Julchen Blasius

Julchen Blasius
Juliana Blasius und ihr Sohn Franz Wilhelm, Gemälde von K. H. Ernst (1803)

Juliana Blasius (auch: Bläsius; Julchen; frz. Julie Blaesius) (* 22. August 1781 in Weierbach bei Idar-Oberstein; † 3. Juli 1851 in Weierbach) war die letzte Räuberbraut des Johannes Bückler, mit dem sie drei Jahre zusammen lebte und von dem sie ein Kind bekam.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Flugblatt mit Porträt von Juliana Blasius (1803)

Juliana Blasius war die Tochter des Musikanten und Tagelöhners Johann Nikolaus Blasius (* 1751). Schon als Kind war sie zusammen mit dem Vater und der Schwester Margarethe (* 1779) auf Märkten und bei Kirchweihen als Bänkelsängerin und Geigenspielerin zu sehen.

Das Todesjahr ihres Vaters und ihrer Schwester ist nicht mehr eruierbar, denn die Kirchenbücher von Weierbach aus der Zeit von 1798 bis 1830 liegen nur noch in Bruchstücken vor. Daraus geht jedoch – nach Mitteilung des Pfarrers i. R. Erich Henn aus Idar-Oberstein – die Schreibweise des Familiennamens Blasius hervor. Als Vorname wird in der Literatur mitunter auch Juliane angegeben, als Familienname manchmal Bläsius.

Auch wenn sie später beim Prozess angab, als 15-Jährige entführt worden zu sein, dürfte Blasius den Schinderhannes genannten Johannes Bückler Ostern 1800 bei einem Auftritt auf dem Wickenhof bei Kirn kennengelernt haben. Die Aussage dürfte eine Notlüge gewesen sein, denn das „Julchen“ hätte später, wenn es in Abwesenheit des „Schinderhannes“ als „Händlerin Ofenloch“ unterwegs war, flüchten können.

Nach einem zwei Wochen darauf initiierten Treffen im Wald bei Weierbach scheint Blasius bei dem schon flüchtigen Räuber geblieben zu sein. Ihre Schwester Margarete wurde die Geliebte von Peter Dalheimer aus Bücklers Bande.

Nach dem heimlichen Treffen im Wald bei Weierbach zog das „Julchen“ fortan mit dem „Schinderhannes“, der vor ihr schon acht andere Geliebte hatte, durch das Land. Vier der Geliebten sind namentlich bekannt: Elise Werner, Buzliese-Amie, Katharina Pfeiffer und Margarethe Blasius.

Auf dem Höhepunkt seiner Macht um 1800 hielt sich Bückler mit Blasius und seiner Bande auf der halb verfallenen Schmidtburg im Hahnenbachtal oberhalb von Kirn auf. Die Burg war seit der französischen Annexion 1795 von ihren Besitzern verlassen worden. Im nahegelegenen Dorf Griebelschied feierte die Bande in einem Gasthof sogar einen öffentlichen „Räuberball“.

Zusammen mit Johannes Bückler beteiligte sich Blasius mehrfach – teilweise in Männerkleidung – an brutalen Überfällen, bei denen sie es sogar in Kauf nahm, dass die Opfer – wie der Jude Wolff Wiener in Hottenbach – gequält wurden. In dem Roman Unter dem Freiheitsbaum (1922) der aus Trier stammenden Schriftstellerin Clara Viebig (1860–1952) wird die Räuberbraut als mutig, skrupellos, temperamentvoll und attraktiv dargestellt.

In Bruchsal gebar Juliana Blasius eine bald darauf verstorbene Tochter. Nach der Inhaftierung der Bande gebar Julchen am 1. Oktober 1802 einen Sohn, der Franz Wilhelm getauft und später vom Mainzer Zollwächter Johannes Weiß adoptiert werden sollte. Über das spätere Schicksal des Sohnes ist nichts bekannt, außer dass er Unteroffizier in der österreichischen Armee wurde.

Im selben Jahr musste sich auch ihre Schwester Margarethe wegen Diebstahl und Herumlungern verantworten und eine Haftstrafe in Kaiserslautern absitzen.

Julchen Blasius wurde im Prozess gegen den Schinderhannes und seine Kumpanen zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt und verbüßte ihre Haftstrafe im Korrektionshaus in Gent (Belgien). Die verhältnismäßig milde Strafe beruhte darauf, dass ihr Geliebter sie während des Verfahrens immer wieder zu entlasten versuchte. Er sagte: „Ich habe sie verführt, sie ist unschuldig.“ Der Gerichtsort Mainz hieß damals Mayence und lag im französischen Département du Mont-Tonnerre („Donnersberg“), und der Schinderhannes wurde als französischer Staatsbürger „citoyen Jean Buckler“ angeklagt.

Nach ihrer Entlassung aus dem Korrektionshaus arbeitete Blasius als Dienstmädchen beim Pflegevater ihres Sohnes in Mainz, kehrte dann aber, von Weiß oder seiner Bediensteten zuvor sexuell belästigt, nach Weierbach zurück und wurde dort die Gattin eines Gendarmen namens Uebel, der während der Befreiungskriege starb. Am 2. Juli 1814 heiratete sie dann ihren verwitweten Vetter, den Ortspolizeidiener von Weierbach Johann Blasius und gebar weitere sieben Kinder, von denen jedoch nur zwei das Erwachsenenalter erreichten.

In späteren Jahren wurde Juliana Blasius zuweilen von in Weierbach durchreisenden Fremden neugierig bestaunt. Sie soll dann noch gern „bei einem Schnaps“ von ihrer Zeit als Räuberbraut erzählt haben, die sie selbst für die schönste ihres Lebens hielt. Als daraufhin 1844 ein Staatsanwalt aus Saarbrücken jene sich als „Frau des Schinderhannes“ brüstende Alte visitierte, fand er sie „reinlich gekleidet“ und „noch gut konserviert“ vor.

Juliana Blasius überlebte den Schinderhannes um 47 Jahre und verstarb am 3. Juli 1851 im Alter von 69 Jahren in ihrem Heimatort an den Folgen der Wassersucht.

Wirkungsgeschichte

In der Literatur wird die „bekannteste Weierbacherin“ unterschiedlich beurteilt. Das Julchen des Schinderhannes' ist schon zu Lebzeiten Teil der sich um Johannes Bückler bildenden Legende geworden. Nebst den zahlreichen literarischen Verarbeitungen des Schinderhannes-Stoffes wurde Blasius auch zur Hauptfigur in Clara Viebigs Roman Unter dem Freiheitsbaum (1922). Viebig arbeitete ihre Rolle am deutlichsten heraus, entfernte sich aber auch relativ weit von den gesicherten Fakten, indem sie viele Episoden um „Julchen“ in ihren eigenen Geburtsort Trier und ins Moseltal versetzte. Carl Zuckmayer (1896–1977) hielt sich mehr an die Fakten, machte das Julchen jedoch in dem Schauspiel „Schinderhannes“ mehr zur Randfigur.

Während der 1990er Jahre wurde in der Naheregion das Theaterstück „Julchen oder das zweite Leben“ von Armin Peter Faust aus Weierbach häufig aufgeführt. Damals lebten in Weierbach noch mindestens acht ihrer Nachkommen.

Literatur

  • Armin Peter Faust, Die bekannteste Weierbacherin. Allen noch lebenden Nachkommen von Julchen gewidmet; in: Birkenfeld, Heimatkalender, 1992, 131-139)
  • Peter Bayerlein: Schinderhannes-Chronik, 2003
  • Peter Bayerlein: Schinderhannes-Ortslexikon, 2003
  • Mark Scheibe: Schinderhannes. Nichtsnutz, Pferdedieb, Räuberhauptmann ?; Kelkheim, 2008 (450 S.), ISBN 978-3-00-024299-1 - Veröffentlichung nach dem rechtshistorischen Forschungsprojekt an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

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