KZ Biesnitzer Grund

KZ Biesnitzer Grund

Das Außenlager Görlitz war eine, 1944 in der Stadt Görlitz errichtete Außenstelle des Konzentrationslagers Groß-Rosen. Im Volksmund wird das Lager auch als KZ Biesnitzer Grund bezeichnet, obwohl es niemals den Status eines eigenständigen Konzentrationslagers hatte und im Stammlager Groß-Rosen als „Außenlager Görlitz“ geführt wurde. Das Lager existierte zwischen August 1944 und Mai 1945.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Die Waggon- und Maschinenbau AG (WUMAG) pachtete 1939 das Gelände der ehemaligen Ziegelei Roscher von der Stadt Görlitz, um dort ein Barackenlager für Zwangsarbeiter zu errichten. Zunächst quartierte man dort 300 französische Kriegsgefangene ein. Nach dem Russlandfeldzug inhaftierte man so genannte Ostarbeiter im Lager. Im November 1940 erklärte man die WUMAG zum „kriegswichtigen Unternehmen“. Dies war die Voraussetzung für die Errichtung eines „Zentralen Arbeitslagers“ (ZAL) der Organisation Schmelt Ende April 1943. Zwischen 270 und 350 jüdische Häftlinge aus Oberschlesien arbeiteten bis April 1944 für die WUMAG und wurden nach der Liquidierung des ZAL Görlitz in das KZ-Außenlager Kittlitztreben gebracht. Das ZAL Görlitz sowie 27 weitere Lager der Organisation Schmelt ließ Adolf Eichmann dem KZ Groß-Rosen unterstellen.

Entstehung und Aufbau des KZ-Außenlagers

Die erste Erwähnung fand das KZ Außenlager Görlitz am 9. Juni 1944 in einem Bericht des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes. Am 8. August desselben Jahres übernahm Winfried Zunker den Posten des Lagerführers.

Das Lager war umgeben von vier Wachtürmen und einem fünf Meter hohen, elektrisch geladenen Stacheldrahtzaun. Ein weiterer Zaun teilte das Lager in zwei Teile: Der kleinere, südlich gelegene Teil bildete ab September 1944 das Frauenlager und der übrige Teil das Lager war für die männlichen Gefangenen bestimmt. Das Frauenlager bestand aus drei, das Männerlager aus sechs Wohnbaracken aus Holz.

Häftlinge

Die Insassen des Lagers stammten zum Großteil aus dem Generalgouvernement bzw. Oberschlesien und Ungarn bzw. der Karpato-Ukraine. Ferner waren auch Rumänen, Deutsche, Griechen, Niederländer und Tschechoslowaken unter ihnen. Im Frauenlager befanden sich bis Februar 1945 ausschließlich 300 Polinnen und Ungarinnen.

Häftlingstransporte ins Männerlager

  • 10. August 1944: 25 Deutsche aus Groß-Rosen
  • Mitte August 1944: 225 aus der Slowakei, Nordungarn und der Karpatho-Ukraine über Auschwitz
  • Ende August 1944: 400 Männer aus Ungarn über das KZ-AL Fünfteichen
  • 18./19. September 1944: 550 Männer aus Litzmannstadt über Auschwitz

Häftlingsselbstverwaltung

An der Spitze der Häftlingsselbstverwaltung stand der Lagerälteste Herman Czech - ein deutscher „Krimineller“. Die Funktion des Lagerkapos besetzen der polnische Jude Jakob Tannenbaum und sein Landsmann Schneebau. Darüber hinaus gab es neun Blockälteste, die jeweils einem Block (Barackenteil) kontrollierten, und Arbeitskapos [1].

Lagerleitung und Wachmannschaften

Der zuständige Lagerkommandant für das KZ-Außerlager Görlitz, sowie für die Außenlager Bautzen, Kamenz, Kratzau, Niesky und Zittau, war Erich Rechenberg, der mit seiner Familie in unmittelbarer Nachbarschaft zum Lager in einer Holzbaracke lebte. Rechenberg wurde beim Fronteinsatz bei der Wehrmacht mehrfach verwundet und schließlich nach Auschwitz zur SS versetzt [1]. Der gelernte Gärtner Winfried Zunker (1917–1946) war seit August 1944 Lagerführer im KZ-Außenlager Görlitz. Bereits 1936 trat er in die SS ein und kämpfte während des Krieges in der Leibstandarte Adolf Hitler, bevor er als Büroangestellter bei der Sicherheitspolizei (SiPo) in Breslau arbeitete. Die Wachmannschaften des Lagers bildeten das 9. SS-Totenkopfbataillon, was sich aus älteren Reservisten und Weltkriegsveteranen zusammensetze [1].

Zwangsarbeit und Hinrichtungen

Zwischen August 1944 und April 1945 arbeiteten bis zu 1.450, meist jüdische Häftlinge in den Görlitzer Waggon und Maschinenbau AG (WUMAG) bzw. bei Dienstleistungsunternehmen, die für die WUMAG tätig waren.[1]

Es gibt auch Vermutungen, wonach etwa 25 Häftlinge auf dem Görlitzer Stadtgut in der Gemeinde Kunnerwitz in der Landarbeit eingesetzt wurden. 25 bis 50 Häftlinge arbeiteten innerhalb des Lagers als Handwerker, Köche und Kutscher.

Die Gefangenen erhielten schlechte Verpflegung und waren den immer wieder Misshandlungen ihrer Wächter ausgesetzt. Die tägliche Arbeitszeit betrug, mit Ausnahme des Sonntags, zwölf Stunden.

Todesmarsch

Am 11. Februar 1945 befahl NSDAP-Kreisleiter Malitz, auf Grund des Vorrückens der Roten Armee, die Evakuierung des Lagers. [1] Während dieses Evakuierungsmarsches fanden Erschießungen kranker und gehunfähiger Häftlinge statt. Der Marsch führte durch die Dörfer Kunnerwitz, Friedersdorf, Sohland, Lehdehäuser und die Buschschenke nach Berthelsdorf und schlussendlich nach Rennersdorf. Ungefähr 25 Gefangene, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage waren, den Marsch anzutreten, erschoss das Wachpersonal noch vor Abmarsch. Etwa 40 Häftlinge blieben in Görlitz zurück.

Malitz ordnete am 8. März den Rückmarsch an, um die verbleibenden Häftlinge für Schanzarbeiten und zur Errichtung von Panzersperren einzusetzen. Am 8. Mai 1945 wurden die Gefangenen durch die sowjetische Armee befreit.

Nach Ende des Krieges wurde in den Prozessen gegen Oberbürgermeister Hans Meinshausen und NSDAP-Kreisleiter Dr. Bruno Malitz bekannt, dass das KZ Bienitzer Grund auch als Hinrichtungsort für sowjetische Kriegsgefangene diente.[1]

Gedenken

Auf dem jüdischen Friedhof in Görlitz sind 323 ehemalige Gefangene des Lagers begraben. 1951 wurde auf dem jüdischen Friedhof ein Mahnmal, für die im KZ ermordeten und hier bestatteten jüdischen Häftlinge, eingeweiht. [2] 1959 setzten Schüler und Lehrer der Melanchtonschule einen Gedenkstein, das „Fröbedenkmal“, zu Ehren der Häftlinge und ihrer Angehörigen. Als Standort wurde ein Platz gewählt, an dem die Häftlinge täglich vorbei marschieren mussten. [3] In den 30 Jahren nach seiner Errichtung, fanden dort mehrere Gedenkfeierlichkeiten und Appelle statt. 2003 wurde das Denkmal restauriert. Weitere Gedenkorte für die Opfer des KZ-Außenlagers Görlitz befinden sich in Deutsch-Paulsdorf (an der „Waage“) und auf dem Rennersdorfer Friedhof.

Siehe auch

Literatur

  • Niels Seidel: Die KZ-Außenlager Görlitz und Rennersdorf 1944/45 – Ein Beitrag zur Aufarbeitung der Geschehnisse im KZ Groß Rosen, Neiße Verlag, 2008, 256 Seiten.
  • Kurt Wolf: Das KZ-Außenlager Görlitz Biesnitzer Grund, Stadtverwaltung Görlitz, 2005.
  • Shlomo Graber: Schlajme. Von Ungarn durch Auschwitz-Birkenau, Fünfteichen und Görlitz nach Israel. Jüdische Familiengeschichte 1859-2001. HARTUNG-GORRE Verlag, 2002, 160 Seiten.
  • Wolfgang Benz / Barbara Diestel (Hrgs.): Orte des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 6 Natzweiler Groß-Rosen Stutthof. Verlag C. H. Beck, München 2007.
  • Gräfe, Karl-Heinz/ Töpfer Hans- Jürgen: Ausgesondert und fast vergessen. KZ-Außenlager auf dem Territorium des heutigen Sachsen, Dresden 1996.

Einzelbelege

  1. a b c d e f Niels Seidel, S. 45ff
  2. Verzeichnis jüdischer Friedhöfe in Sachsen
  3. Goerlitz.de: Seite zum Fröbedenkmal

51.14222222222214.9644444444447Koordinaten: 51° 8′ 32″ N, 14° 57′ 52″ O


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