Andrea Amati

Andrea Amati

Andrea Amati (* 1505 in Cremona; † 1577 ebenda) war der Stammvater des Geigenbaus in dieser norditalienischen Stadt und der Begründer der Amati-Dynastie. Seine Werkstatt wurde von seinen Söhnen Antonio (ca. 1535/40–1608) und Girolamo (ca. 1550/1555–1630), seinem Enkel Nicola (1596–1684) und seinem Urenkel Girolamo II. (1649–1740) fortgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Über sein Leben ist wenig bekannt. Eine frühere Meinung, er stamme aus einer Patrizier-Familie, deren Ursprünge sich bis 1097 nach Deutschland zurückverfolgen ließen, dürfte nicht zutreffen; jedenfalls war sein Vater ein gewisser Maestro Gottardo, also wohl Handwerker. Nicht sicher ist, wo und was Andrea gelernt hat. 1526 arbeitete er bereits als "liuter" (Lauten- bzw. Geigenmacher) und lebte in der Familie eines Giovanni Liunardo Martinengo, der aber selbst kaum dieses Handwerk ausgeübt haben dürfte, sondern anscheinend Geschäftsmann war. Im Jahre 1539, als Amati langfristig ein Haus im Stadtzentrum mietete, das er später kaufte, wurde er urkundlich als selbständiger Handwerker erwähnt; 1576 ist bei ihm ausdrücklich vom Instrumentenbau die Rede; er betrieb damals die einzige Geigenbau-Werkstatt in Cremona. Er dürfte um 1530/35 geheiratet haben; Name und Herkunft seiner Ehefrau sind nicht geklärt. Zwei seiner Töchter heirateten etwa 1552/56, sein zweiter Sohn Girolamo heiratete 1574 und erneut 1584, während der ältere Sohn Antonio anscheinend ledig blieb. Die erwachsen werdenden Söhne arbeiteten in der Werkstatt mit, Antonio also etwa ab 1555, Girolamo etwa ab 1570. Andrea Amati wurde am 24. Dezember 1577 in der (nicht mehr vorhandenen) Kirche San Domenico im Stadtzentrum Cremonas bestattet, wo sich heute ein kleiner Park befindet.

Werk

Andrea Amati hat die Instrumente der Geigen-Familie nicht erfunden, aber die im 16. Jahrhundert in Oberitalien, vor allem in Brescia einsetzende Entwicklung (z.B. Zanetto de Micheli) maßgeblich beeinflusst. Er verfeinerte die Ausführung der Streichinstrumente hinsichtlich Holzwahl, Form, Wölbung, Kopf (Schnecke) und Lackierung und passte sie für den Gebrauch der Instrumentalisten z.B. hinsichtlich der Abmessungen besser an. Auch mit der Verwendung einer inneren Form, um die herum der Zargenkranz gebaut wurde, legte er die Grundlage für die Arbeit seiner Nachkommen und der weiteren Cremoneser Geigenbau-Familien der Guarneri, Rugeri, Stradivari, Bergonzi u.a. in den folgenden 200 Jahren.

Nach jahrelanger Vorarbeit waren im Herbst 2007 in Cremona "Andrea Amati Opera omnia" aus aller Welt zu sehen: 21 noch bekannte und weithin anerkannte Werke des Meisters. Es handelt sich um 13 Violinen (Korpuslänge teils 350 – 355 mm, teils 340 – 345 mm), 5 Bratschen (395 – 471 mm) und 3 Violoncelli (740 – 756 mm). Nicht alle sind noch in den wesentlichen Teilen zusammengehörig; vielmehr finden sich ersetzte Decken, Zargen und Köpfe, auch wurden manche Instrumente später verkleinert. Alle stammen ungefähr aus den letzten 20 Lebensjahren Andrea Amatis; eine klare zeitliche Reihenfolge konnte aber nicht festgestellt werden.

Zwei Instrumenten-Gruppen ragen heraus: Wohl durch Cremoneser Musiker in Paris entstanden Beziehungen der Amati-Werkstatt zum französischen Königshof, d.h. zu Caterina de’ Medici, der Mutter des damals noch minderjährigen Königs Karl IX.. Auf die Bestellung aus Paris lieferte Andrea Amati etliche Instrumente, die das Wappen des Königs von Frankreich und mehr oder wenig vollständig sein Motto PIETATE ET IUSTITIA - oder auch: IUSTICIA - (mit Frömmigkeit und Gerechtigkeit) tragen (les violons du roi, nicht zu verwechseln mit Vingt-quatre Violons du Roy). Einige davon sind erhalten. Auf den Instrumenten einer zweiten Gruppe findet sich ganz oder teilweise das Motto QUO UNICO PROPUGNACULO STAT STABITQUE RELIGIO (Durch dieses Bollwerk allein steht die Religion und wird bestehen), auf zweien auch das Wappen von Philipp II., König von Spanien und Lord von Cremona; dessen dritte Ehefrau war Elisabeth von Valois, eine Schwester Karls IX. Nach anderer Deutung wurden die Instrumente der zweiten Gruppe für Margerita von Valois-Angoulême, Königin von Navarra hergestellt. Auch sie war eine Schwester Karls IX. Die Instrumente beider Gruppen zeigen noch Spuren einer thematisch auf diese Herrscherhäuser bezogenen ornamentalen Bemalung, die von Cremoneser Künstlern ausgeführt worden sein dürfte.

In folgenden öffentlich zugänglichen Sammlungen finden sich Instrumente Andrea Amatis:

  • Witten-Rawlins Collection. National Music Museum, The University of South Dakota, Vermillion, South Dakota, USA: 2 Violinen, 1 Viola, 1 Violoncello
  • Chi-Mei Cultural Foundation & Chi-Mei Museum, Tainan County, Taiwan: 2 Violinen
  • The Ashmolean Museum, Oxford, UK: 1 Violine, 1 Tenor-Viola
  • Tullie House Museum, Carlisle, UK: 1 Violine (nicht ständig ausgestellt)
  • Comune di Cremona, Cremona, Italia: 1 Violine
  • Musée de la Musique, Paris, France: 1 Viola
  • Metropolitan Museum of Art, New York, USA : 1 Violine

Weblinks

Literatur

  • Carlo Bonetti: La genealogia degli Amati-liutai e il primato della scuola liutistica cremonese. In: Bollettino Storico Cremonese, III (1938), serie II, pp.76 – 95, 105 – 139
  • Andrea Mosconi e Laurence C. Witten (Hrsg.): Capolavori di Andrea Amati. Ente Triennale Internazionale degli Strumenti ad Arco, Cremona 1991
  • Carlo Chiesa: Qualche notizia storica su Andrea Amati. In: Renato Meucci (Hrsg.): Un corpo alla ricerca dell'anima...Andrea Amati e la nascita del violino. Consorzio Liutai Antonio Stradivari Cremona, 2005, Vol.2 pp.92 – 107
  • Carlo Chiesa: Un'introduzione alla vita e all'opera di Andrea Amati. In: Fausto Cacciatori (Hrsg.): Andrea Amati Opera omnia. Ente Triennale Internazionale degli Strumenti ad Arco, Consorzio Liutai Antonio Stradivari Cremona, 2007, pp.11 – 24
  • Renato Meucci: Gli strumenti di Andrea Amati con il motto "Quo unico propugnaculo..." per Marguerite de France (1553 – 1615). In: Fausto Cacciatori (Hrsg.): Andrea Amati Opera omnia (wie oben) pp.25 – 39
  • Philip Kass: Exhibition Report: Big Daddy. In: theStrad, Januar 2008 pp.40 – 44
  • John Dilworth in Brompton's Catalogue Sale 13th December 2010 p.99

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Andrea Amati — Amati Amati: Cinq membres de cette illustre famille de luthiers ont créé entre 1520 et 1740 le renom de Crémone comme centre italien de la lutherie. Andrea Amati (1520/1535 1580/1611), fils d une riche famille patricienne commença la tradition de …   Wikipédia en Français

  • Amati — is the name of a family of Italian violin makers, who flourished at Cremona from about 1549 to 1740.Family membersAndrea AmatiAndrea Amati (ca. 1505 ndash; ca. 1578) was the earliest maker of violins whose instruments still survive today. Indeed… …   Wikipedia

  • Amati — Amati: Cinq membres de cette illustre famille de luthiers ont créé entre 1520 et 1740 le renom de Crémone comme centre italien de la lutherie. Andrea Amati (1520/1535 1580/1611), fils d une riche famille patricienne commença la tradition de la… …   Wikipédia en Français

  • Amati — Ausschnitt aus der Stammtafel der Amati Die Amati waren eine Cremoneser Geigenbauerdynastie mit möglicherweise deutschen Wurzeln, die sich bis 1097 zurückverfolgen lassen. Zwischen 1520 und 1740 lebten die Fünf Großen Amati, die den Ruf Cremonas… …   Deutsch Wikipedia

  • Amati — Ama|ti 〈f. 10; Mus.〉 Geige aus der Werkstatt der italienischen Geigenbauerfamilie Amati (bes. 16. u. 17. Jh.) * * * Amati,   italienische Geigenbauerfamilie in Cremona im 16. und 17. Jahrhundert, deren Instrumente sich durch eine zarte, helle… …   Universal-Lexikon

  • Amati — Saltar a navegación, búsqueda Amati. Violín fabricado en 1558 Los Amati fueron una familia de fabricantes de violines italiana originaria de Cremona, que estuvo vigente entre los siglos XVI y …   Wikipedia Español

  • Andrea Guarneri — (* ca. 1626; † 7. Dezember 1698) war ein italienischer Geigenbauer mit Werkstatt in Cremona. Er war Schüler und Gehilfe von Nicola Amati von 1641–1646. Er baute erneut Geigen für Amati von 1650–1654. Seine frühen Instrumente sind auf Grundlage… …   Deutsch Wikipedia

  • Amāti — Amāti, älteste der drei hochberühmten Familien von Geigenbauern zu Cremona im 16.–17. Jahrh., deren Instrumente jetzt für wahrhafte Kleinodien gelten (A., Stradivari, Guarneri). Die ersten Repräsentanten der Familie sind Andrea A. (um 1530–1611)… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Andrea Guiot — Andréa Guiot Pour les articles homonymes, voir Guiot. Andréa Guiot est une soprano française née à Garons (Gard) le 11 janvier 1928. Elle a obtenu en 1955 les premiers prix de chant et d opéra du Conservatoire de Paris et le prix Osiris. Elle… …   Wikipédia en Français

  • Amāti — Amāti, 1) eine Familie cremoneser Geigenmacher im 16. u. 17. Jahrh., lieferten ausgezeichnete, noch jetzt für die besten geltenden Violinen, Amatis; bes. sind zu bemerken: Andrea, seit 1560, der erste gute Geigenmacher; Andrea u. Antonio, Brüder …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”