Heilsgeschichte

Heilsgeschichte

Der Ausdruck Heilsgeschichte (auch Heilsökonomie) kommt in der christlichen Theologie des 19. Jh. auf und bezeichnet eine Perspektive auf die Geschichte, wonach diese als sinnvolle Aufeinanderfolge heilshaften göttlichen Handelns interpretiert wird.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsgeschichte

Der Ausdruck "Heilsgeschichte" wird im 19. Jh. geprägt und ist zunächst umstritten. Mitte des 20. Jh. wird er zu einem Zentralbegriff und Interpretament von Theologie überhaupt, was etwa das theologische Kompendium Mysterium Salutis exemplifiziert.

Ideengeschichte

Heilsgeschichtliches Denken liegt der gesamten christlichen Kunst des Abendlandes zugrunde. Es hat als jüdisch-christlicher Einfluss, religiös oder säkularisiert, auch das neuzeitliche philosophische Denken geprägt (Joachim von Fiore, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Karl Marx u.v.a.) und ist als Fortschrittsglaube Teil des Massenbewusstseins geworden. Moderne Kritiker sehen darin eine der Ursachen für die Entfremdung des Menschen von der in Zyklen lebenden Natur. Für den Existenzialismus andererseits (Kierkegaard, Martin Heidegger, Sartre) ist Geschichtlichkeit die Grundverfasstheit des Menschen, sein Schicksal und seine Würde.

Im angelsächsischen Raum war die Scofield-Bibel mit heilsgeschichtlichen Anmerkungen und Verweis-Ketten von Cyrus I. Scofield ein neuer Impuls heilsgeschichtlichen Denkens.

Theologie der Reformation

Nach reformiertem Verständnis bezeichnet die Heilsgeschichte (historia salutis) Gottes rettendes und erlösendes Wirken zu Gunsten seines Volks. Sie geht eng mit der fortschreitenden Selbstoffenbarung Gottes einher. Immer dann, wenn ein wichtiges Ereignis in der Heilsgeschichte anstand war es begleitet von den Offenbarungen und den Zeichen großer Propheten. Von besonderer Bedeutung sind Mose beim Bundesschluss am Sinai, Elija als Vorbote des Messias, Jesus Christus als Messias und die Apostel bei der Einführung der Gemeinde. Die reformatorische Sicht unterscheidet sich von der dispensationalistischen vor allem darin, dass Gottes Handeln als fortschreitend betrachtet wird. Diskontinualität wird (häufig unter Berufung auf das Seinsprinzip principium essendi) bewusst abgelehnt.

Versuche einer Systematisierung der Heilsgeschichte

In christlichen theologischen Darstellungen wird üblicherweise in den ersten Jahrzehnten der christlichen Zeitrechnung die Mitte der Heilsgeschichte („Fülle der Zeit“ Gal. 4,4; Eph. 1,10) gesehen: Leben und Wirken, Kreuzestod und Auferstehung des Jesus von Nazaret als Jesus Christus. Als dessen Ankündigung und Vorbereitung gilt die Schöpfungs-Erzählung der Bibel mit dem Sündenfall. Die Geschichte nach Christus gilt als „letzte Zeit“ oder „Endzeit“, in der das Evangelium zu allen Völkern dringt, bis die Zahl der Geretteten voll sein und der christliche Messias Jesus Christus in Herrlichkeit zum zweiten Mal ankommen wird.

Abstrakte Darstellung der Heilsgeschichte

Eine dispensationalistische Darstellung von Heilsgeschichte kann in „Erscheinungsformen des Reiches Gottes“ erfolgen. Kriterium einer solchen Darstellung ist, wo sich der König, Jesus Christus als Messias des Königreichs Gottes, befindet:

  1. im Alten Testament: hier ist nach christlicher Deutung der König nur verheißen
  2. in den Evangelien: der König ist in der Person von Jesus Christus gegenwärtig
  3. in der Gemeindezeit: der König ist in der Gemeinschaft der Gläubigen durch den Heiligen Geist vertreten
  4. im 1000-jährigen Reich: der König ist in der Person des wiedergekommenen Jesus Christus auf der Erde
  5. im neu zu schaffenden Reich Gottes: die dauernde Gegenwart des Königs von Angesicht zu Angesicht

Literatur

  • Jörg Frey / Stefan Krauter / Hermann Lichtenberger (Hgg.): Heil und Geschichte. Die Geschichtsbezogenheit des Heils und das Problem der Heilsgeschichte in der biblischen Tradition und in der theologischen Deutung, Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 248, Mohr Siebeck, Tübingen 2009.
  • Günter Lanczkowski et al.: Art. Geschichte / Geschichtsschreibung / Geschichtsphilosophie, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 12, S. 565-698.
  • A. Weiser et al.: Art. Heilsgeschichte, in: Lexikon für Theologie und Kirche 3. A., Bd. 4, Sp. 1336-1344.

Weblinks


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