Kernkraftwerk Beznau

Kernkraftwerk Beznau

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Kernkraftwerk Beznau
Kernkraftwerk Beznau
Kernkraftwerk Beznau
Lage
Kernkraftwerk Beznau (Aargau)
Kernkraftwerk Beznau
Koordinaten (659402 / 267132)47.5522222222228.2277777777778Koordinaten: 47° 33′ 8″ N, 8° 13′ 40″ O; CH1903: (659402 / 267132)
Land: Schweiz
Daten
Eigentümer: Axpo AG
Betreiber: Axpo AG
Projektbeginn: 1965
Kommerzieller Betrieb: 1. Sept. 1969

Aktive Reaktoren (Brutto):

2  (760 MW)
Eingespeiste Energie im Jahre 2009: 5'825,801 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme: 207'860,875 GWh
Stand: 31. Dezember 2009
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Das Kernkraftwerk Beznau, kurz KKB, befindet sich auf dem Gebiet der Gemeinde Döttingen (Kanton Aargau, Schweiz) auf einer künstlichen Insel im Fluss Aare.

Es besteht aus zwei identischen Blöcken (Beznau 1 und 2), die mit Druckwasserreaktoren von Westinghouse mit je 365 MW elektrischer Leistung bestückt sind. Gekühlt wird mit dem Wasser der Aare. Das KKW erzeugt rund 5 Milliarden kWh Elektrizität pro Jahr und versorgt - mit einem Teil der Abwärme - über die REFUNA acht umliegende Gemeinden mit rund 140 Millionen kWh Fernwärme pro Jahr. Eigentümer und Betreiber sind die Axpo AG, bis zur Umbenennung 2009 Nordostschweizerische Kraftwerke AG (NOK).

Beznau 1 war das erste Kernkraftwerk der Schweiz und ist der älteste noch im Betrieb stehende Druckwasserreaktor der Welt. Die NOK begannen 1957 mit der Planung für ein Großkraftwerk und entschieden sich 1964 für die Option Kernenergie. 1969 nahm Beznau 1 nach vier Jahren Bauzeit den Betrieb auf. Nach einer Bauzeit von fünf Jahren ging 1972 der baugleiche Block Beznau 2 ans Netz. Der technische Stab befand sich im Schloss Böttstein auf der gegenüberliegenden Seite der Aare.

Das Kernkraftwerk verfügt über eine unbefristete Betriebsbewilligung für beide Blöcke. Voraussetzung für den Betrieb bleibt die laufende Erfüllung der gesetzlichen, behördlichen und betriebseigenen Anforderungen an die Sicherheit.[1] Die tatsächliche Betriebsdauer ist abhängig von der laufenden Überprüfung von Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Anlagen.

Inhaltsverzeichnis

Sicherheitsmassnahmen

Seit der Inbetriebnahme der beiden Anlagen führte man zur Steigerung der Sicherheit zahlreiche Nachrüstungen und Erneuerungen aus.[2]

  • Anfang und während der 90er-Jahre wurden unter anderem die Dampferzeuger ersetzt, sowie die Leittechnik des Reaktorschutzsystems durch neue Elektronik ausgetauscht.[3]
  • Die Kommandoräume wurden angepasst und eine neue Turbinensteuerung installiert.
  • für jeden Block wurde ein eigenes Notstandsgebäude erstellt. Dieses enthält weitere Sicherheitssysteme zur Kernnotkühlung und Bespeisung der Dampferzeuger sowie einen weiteren 50-kV-Notstromstrang und einen zusätzlichen Dieselgenerator. Die Sicherheitssysteme in den Notstandsgebäuden sind darauf ausgelegt, das Kraftwerk ohne Bedienmannschaft kaltzufahren und abzustellen. Die Gebäude sind besonders stark gegen äussere Einwirkungen, wie beispielsweise Flugzeugabstürze[4], Erdbeben und Fremdeinwirkungen, geschützt.
  • In den nächsten Jahren wird die Notstromversorgung umgebaut: vier gebunkerte Dieselgeneratoren sollen die Notstromversorgung gewährleisten und so das hydraulische Kraftwerk Beznau ablösen.

Besondere Vorkommnisse und Störungen

Am 17. Juli 1992 starben in Beznau zwei Arbeiter externer Firmen, welche Revisionsarbeiten in Beznau erledigten. Die beiden Arbeiter begaben sich in den "Reaktorsumpf", ein Auffangbecken unter dem Reaktor, das im Notfall auslaufendes, radioaktives Wasser auffangen müsste. Dort hatte sich jedoch das geruchlose Edelgas Argon angesammelt. Das Gas ist schwerer als Luft und verdrängt die Atemluft, weshalb die Arbeiter erstickten. Andere Arbeiter berichteten, dass jemand die Pumpe, die das Gas aus dem Reaktorsumpf hätte pumpen sollen, weggenommen und anderswo eingesetzt habe. Die beiden Unfallopfer hätten dies nicht wissen können. Die HSK (Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernananlagen) stufte den tödlichen Unfalls als "nicht-nuklearen" Unfall ein, der nicht in ihren Zuständigkeitsbereich falle.[5]

Am 9. August 2007 verhinderten Starkregen und Hochwasser die Notstrom-Versorgung des Kernkraftwerks durch das Wasserkraftwerk Beznau für rund 12 Stunden (NOK-Pressemeldung). Im Kraftwerk sind mehrere zusätzliche Notstromstränge vorhanden. Für einen Zusammenbruch der externen Stromversorgung stehen gebunkerte, überflutungssichere Dieselgeneratoren zur Verfügung. Trotzdem muss das Kernkraftwerk Beznau nach Sicherheitsvorschrift bei einem Ausfall des Notstromstranges des Wasserkraftwerkes nach maximal 24 Stunden herunter gefahren werden. Bei dem genannten Hochwasserereignis war das Wasserkraftwerk vor Ablauf dieser Frist wieder im Normalbetrieb.

Am 21. August war Block 2 in Jahresrevision. Die blockgemeinsame Reservenetz-Einspeisung war für Wartungsarbeiten abgeschaltet. Zur Kompensation wurde der Notstands-Dieselgenerator des auf Volllast laufenden Blocks 1 im Leerlauf zugeschaltet. Nach Retablierung des Reservenetzes wurde bemerkt, dass dieser Diesel störungsbedingt seine Notstrom-Funktion nicht erfüllt hätte. Gemäß der Behörde HSK hätte theoretisch noch eine Querverbindung zum Notstands-Diesel des abgeschalteten Blocks 2 bestanden, dieser Diesel sei aber ebenfalls in Wartung gewesen. Hätte sich ein Hochwasser wie nur zwölf Tage zuvor eingestellt, hätte auch das Wasserkraftwerk nicht mit genügend Notstrom zur Verfügung gestanden. Bei zusätzlicher Unterbrechung des Hauptnetzes wären KKB 1 zur Verhinderung der Kernschmelze damit nur noch zwei Dieselgeneratoren übrig geblieben, jeder davon mit nur 50 % der erforderlichen Notstrom-Leistung. Auch diese oder die daran angeschlossenen Notkühl-Pumpen könnten eventuell relativ kurzfristig nach Zuschaltung störungsbedingt ausfallen.

Insgesamt musste das KKW Beznau der Bundes-Atomaufsicht im Jahr 2007 acht «Vorkommnisse» melden - noch nie gab es in einem Schweizer KKW in einem einzigen Jahr derartig viele Pannen. Während sieben der Beznau-Zwischenfälle im Jahr 2007 von der Schweizerischen Aufsichtsbehörde für Kernanlagen, der HSK, als "nicht sicherheitssignifikante Vorkommnisse" eingestuft wurden, klassierte sie den oben beschriebenen, vorübergehenden Ausfall der Notstrom-Versorgung im August 2007 auf der internationalen Ereignisskala INES auf der Stufe 1 als Störung, d.h. einer Abweichung von den zulässigen Bereichen für den sicheren Betrieb der Anlage.

Am 31. Januar morgens kam es zum ersten Ereignis im Jahr 2008: um sechs Uhr kam es im Reaktorblock 2 zu einer unvorhergesehenen Schnellabschaltung. Zuvor war die Stromversorgung mehrerer Anzeigeinstrumente im Haupt-Kommandoraum des KKW ausgefallen. Dadurch fielen auch zur Regelung der Reaktorleistung benötigte Signale aus. Das wiederum führte zu einer automatischen Reduktion der Reaktorleistung. Das zuständige Personal reduzierte deshalb auch die Turbinenleistung. Weil ihr die dazu notwendigen Anzeigeinformationen fehlten, konnte es nicht verhindern, dass auch ein automatisches Abblasen von Frischdampf ausgelöst wurde. Um 6:19 Uhr löste das Betriebspersonal aus Sicherheitsgründen schliesslich manuell eine Schnellabschaltung des Reaktors aus und die Anlage wurde stabilisiert. Der defekte Anlagenteil wurde lokalisiert und ersetzt. Im Laufe des Nachmittags konnte Reaktor 2 den Betrieb wieder aufnehmen.[6][7]

Am Abend des 10. April 2008 wurde eine Turbinengeneratorgruppe im Block 2 des Kernkraftwerks Beznau abgeschaltet, nachdem im nicht-nuklearen Teil rund 50 Liter Öl ausgelaufen waren. Nach der Abschaltung der Turbinengeneratorgruppe wurde die Reaktorleistung auf die Hälfte reduziert. Die Ölleckage war auf eine Undichtheit an der Verbindungsstelle einer Ölleitung zurückzuführen. Die Reparatur bei abgeschalteter Gruppe dauerte rund zwölf Stunden. Die Turbinengeneratorgruppe wurde am 12. April 2008 um 23.30h wieder in Betrieb genommen. [8][9]

Neubau Beznau III

Am 4. Dezember 2008 wurde für den Bau eines dritten Kernkraftwerkblocks ein Rahmenbewilligungsgesuch eingereicht. Zeitgleich wurde ein Rahmenbewilligungsgesuch für den Standort Mühleberg eingereicht. Als Reaktortyp ist an beiden Standorten ein baugleicher Leichtwasserreaktor mit einer Leistungsgröße zwischen 1.200 und 1.600 MWel vorgesehen.[10] Die partei- und verbandsübergreifende Allianz Stopp Atom kündigte unmittelbar nach Bekanntgabe der Einreichung ein 'fakultatives Referendum' gegen die geplanten Bauten an.[11]

Aufgrund des Tōhoku-Erdbeben 2011 der Stärke 9,0 sistierte Bundesrätin Doris Leuthard alle Rahmenbewilligungsgesuche für neue Kernkraftwerke. Bisher war eine Erdbebensicherheit bis zur Stärke 7 gefordert, was bis auf das Kraftwerk Mühleberg bei Bern alle anderen einhalten konnten.[12]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Beznau hat insgesamt zwei Blöcke:

Reaktorblock [13] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Abschal-
tung
Beznau (KKB) - 1 Druckwasserreaktor 365 MW 380 MW 01.09.1965 17.07.1969 01.09.1969
Beznau (KKB) - 2 Druckwasserreaktor 365 MW 380 MW 01.01.1968 23.10.1971 01.12.1971

Abklingbecken

Die Brennelementelager (auch Nasslager) von Beznau I und II wurden von ursprünglich 163 Lagerplätzen für Brennelemente (ausreichend für eine Kernausladung bei Notfällen sowie eine Jahresladung) zunächst zu einem Kompaktlager umgebaut. Hierbei wurde mittels des Einbaus von Absorbermaterial in die Lagergestelle die Kapazität auf 340 Lagerstellen erweitert.[14]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Medienmitteilung des UVEK (vom 3. Dezember 2004)
  2. Verfahren zur Betriebsbewilligung KKW Beznau Block II, Aufzählung aller Nachrüstungen ab Seite 40
  3. Artikel zum Leittechnikersatz
  4. Stellungnahme der HSK zu vorsätzlichen Flugzeugabstürzen auf Kernkraftwerke
  5. Susan Boos, Strahlende Schweiz. Handbuch zur Atomwirtschaft, Rotpunktverlag, 1999, S. 56
  6. HSK Klassierte Vorkommnisse in Schweizerischen Kernkraftwerken, abgerufen am 11. Februar 2008
  7. Felix Maise, Tagesanzeiger Rekordzahl von Pannen im AKW Beznau, abgerufen am 11. Februar 2008
  8. NZZ online (sda) Störung im Kernkraftwerk Beznau, abgerufen am 15. April 2008
  9. Basler Zeitung (ap&baz) Turbine im Kernkraftwerk Beznau wieder in Betrieb, abgerufen am 15. April 2008
  10. Medienmitteilung der Axpo zu den Rahmenbewilligungsgesuchen
  11. Gesuche für neue AKW reissen alte Gräben auf (NZZ online)
  12. Rahmenbewilligungsgesuche für Ersatz-AKW sistiert, NZZ, 14. März 2011
  13. Power Reactor Information System der IAEA: „Switzerland (Swiss Confederation): Nuclear Power Reactors“ (englisch)
  14. nux.ch, nux-nummer 4, September 1978: Die Sache mit den Brennelementen im Bassin (18. Mai 2011)

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