrish, London o.J. – Nachdruck: Stow Hill Bible and Tract Depot, Kingston-on-Thames 1943. Davon weitere Nachdrucke.
  • Notes and Comments on Scripture from the Note Books of J.N. Darby. 7 Bände. Carter/Humphery, London 1883-1913. – Nachdruck: Stow Hill Bible and Tract Depot, Kingston-on-Thames 1959-1961. Davon weitere Nachdrucke.
  • Notes and Jottings from Various Meetings with J.N. Darby. 5 Bände. Foreign Gospel Tract and Book Depot, London o.J. (um 1930). – Nachdruck in einem Band: Stow Hill Bible and Tract Depot, Kingston-on-Thames 1962. Davon weitere Nachdrucke.
  • Spiritual Songs. Ed. by H.A. Hammond. Tract Depot, Dublin 1883. – Verschiedene Nachdrucke.
  • Letters of J.N.D. 3 Bände. Morrish, London o.J. – Nachdruck: Stow Hill Bible and Tract Depot, Kingston-on-Thames o.J. Davon weitere Nachdrucke.

Ein Verzeichnis von Darbys Einzelschriften findet sich im Katalog des Christian Brethren Archive (Manchester).

Deutschsprachige Ausgaben

  • Betrachtungen über das Wort Gottes. Teil 1–7. Neuauflage in 7 Bänden, Ernst-Paulus-Verlag, Neustadt an der Weinstraße 1981. (Deutsche Übersetzung der Synopsis of the Books of the Bible)

Literatur

  • W.G. Turner: John Nelson Darby. Ein Lebensbild. R. Müller-Kersting, Huttwil/Bern 1928.
  • Gustav Ischebeck: John Nelson Darby. Seine Zeit und sein Werk. Bundes-Verlag, Witten 1929.
  • Erich Geldbach: Christliche Versammlung und Heilsgeschichte bei John Nelson Darby. R. Brockhaus, Wuppertal 1971, ³1975.
  • William Kelly: John Nelson Darby – wie ich ihn kannte. CSV, Hückeswagen 1987.
  • Max S. Weremchuk: John Nelson Darby und die Anfänge einer Bewegung. CLV, Bielefeld 1988. ISBN 3-89397-312-5
  • Arbeitskreis Geschichte der Brüderbewegung (Hrsg.): 200 Jahre John Nelson Darby. Edition Wiedenest. Jota Publikationen, Hammerbrücke 2000.
  • Berthold Schwarz: Leben im Sieg Christi. Die Bedeutung von Gesetz und Gnade für das Leben des Christen bei John Nelson Darby, Brunnen-Verlag, Gießen/Basel 2008

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Randall Herbert Balmer: Darby, John Nelson (1800-1882). In: Encyclopedia of Evangelicalism. Baylor University Press, Waco 2004, ISBN 193279204X, S. 204.

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