- KZ Janowska
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Das KZ Janowska bei Lemberg (Lwiw) wurde im November 1941 als Zwangsarbeitslager Lemberg-Janowska errichtet und später als „multifunktionales Durchgangslager“ genutzt. Viele der meistenteils jüdischen Häftlinge wurden von dort in andere Zwangsarbeitslager (ZAL) deportiert, für das Vernichtungslager Belzec selektiert oder auch in den Sandhügeln hinter dem Lager erschossen. Daher wird das Lager Janowska manchmal auch als Vernichtungslager bezeichnet.[1] Am 19. November 1944 wurde das Lager Janowska liquidiert.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung des Lagers
Im September 1941 übernahmen die deutschen Besatzer ein Fabrikgelände in der Janowska-Straße von Lemberg und richteten dort zunächst einen Versorgungsbetrieb für die Wehrmacht ein. Kurze Zeit später wurde das Lager Teil der Deutschen Ausrüstungwerke (DAW), einem SS-Unternehmen. Es wurden zunächst Zwangsarbeiter für die dortige Produktion eingesetzt. Im Spätherbst 1941 wurde ein Teil des Geländes als „Zwangsarbeitslager Lemberg-Janowska“ abgetrennt und vom Betriebsleiter der DAW, SS-Hauptsturmführer Fritz Gebauer, als Lagerführer geleitet.[2]
Bereits seit der Okkupation am 30. Juni 1941 bestand daneben in Lemberg ein großes Sammellager, als Jüdischer Wohnbezirk Lemberg bezeichnet.
Ausbau
Anfang Mai 1942 befahl Friedrich Katzmann, das Lager Janowska auf dem angrenzenden Gelände zu erweitern und für 10.000 Häftlinge auszubauen. Zum 1. Juli 1942 wurde Gustav Willhaus[3] Kommandant des Zwangsarbeiterlagers Janowska, das er bis zum Juni 1943 leitete und von den DAW-Betrieben abgetrennt war. [4] Im März 1943 hatte das Lager eine Frauenabteilung mit 400 Jüdinnen; im März 1943 erreichte das Lager seine höchste Belegung mit bis zu 15.000 Häftlingen. [5] Auch wenn zeitweilig bis zu 10% polnische und ukrainische Häftlinge untergebracht waren, handelte es sich hier in erster Linie um ein „Judenlager“.
Lebensverhältnisse
Es mangelte an hygienischer und ärztlicher Grundversorgung. Die Baracken waren ungeheizt und äußerst primitiv ausgestattet. Die Ernährung war unzureichend, zumal an sechs Tagen der Woche jeweils zehn Stunden schwere körperliche Arbeit abverlangt wurde. Zudem drohten ständig „Selektionen“ und brutale Übergriffe, an denen sich der Kommandant beteiligte. [6]
Durchschnittlich nur drei Monate währte die Überlebenszeit von Häftlingen, falls sie nicht als Funktionshäftling oder wegen besonderer Facharbeiterqualifikation verschont blieben. Nutznießer des Zwangsarbeiterlagers waren deutsche Firmen und Wehrmachts- und Rüstungsbetriebe in Lemberg.
Durchgangslager
Janowska wurde zudem Durchgangslager und als Verteilerstelle für fünfzehn weitere Zwangsarbeitslager genutzt, die zum Bau der Durchgangsstraße IV von Przemysl über Lemberg und Tarnopol in die Ukraine eingerichtet wurden. [7]
Bei den Massendeportationen ins Vernichtungslager Belzec wurde Janowska für viele Juden ab Juni 1942 zur letzten Zwischenstation vor ihrer Ermordung: Hier wurden die Opfer selektiert und nur einige wenige zur Zwangsarbeit zurückbehalten. 1943 wurde Janowska, das daneben immer noch Arbeitslager war, zugleich selbst zum Vernichtungslager. Neuankömmlinge wurden meistens gleich an die Mordstätten in den Sandhügeln nahe beim Lagers gebracht und dort erschossen. Bis Mitte Mai 1943 waren mehr als 6.000 Juden auf diese Weise ermordet worden.[8] Ab Juli 1943 war Friedrich Warzok Lagerleiter; die Wachmannschaft bestand aus rund 50 reichs- und volksdeutschen SS-Männern.
Damit glich das Zwangsarbeiterlager Janowska zunächst vielen Konzentrationslagern im übrigen deutschen Machtbereich, in denen die Häftlinge im Sinne von Vernichtung durch Arbeit ausgebeutet oder zur Vernichtung selektiert wurden. Darüber hinaus aber wurde Janowska durch massenhafte Erschießungen zum Vernichtungslager, auch wenn es dort keine Gaskammern gab. SS-Standartenführer Paul Blobel war mit der Spurenverwischung der Mordtaten beauftragt und stellte im Juni 1943 ein Kommando von 70 Schutzpolizisten des Polizeiregiments 23 für die Bewachung von rund 130 jüdischen Häftlingen zusammen, die die Leichen exhumieren und auf Scheiterhaufen verbrennen mussten. In Janowska wurden weitere SD- und SiPo-Beamte aus dem Generalgouvernement für derartige Enterdungsaktionen geschult.[9]
Lagerauflösung
Fast alle Zwangsarbeiter, die zu Außenkommandos von Janowska gehörten, wurden am 25. Oktober 1943 erschossen. Lediglich ein Arbeitskommando, das zur „Enterdungsaktion“ eingeteilt war, blieb noch verschont. Im Lager selbst wurden am 19./20. November 1943 rund 4.000 jüdische Häftlinge ermordet; dies wird als Teil der Aktion Erntefest gedeutet. [10]
Das Lager wurde in den folgenden Wochen mit einigen hundert polnischen, ukrainischen und volksdeutschen Häftlingen aufgefüllt, bis es am 19. Juli 1944 vor der anrückenden Roten Armee geräumt wurde.
Opferzahlen
Die Quellenlage macht eine genaue Bestimmung der Opferzahl für das Lager Janowska unmöglich. Die geschätzten Zahlenwerte liegen weit auseinander. Frühe Angaben gehen davon aus, dass insgesamt 300.000 bis 400.000 Juden das Lager durchlaufen haben, von denen 200.000 ermordet wurden. Andere Schätzungen belaufen sich auf insgesamt 50.000 Opfer. Der Historiker Thomas Sandkühler hält es für wahrscheinlich, dass es im Lager mehr Opfer gegeben habe als im KZ Lublin: Dies wären deutlich mehr als 50.000. [11]
Einzelnachweise
- ↑ Israel Gutmann et al. (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. 2. Aufl. München 1998, ISBN 3-492-22700-7, Bd. 2, S. 657 / deathcamps: Janowska
- ↑ Thomas Sandkühler: ‚Endlösung’ in Galizien. Bonn 1996. ISBN 3-8012-5022-9, S. 185 + S. 434
- ↑ gelegentlich fälschlich als Wilhaus geschrieben – s. jedoch Sandkühler S. 435f
- ↑ Thomas Sandkühler: ‚Endlösung’ in Galizien. S. 589
- ↑ Thomas Sandkühler: ‚Endlösung’ in Galizien. S. 190
- ↑ Thomas Sandkühler: ‚Endlösung’ in Galizien. S. 186/187
- ↑ Thomas Sandkühler: ‚ Endlösung’ in Galizien. S. 132 + S. 587
- ↑ Gutmann: Enzyklopädie des Holocaust. Bd. 2, S. 657f
- ↑ Jens Hoffmann: „Das kann man nicht erzählen“ - „Aktion 1005“ - Wie die Nazis die Spuren ihrer Massenmorde in Osteuropa beseitigten. Hamburg 2008, ISBN 978-3-930786-53-4, S. 93
- ↑ Thomas Sandkühler: ‚Endlösung’ in Galizien. S. 270
- ↑ Thomas Sandkühler: ‚Endlösung’ in Galizien. S. 191
Literatur
- Thomas Sandkühler: ‚Endlösung’ in Galizien. Bonn 1996. ISBN 3-8012-5022-9
Weblinks
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