Kastulusmünster

Kastulusmünster

Das Kastulusmünster in Moosburg an der Isar ist die Hauptkirche der katholischen Stadtpfarrei. Sie beherbergt einige Werke des Landshuter Bildhauers Hans Leinberger (um 1475/80 - nach 1530), des größten bayerischen Plastikers seiner Zeit.

Südostansicht des Münsters

Die Existenz eines Klosters in Moosburg ist durch mehrere urkundliche Erwähnungen seines ersten Abtes Reginbert im späten achten und beginnenden neunten Jahrhundert bezeugt. Später erfolgte die Umwandlung vom Kloster zum Stift und wurde erst mit dem Freisinger Bischof Egilbert (1005-1039) und Kaiser Heinrich II. (1002-1024) in Verbindung gebracht und in das Jahr 1021 datiert. Das Kollegiatstift Moosburg wurde 1598 auf Veranlassung Herzog Wilhelms V. nach Landshut (St. Martin) transferiert und dort 1803 aufgehoben. In das Moosburger Stiftsgebäude zogen 1699 Kapuziner ein und errichteten ein Hospiz, das bis 1802 bestand.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mittelalter: Für die frühe Baugeschichte der Kirche gibt es keine sicheren Quellen. Bekannt ist jedoch, dass unter Vogt Burkard , welcher 1120 starb, Teile des Münsters einstürzten und den Dekan sowie einige Betende erschlugen.

Im Jahr 1171 ist von der Anwesenheit einer größeren Menge Maurer die Rede, was dafür spricht, dass an einer neuen Kirche gebaut wurde. Diese wurde wohl von Bischof Adalbert geweiht, da dieser auch auf dem reich verzierten Westportal abgebildet ist. 1207 legte ein Feuer die "auf dem Plan" stehende Burg der Grafen vom Moosburg in Schutt und Asche und verschonte auch das benachbarte Münster nicht. Fünf Jahre später konnte die Kirche jedoch schon wieder geweiht werden. Aus dieser Zeit stammen das Hauptportal und der Kirchturm, wobei dieser Ende des 19. Jahrhunderts ein neues Dach orientiert an den Türmen des Freisinger Doms bekam.

Neuzeit:

Moosburg 1644 nach M.Merian

Beim Abbruch des alten Hochaltars entdeckte man die Gebeine des hl. Kastulus wieder, welche in den neuen Altar überbracht wurden. Der heutige Hochaltar von Hans Leinberger wurde im Jahr 1514 aufgestellt und war wohl der Höhepunkt der spätgotischen Umgestaltung des Münsters. Durch die Verlegung des Stifts nach Landshut geriet die Ausgestaltung des Münsters abgesehen von einigen Reparaturen ins Stocken. Nach einem Brand im Jahre 1705 setzte eine weitgehende Barockisierung des Münsters ein: Die Fenster wurden umgebaut und eine neue Ausstattung des Innenraums vorgenommen. Auch der Boden und die Kirchenbänke wurden erneuert.

Säkularisation: Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurden der Kreuzgang, welcher ungewöhnlicherweise im nördlichen Teil des Münsters lag, und die Marienkapelle im nordöstlichen Teil abgebrochen. Auch die Vorhalle des Westportals und einige barocke Anbauten fielen der Säkularisation zum Opfer.

Historismus: In einer großen Restaurierungsaktion, welche 48.000 Gulden kostete, wurde die komplette Barockausstattung der Kirche wieder entfernt und an deren Stelle neuromanische und neugotische Elemente eingefügt. Auch die Kanzel, welche in einer Landshuter Werkstätte in Auftrag gegeben wurde, stammt aus dieser Zeit. Die barocken Kirchenfenster wurden ebenfalls wieder in ihre romanische Form gebracht. Außerdem wurde nun auch das bisherige Pyramidendach des Münsterturms angepasst.

Moderne: Im Jahr 1927 wurde dem Münster aus Oettingen eine neue Orgel geliefert. 1927 bekam das Münster für das im ersten Weltkrieg eingeschmolzene Geläut Ersatz, welches aber bereits 1942 wieder zu Rüstungszwecken abgegeben werden musste. Erst 1954 fanden die heutigen sieben Glocken ihren endgültigen Platz im Turm des Kastulusmünsters. In den Jahren 1937/38 und 1971/72 fanden weitere Renovierungen des Innenraums statt.

Innenraum

Grundriss nach ´Kirchliche Kunst des Abendlandes´

Im Groben gleicht der Innenraum des Kastulusmünsters einer dreischiffigen Pfeilerbasilika der Romanik in einer Art altbairisch-alpenländischem Stil. Als Besonderheit ist das flach gedeckte Mittelschiff zu sehen, welches im Kontrast zu den Seitenschiffen steht, deren Decke als sog. Sternrippengewölbe bezeichnet wird. Im Osten öffnet sich das Langhaus in einem runden Triumphbogen zum spätgotischen Chor. Dieses angedeutete Achteck ist zu 5/8 geschlossen und besitzt zu beiden Seiten des Altars je zwei hohe Fenster. Auffällig ist im Hochchor das Netzrippengewölbe, welches wieder im Gegensatz zum flach gedeckten Mittelschiff steht. Vermutlich wurde das Mittelschiff aus Geldmangel nicht eingewölbt. Das Langhaus hat auf beiden Seiten zwölf Rundbogenarkaden und repräsentiert wie auch in vielen anderen Punkten die Zahlensymbolik. Im Westen ist eine spätgotische Empore angebracht, welche Fresken aus dem Jahr 1573 zeigt und die 1974 geweihte Orgel trägt.

Kastulus in der Ursulakapelle
Grabplatte mit Wappen der Grafen

Durch diese Empore entsteht eine Art Vorhalle, unter welcher auch etliche Sitzreihen Platz finden.

Ursulakapelle

Geschichte

Über drei Stufen steigt man in die außerhalb des südlichen Seitenschiffs liegende Ursulakapelle hinab. Der niedere einschiffige Anbau hat einen kleinen polygonalen Altarraum und wenige Bankreihen. Die Ursulakapelle bestand schon vor der Ankunft der Reliquien des hl. Kastulus in Moosburg und ist somit wohl der älteste Teil des Münsters. Die bis ins 13. Jh. so genannte Leonhardikapelle geht ungefähr auf das 8. Jh. zurück, wobei ein urkundlicher Beleg im Jahr 1139 erstmals auftaucht. Ursprünglich diente die Kapelle als Schlosskapelle und die Gebeine des Heiligen wurden vermutlich zum Anlass genommen das Münster zu errichten. In der Gruft wurde der 1020 gestorbene Pilgrim von Moosburg (Vater von Bischof Egilbert) unter schweren Steinplatten begraben. Auch das Wappen der Stadt Moosburg ist leicht abgeändert im Gewölbe zu finden. Am 19. August 1281 starb Konrad IV. - Konrad der Jüngere - der letzte Graf von Moosburg und von da an durfte die Stadt das Wappen für sich beanspruchen.

Ausstattung

An der Schmalwand der Kapelle (Westseite) ist eine leider nur noch im Kern spätgotische Statue des Kirchenpatrons St. Kastulus zu sehen. Im 19. Jh. wurde die Figur soweit überarbeitet, dass von ihrem ursprünglichen Aussehen nicht mehr viel erhalten ist. Das Hauptwerk der Kapelle ist ein neugotischer Altar, welcher ein Holzrelief beinhaltet, das die Ermordung der heiligen Ursula zeigt. Vor dem Altarretabel steht ein Taufbecken. Unter dem zentral gelegenen, abgetretenen Stein wurden die Grafen der Stadt beigesetzt. Hierauf kann man das in Stein gemeißelte Wappen der Grafen erkennen. Der Schlussstein des Kapellengewölbes zeigt silberne und rote Rosen auf rotem bzw. silbernem Grund. Dies stimmt jedoch nicht ganz mit dem heutigen Stadtwappen überein; die Farben sind nun umgekehrt.

Ausstattung

Mittelschiff

Ansicht vom Westeingang

Eine reichverzierte neugotische Kanzel des Landshuter Künstlers P. Weiß aus dem Jahr 1856 schmückt die linke Seite des Mittelschiffs. Ihr gegenüber hängt ein lebensgroßes Kruzifix von Leinberger. Die Wände der spätgotischen Empore zieren Fresken, welche um 1573 ihren Platz fanden. Die Kirchenbänke von 1749 besitzen auf ihren Stirnseiten geschnitzte Ornamente.

Seitenschiffe

An der Abschlusswand des linken nördlichen Seitenschiffs befindet sich ein überlebensgroßes Kruzifix Hans Leinbergers mit Marienstatue von 1514. Im gleichen Seitenschiff ist am dritten Pfeiler von Westen das aus Sandstein gefertigte Pestvotiv-Relief des Kanonikers/Chorherren Mornauer eingelassen. Es ist ein Werk Leinbergers im Übergang der Spätgotik zur Renaissance (gegen 1515). In der Nebenapsis des südlichen Seitenschiffs befindet sich der Grabstein von Sigmund Pucher (+1514). Das Werk aus Rotmarmor wird dem Landshuter Bildhauer Stephan Rottaler zugeschrieben. Am Ostende dieses Seitenschiffs gelangt man durch eine Arkadenöffnung in die Ursulakapelle.

Chorgestühl

Chorgestühl

Wohl um das Jahr 1475 ist das Moosburger Chorgestühl entstanden. Es ist reich verziert und stellt neben den Gestühlen im Freisinger Dom und St. Martin/Landshut das bedeutendste seiner Art im unteren Isartal dar. Auf dem Eichenholzkunstwerk sind vielerlei Fabelwesen etc. abgebildet und die Zahl der 13 Sitze ("Stallen") auf jeder Seite repräsentiert die Nachfolge Christi und seiner Apostel.

Leinbergeraltar von 1514

Hochaltar

Der Hochaltar wurde auf Initiative von Theoderich Mair hin von Herzog Wolfgang beim Landshuter Bildschnitzer Hans Leinberger in Auftrag gegeben. 1514 wurde der Schreinaltar, welcher zum größten Teil aus Lindenholz besteht, dann fertig gestellt. Im Zentrum des Altars stehen die Kirchenpatrone Kastulus und Maria, wobei auch der hl. Kaiser Heinrich zu sehen ist. An den Seiten des Altarschreins stehen Figuren der hll. Baptist und Evangelist. Obenauf sieht man Jesus am Kreuz, wie üblich flankiert von Maria und Johannes. Auf den geschlossenen Türen des Schreins hat sich Hans Wertinger verewigt: Darauf zu sehen sind Herzog Wolfgang mit den drei Söhnen seines Bruders (Wilhelm, Ludwig und Ernst), Propst Theodorich Mair und die Moosburger Chorherren. Ebenfalls zum Hochaltar gehören vier Holzreliefs, welche die Passion des hl. Kastulus zeigen. Neben dem Altar steht seit 1972 die Figur des hl. Sebastian (um 1510 vom Meister von Rabenden).

Geläut

In den letzten Junitagen des Jahres 1917 wurden dem Kastulusmünster von sieben Glocken vier zu Kriegszwecken abgenommen und eingeschmolzen. Jedoch konnte rechtzeitig zum Kastulusfest im Februar 1927 ein neues Geläut aufgezogen werden. Aber schon 1942 wurden erneut vier Glocken entnommen und deren Material für Kriegszwecke gebraucht. Im Juni 1954 bekam das Münster zu den zwei noch übrig gebliebenen fünf neue Glocken hinzu.

Nr. Name Gussjahr Gießer, Gussort Gewicht
in kg
Durchmesser
in cm
Schlagton
1 Kastulusglocke 1954 Karl Czudnochowsky/Erding 2400 168 a0
2 Marienglocke 1954 Karl Czudnochowsky/Erding 1400 140 c1
3 Herz-Jesu-Glocke 1954 Karl Czudnochowsky/Erding 1000 126 d1
4 Stürmerin 1682 nV 900 115 f1
5 Josefsglocke 1954 Karl Czudnochowsky/Erding 550 95 g1
6 Theresienglocke 1954 Karl Czudnochowsky/Erding 350 84 a1
7 Elferin 1539 nV 310 84 c2

Außenbau

Kastulusmünster - Ansicht von der Südseite mit St. Johannes

Der Außenbau von St. Kastulus zeigt in erster Linie deutlich zwei Stilphasen: das romanische Kirchenschiff besitzt zwölf gleiche Rundbogenfenster, während der Hochchor deutlich vom spätgotischen Stil geprägt ist und das Mittelschiff überragt. Der Backsteinbau des Hochchors ist im Gegensatz zum Kirchenschiff vollkommen unverputzt. Nach Westen hin steht der 50 Meter hohe romanische Turm, welcher für die damalige altbairische Bauart ungewöhnlich reich gegliedert ist. 1862 wurden Giebel und Turmhelm nach dem Vorbild der Türme des Freisinger Domes verändert. Unterhalb des Turmes befindet sich das ebenfalls romanische und reich verzierte Hauptportal aus dem frühen 13. Jh. Unterhalb der Abbildung von Kirchenpatronen und Kaiser nebst Bischof kann man lesen: "Dieses so großartige Gotteshaus bringt dir, Castulus, der glückliche Bischof dar, dem du ein mächtiger Schutz sein mögest. Ihm sei auch der König gnädig, der dir den Glanz verleih, welcher dir so lange Zeit hindurch entzogen war."


Literatur

Heinz R., Reiter D. (Hsg.): Architektur & Kunst in Moosburg. Verlag Schnell & Steiner GmbH, Regensburg 2005.

Weblinks

48.46872511.9368805555567Koordinaten: 48° 28′ 7,41″ N, 11° 56′ 12,77″ O


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