Pfarrer

Pfarrer
Katholische Priester bei der Spendung der hl. Kommunion

Pfarrer ist ein in christlichen Kirchen, aber auch in nichtchristlichen (z. B. freireligiösen) Gemeinden verwendeter Begriff für eine Person, die mit der Leitung von Gottesdiensten, der seelsorglichen Betreuung und in der Regel auch mit der Leitung einer Kirchengemeinde betraut ist. In der katholischen Kirche kann nur ein Priester Pfarrer einer Gemeinde sein. Anstelle der Leitung einer Gemeinde kann ein Pfarrer jedoch auch einen anderen, speziellen Dienst (siehe unten) übernehmen. Die beiden großen Kirchen in Deutschland sowie die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche regeln die Rechte und Pflichten der Pfarrer durch Kirchengesetz (Pfarrerdienstrecht), das sich weitgehend am staatlichen Beamtenrecht und an den Laufbahnen von Studienräten orientiert.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Ein Pfarrer der Norwegischen Kirche bei der Konfirmation

Das Wort Pfarrer ist eine germanische Bildung in Analogie zu griech.: παροικία, paroikía, Zusammensetzung aus παρά (in der Nähe, nahe bei) und οίκος (Haus), d. h. wörtlich benachbarte Häuser, Nachbarschaftsbezirk; davon abgeleitet auch der lateinische Begriff: parochus oder parochianus; im Kirchenlatein gibt es für Pfarrer auch den Ausdruck plebanus „Leutpriester, Landpfarrer, Dorfgeistlicher“ (im Gegensatz zum gebildeten Kleriker) von plebs „(einfaches (Kirchen-) Volk“) und/oder von (ecclesia) plebis Leutkirche, Pfarrkirche). Das Wort „Pfarrer“ hat seinen Ursprung in einem germanischen Begriff für Bezirk oder ein begrenztes Gebiet, welcher auch dem Wort Pferch zugrunde liegt, so dass der „Pfarrer“ den „Pfarr(h)er(rn)“ eines Gebietes, eben der „Pfarrei“ darstellt. „Pfarrin" bezeichnete im 19. Jahrhundert eine Pfarrersfrau.[1]

Pfarrer

Ein Pfarrer bekleidet in der Regel ein Pfarramt. In Mittel- und Norddeutschland wird der Pfarrer auch Pastor genannt (nicht zu verwechseln mit der Bezeichnung in Freikirchen). Der Begriff Stadtpfarrer ist ein heute seltener verwendeter Titel bzw. eine Anrede für den leitenden oder ranghöchsten Pfarrer innerhalb einer Stadt. Häufig wird heute in Großstädten ein leitender Dekan ernannt, gelegentlich mit den Titeln Stadtdechant, Propst oder Superintendent. Der früher in wenigen Regionen und Funktionen vorkommende Titel des Oberpfarrers ist heute nicht mehr gebräuchlich.

Die Stellung und Aufgaben eines Pfarrers sind in den christlichen Konfessionen unterschiedlich: In den evangelischen Kirchen und der Altkatholischen Kirche ist der Pfarrer aus dem Kreise der bei der jeweiligen Kirche verbeamteten Geistlichen entweder von der Gemeinde gewählt oder von der übergeordneten Kirchenleitung ernannt. Im zweiten Fall muss auf die Ernennung die Vokation durch den Kirchenvorstand erfolgen. In seltenen Fällen wird die Pfarrstelle aber auch nach Präsentation durch einen Patron besetzt.

In den evangelischen Kirchen wird man durch die Ordination zum Pfarrer. Ein Bewerber wird dadurch mit der öffentlichen Verkündigung des Wortes Gottes und der Verwaltung der Sakramente (vor allem Taufe und Abendmahl) beauftragt. In der Ordination verspricht der Pfarrer seelsorgerliche Verschwiegenheit und die Wahrung des Beichtgeheimnisses. Ein Pfarrer kann dann eine Gemeinde leiten oder auch in einem anderen Bereich geistliche Aufgaben erfüllen. Die meisten evangelischen Kirchen ordinieren Frauen und Männer ausschließlich ins Gemeindepfarramt und setzen für Sonderpfarrämter (s.u.) eine Praxiszeit im Gemeindepfarramt voraus.

In der römisch-katholischen Kirche wird ein geweihter Priester vom Diözesanbischof zum Pfarrer ernannt.

Neben der Spendung der Sakramente und der Verkündigung des Wortes Gottes in Gottesdienst und Seelsorge gehört zum klassischen Gemeindepfarramt immer auch die Verwaltung einer Gemeinde, etwa das Pflegen der Kirchenbücher und die dienstrechtliche Aufsicht über die Mitarbeitenden.

Um Pfarrer werden zu können, muss ein Bewerber Theologie studiert und Examina nach den Kirchenordnungen abgelegt haben. In der Regel gibt es eine akademische und eine praktische Vorbereitungsphase für den Pfarrdienst. In der katholischen Kirche stehen vor der Priesterweihe die akademischen und nach einer Praxiszeit als Kaplan in einer Pfarrgemeinde die praktischen Prüfungen (Pfarrexamen). Ein Pfarramt wird verliehen, nachdem sich ein Priester einige Jahre im geistlichen Dienst bewährt hat.

Die Einführung eines Pfarrers in sein Amt bzw. in seine Gemeinde geschieht im Rahmen einer feierlich gestalteten Heiligen Messe. Dies soll bei der Gemeinde und beim Bewerber den Glauben stärken, dass Gott ihn in seinen Dienst beruft.

Neben dem Wirkungsbereich innerhalb einer Ortsgemeinde (Pfarrei; in Österreich: Pfarre) arbeiten Pfarrer auch in anderen Institutionen: Schulpfarrer, Krankenhauspfarrer, Gefängnispfarrer, Leiter karitativer Einrichtungen, Studenten-/Hochschulpfarrer, Studienleiter an Akademien, Wirtschafts- und Sozialpfarrer, Betriebsseelsorger, Militärpfarrer, Polizeipfarrer, Fernsehpfarrer, Medienpfarrer, Zirkuspfarrer oder Schaustellerpfarrer. Katholische Geistliche in solchen Funktionen erhalten den Titel „Pfarrer“ durch bischöfliches Dekret.

Pfarrer waren in früheren Zeiten gelegentlich auch in ganz anderen Bereichen tätig, etwa als Mathematiker, Techniker, und Erfinder, zum Beispiel Jacob Christian Schäffer, Michael Stifel, Friedrich Christoph Oetinger und Philipp Matthäus Hahn. Politisch aktive Pfarrer waren bzw. sind Ludwig Kaas, Heinrich Brauns, Peter Hintze und Joachim Gauck. Katholischen Priestern ist heute durch das Kirchenrecht untersagt, öffentliche Ämter anzunehmen, die eine Teilhabe an der Ausübung weltlicher Gewalt mit sich bringen.[2]

Kirchenrechtlich-Dogmatisch

In der römisch-katholischen Kirche amtiert der Pfarrer zwar unter der Autorität und im Namen des Bischofs, hat er jedoch erst einmal von seinem Amt Besitz ergriffen (Investitur), so kann ihn der Bischof ohne seine Einwilligung, besondere Gründe oder seinen Amtsverzicht nicht versetzen. Bis auf die Vollmacht, die hl. Weihen (Ordination) zu erteilen und die Firmung zu spenden, steht ihm die volle Jurisdiktion in seiner Pfarrei zu. Es ist dem Bischof jedoch möglich, den Pfarrer des Amtes zu entheben. Die Amtsgeschäfte in seinen Pfarreien führt der Pfarrer bis zu einem gewissen Grade frei, ist aber an die Vorgaben der Diözese gebunden und auf die Zusammenarbeit mit pastoralen Mitarbeitern und Ehrenamtlichen in Räten (z. B. Kirchengemeinderat, Kirchenvorstand, Pfarrverwaltungsrat, Pfarrgemeinderat und Ausschüssen) angewiesen.

Eine besondere Stellung in der römisch-katholischen Kirche nimmt der Moderator ein. Er ist zwar geweihter Priester und kann mit der Leitung einer Pfarrei betraut werden, er kann aber aus bestimmten Gründen den Titel "Pfarrer" nicht tragen, etwa weil er als Ordenspriester nicht direkt der Diözese sondern der Leitung seines Ordens untersteht oder weil er nicht die Staatsangehörigkeit jenes Landes besitzt, in welchem er tätig ist. Der Moderator kann auch jederzeit ohne seine Einwilligung und ohne Amtsverzicht versetzt werden. Ansonsten leitet er seine Pfarrei mit den gleichen Rechten und Pflichten wie ein Pfarrer.

In den lutherischen Landeskirchen bestimmt die Kirchengemeindeordnung, dass die Kirchengemeinden vom Kirchenvorstand (bzw. Kirchengemeinderat) und Pfarrer gemeinsam geleitet werden. Die Mitglieder des Kirchenvorstandes sind hiernach verpflichtet, nach dem Maß ihrer Gaben und Kräfte zusammenzuarbeiten. Der Kirchenvorstand besteht aus gewählten Mitgliedern und Mitgliedern kraft Amtes (d.h. dem Pfarrer bzw. den Pfarrern). Vorsitz und stellvertretender Vorsitz werden von einem gewählten Mitglied und einem Mitglied kraft Amtes wahrgenommen. In der Württembergischen Evangelischen Landeskirche wird der Pfarrer in Verwaltungsangelegenheiten durch den Kirchenpfleger entlastet, der kraft Amtes auch Mitglied des Kirchengemeinderats ist und als Mitarbeiter der Kirchengemeinde vielfältige Verwaltungsaufgaben zu bearbeiten hat (Abwicklung der Einnahmen und Ausgaben, Buchungen, Haushaltsplan, Bauaufgaben, Personalangelegenheiten). Pädagogische Aufgaben oder solche der Sozialarbeit können in den evangelischen Kirchen einem Diakon übertragen sein. Auf diese Weise wird dem Pfarrer mehr Freiraum für seine Kernaufgaben in der geistlichen Gemeindearbeit verschafft.

Literatur

  • Oliver Janz: Bürger besonderer Art. Evangelische Pfarrer in Preussen 1850-1914, Berlin; New York 1994.
  • Oliver Janz: "Kirche, Staat und Bürgertum in Preußen. Pfarrhaus und Pfarrerschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert", in: Luise Schorn-Schütte u. Walter Sparn (Hg), Evangelische Pfarrer. Zur sozialen und politischen Rolle einer bürgerlichen Gruppe in der deutschen Gesellschaft des 18. bis 20. Jahrhunderts (= Konfession und Gesellschaft, Bd. 12), Stuttgart 1997, S. 128–147.
  • Frank-Michael Kuhlemann: Bürgerlichkeit und Religion. Zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte der evangelischen Pfarrer in Baden 1860 - 1914 (= Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden, Bd. 58), Göttingen 2001.
  • Dimitrij Owetschkin: Die Suche nach dem Eigentlichen. Studien zu evangelischen Pfarrern und religiöser Sozialisation in der Bundesrepublik der 1950er–1970er Jahre. (=Veröffentlichungen des Instituts für soziale Bewegungen, Schriftenreihe A – Darstellungen, Bd. 48), Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0506-1
  • Eckart Roloff: Göttliche Geistesblitze. Pfarrer und Priester als Erfinder und Entdecker. Wiley-VCH, Weinheim 2010. 357 Seiten. ISBN 978-3-527-32578-8
  • Paul Bernhard Rothen: Das Pfarramt. Ein gefährdeter Pfeiler der europäischen Kultur. Lit-Verlag, Münster 2009. 456 Seiten. ISBN 978-3-643-80026-8
  • Luise Schorn-Schütte u. Walter Sparn (Hg), Evangelische Pfarrer. Zur sozialen und politischen Rolle einer bürgerlichen Gruppe in der deutschen Gesellschaft des 18. bis 20. Jahrhunderts (= Konfession und Gesellschaft, Bd. 12), Stuttgart 1997.

Siehe auch

Weblinks

 Wikiquote: Pfarrer – Zitate

Einzelnachweise

  1. Friedrich Jacobs (Philologe), Aurora oder die Erbschaft, Erzählungen, Leipzig 1824, gefunden in der "Encyclopädie der deutschen Nationalliteratur" von Oskar Ludwig Bernhard Wolff
  2. Codex Iuris Canonici can. 285 § 3

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