Kernkraftwerk Mühleberg

Kernkraftwerk Mühleberg

f1

Kernkraftwerk Mühleberg
KKW Mühleberg
KKW Mühleberg
Lage
Kernkraftwerk Mühleberg (Schweiz)
Kernkraftwerk Mühleberg
Koordinaten (587189 / 202210)46.9708333333337.2702777777778Koordinaten: 46° 58′ 15″ N, 7° 16′ 13″ O; CH1903: (587189 / 202210)
Land: Schweiz
Daten
Eigentümer: BKW FMB Energie AG
Betreiber: BKW FMB Energie AG
Projektbeginn: 1966
Kommerzieller Betrieb: 6. Nov. 1972

Aktive Reaktoren (Brutto):

1  (373 MW)
Eingespeiste Energie im Jahre 2010: 3'009 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme: 96'082 GWh
Stand: 31. Dezember 2010
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.
Kernkraftwerk Mühleberg

Das Kernkraftwerk Mühleberg (KKM) befindet sich auf dem Gemeindegebiet von Mühleberg im Kanton Bern, Schweiz. Es liegt etwa 2 km nördlich von Mühleberg an der Aare direkt unterhalb des Wohlensees, 14 km westlich von Bern.

Aufgrund seiner Nähe zur Bundesstadt Bern und des vergleichsweise hohen Alters sowohl der Anlage als auch der zugrundeliegenden Technik ist das Kraftwerk umstritten. Gemäss Tagesschau vom 6. Mai 2011 war dem Betreiber noch nicht einmal klar, ob sich die vom ENSI geforderten Beseitigungen der technischen Mängel überhaupt lohnen.[1] Nach einer Nachrüstung anlässlich einer verlängerten Revision ging das Kraftwerk Ende September 2011 wieder ans Netz.

Inhaltsverzeichnis

Ausrüstung

Ein Siedewasserreaktor der Firma General Electric mit 355 MW elektrischer Leistung dient der Stromgewinnung und das Wasser der Aare wird zur Kühlung verwendet. Das Kernkraftwerk produziert 2,7 bis 3,0 Milliarden Kilowattstunden (2,7 bis 3,0 TWh) Strom pro Jahr und versorgt gut 600'000 Menschen im Berner Mittelland mit Strom. Betrieben wird es durch die BKW FMB Energie.

Gesetzliche Auflagen zwingen den Betreiber, die Leistung an heissen Sommertagen mit einer Aarewasser-Temperatur von mehr als 18 Grad Celsius zu reduzieren, um die Fischpopulation zu schonen. Die Kühlung mit Flusswasser war in der Schweiz nach dem Bau von Mühleberg verboten worden.

Wichtige Jahreszahlen

Der Bau wurde 1967 begonnen und 1972 konnte das Werk den kommerziellen Betrieb aufnehmen.

Während des Testbetriebs 1971 ereignete sich ein meldepflichtiges Ereignis, bei dem keine radioaktiven Stoffe entwichen. In den 1990er-Jahren wurden Mängel am Containment-Aufbau (Erdbebensicherheit) reklamiert und Risse an Schweissnähten des nicht-druckführenden Kernmantels festgestellt. Diese Risse werden seither immer grösser.

Im Hinblick auf den längerfristigen Weiterbetrieb des Kernkraftwerkes Mühleberg wurden 2004 – zusätzlich zum Brennelementwechsel – aufwändige Nachrüstungen realisiert.

Am 21. Dezember 2009 erteilte das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) aufgrund einer Sicherheitsbeurteilung der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) aus dem Jahr 2007 die unbefristete Betriebsbewilligung für das Kraftwerk, welche die BKW FMB Energie AG am 25. Januar 2005 beantragt hatte.[2]

Probleme

Risse im Kernmantel

Die Risse im Kernmantel sind seit 1990 bekannt. 1996 wurden zur Stabilisierung vier Zuganker angebracht, die laut Bestätigung der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen HSK nur provisorischen Charakter haben. Nach einem Gutachten des TÜV Nord von 2006 sind sie untauglich.[3]

  • Zwischen 1999 und 2005 sind die Risse in einer Schweissnaht um 1.1 Meter auf 2.5 Meter gewachsen. Damit ist ein Viertel der Schweissnaht beschädigt. Die Risstiefe beträgt bis zu 90 % der Wandstärke.
  • Mindestens drei andere Schweissnähte haben ebenfalls Risse.
  • Die Vorhersage des Wachstums der Risse unterliegt grossen Unsicherheiten: Vor fünf Jahren wurden zwei neue Risse von je 9 Zentimetern Länge entdeckt. Zum Vergleich: 1995 mass der längste, 5 Jahre zuvor entdeckte Riss "erst" 7.4 Zentimeter.[4][5]

Bis Ende 2010 musste die BKW dem Ensi ein Instandhaltungskonzept für den Kernmantel vorlegen. Der Beobachter meldet, dass sich der Zustand des Kernmantels weiter verschlechtert hat: Zum Einen sind die Risse mittlerweile total 3,5 Meter lang, während die Techniker bei der Jahresrevision 2009 zum Anderen an der Schweissnaht Nummer 4 erstmals einen Riss feststellten, der die Wand des Kernmantels vollständig durchdringt. Bei der Jahresrevision 2011 will die BKW nun erstmals alle Schweissnähte untersuchen – 21 Jahre nach der Entdeckung des ersten Risses.[6] Ende Juni 2011 wurde das Kraftwerk vorzeitig herunter gefahren um einen zusätzlichen Monat für nötige Massnahmen, zusätzlich zur planmässigen Revision im August, zu gewinnen. [7] Die Revision war am 25. September 2011 beendet.[8]

Internes Überflutungs-Risiko

Im KKM sind fast sämtliche sicherheitsrelevanten Pumpen (Notkühlung, Toruskühlung, etc.) im sog. Torusraum untergebracht. Als einziges KKW dieses Mark 1-Typs von General Electric besitzt es auch einen sogenannten äusseren Torus (Wasservorlage) und zwar anstelle eines separierten Raumes, in welchem sich diese Pumpen bei allen anderen Mark 1-Anlagen weltweit befinden. Dass diese Pumpen durch einen grossen Wasserverlust-Störfall aufgrund von Überflutung allesamt auf einen Schlag ausfallen könnten (Common Cause Failure), hat das Öko-Institut bereits 1990 in einem Gutachten festgestellt und auf das damit verbundene Kernschmelz-Potenzial hingewiesen. Mittlerweile wurden in diesem Torusraum sog. Brandabschnitte installiert, die auch das flächendeckende Überflutungs-Risiko des Raumes zu reduzieren vermögen. In einer Auflage von 2008 forderte die Aufsichtsbehörde ENSI (vormals HSK) bis Dezember 2009 vom Betreiber den zusätzlichen Nachweis, dass auch in Etagen weiter oben im Reaktorgebäude freigesetzte Wassermassen die Sicherheitspumpen nicht entscheidend beeinträchtigen.[9]

Externes Überflutungs-Risiko

Das Kraftwerk liegt unterhalb gleich mehrerer Staumauern (Wasserkraftwerk Mühleberg, Schiffenen, Rossens und Hongrin), wobei diejenige des Wasserkraftwerkes Mühleberg (Wohlensee) nur knapp 2 km entfernt steht. Diese könnten bei einem starken Erdbeben brechen. Ein solcher Staudammbruch kann eine bis zum Kraftwerk reichende Flutwelle verursachen und damit zu katastrophalen Konsequenzen führen.[10]

Bei der Sicherheitsüberprüfung zum Neubau-Gesuch stellte sich heraus, dass das neue Kraftwerk auf einem Sockel zu bauen wäre, da "die Resultate der Überflutungsberechnungen ... transparent machen, ... dass das (heutige) KKM je nach Szenario überflutet wird."[11]

Gemäss der Sendung Einstein und der Tagesschau[1] des Schweizer Fernsehens war die Aare die einzige Kühlmöglichkeit für das Kernkraftwerk. Nicht nur eine direkte Überflutung der Kraftwerksanlage sondern auch eine Verschüttung aller Wasserentnahmestellen durch Geschiebe stellte eine Gefahr dar. Die Wasserentnahmestellen wurden 2011 ergänzt, zusätzlich wurden Einrichtungen geschaffen, mit welche die Zufuhr von Wasser durch Pumpen möglich wird.

Neubau Mühleberg 2

Die BKW hat am 4. Dezember 2008 ein Rahmenbewilligungsgesuch für den Ersatz des derzeitigen Kraftwerks eingereicht. Es ist ein Reaktor mit einer Leistung von maximal 1600 MW und einem Hybridkühlturm geplant. [12] In Frage kommen Reaktoren vom Typ EPR oder KERENA (bis März 2009 als SWR 1000 bezeichnet) von Areva, ein AP-1000, oder der ESBWR von Mitsubishi. Die partei- und verbandsübergreifende Allianz Stopp Atom kündigte unmittelbar nach Bekanntgabe der Einreichung ein Referendum gegen die geplanten Bauten an.[13] Am 13. Februar 2011 genehmigten die Stimmbürger des Kanton Berns in einer Konsultativabstimmung mit einer Mehrheit von 51.2%; (Stimmbeteiligung 51.7%),[14] dass der Grossratsbeschluss, welcher den Ersatz des Kraftwerkes befürwortet, an die Bundesbehörden weiter geleitet wird.[15] Zum Vergleich standen im Grossrat den 91 befürwortenden Stimmen nur gerade 56 Ablehnende gegenüber.

Am 14. März, während der Unfallserie im japanischen Kernkraftwerk Fukushima I, beschloss das UVEK, sämtliche Bewilligungsverfahren für neue Kernkraftwerke auf Schweizer Boden auf unbestimmte Zeit einzufrieren.[16]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Mühleberg hat einen Block:

Reaktorblock [17] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Abschal-
tung
Mühleberg Siedewasserreaktor 373 MW 390 MW 01.03.1967 01.07.1971 06.11.1972

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Zukunft des AKW Mühleberg ist ungewiss. Tagesschau. Schweizer Fernsehen (6. Mai 2011). Archiviert vom Original am 26. Mai 2011. Abgerufen am 26. Mai 2011.
  2. Kernkraftwerk Mühleberg erhält unbefristete Betriebsbewilligung. Schweizerische Eidgenossenschaft (21. Dezember 2009). Archiviert vom Original am 26. Mai 2011. Abgerufen am 21. Dezember 2009.
  3. Susan Boos: Mühleberg: Was sie verschweigen. Die WOZ publiziert geheimes Dokument. Die Wochenzeitung, 21. April 2011, archiviert vom Original am 23. April 2011, abgerufen am 23. April 2011.
  4. Kritisches Mass erreicht, Energieexpress 78, April 2008, Seite 6, Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst, Nullenweg 31, CH-4144 Arlesheim
  5. Woran erkennt man das AKW Mühleberg?
  6. Diskussion zur Zuverlässigkeit der Riss-Erkennung im Beobachter 14/11 (6.Juli 2011)
  7. Massnahmen zur Kühlwasserversorgung im Juli 2011
  8. Mühleberg Nachgerüstet 2011
  9. Chr. Küppers et al, Oekoinstitut Darmstadt/Freiburg: Kurzstellungnahme zum Gesuch der BKW um Aufhebung der Befristung der Betriebsbewilligung für das Kernkraftwerk Mühleberg, 2008
  10. Simon Thönen (12. November 2011): Studie der BKW weckt Zweifel an Sicherheit des eigenen AKW. Der Bund. Abgerufen am 16. November 2011.
  11. Simon Thönen (25. Januar 2011): Mühleberg I: BKW verschleierte Überflutungsgefahr. Der Bund. Archiviert vom Original am 26. Mai 2011. Abgerufen am 26. Mai 2011.
  12. Weitere Gesuche für neue Atomkraftwerke
  13. Gesuche für neue AKW reissen alte Gräben auf (NZZ online)
  14. Kanzlei Bern - Abstimmungsergebnisse
  15. Kanzlei Bern - Abstimmungstext und Grossratsabstimmung
  16. Doris Leuthard: „Sicherheit hat oberste Priorität“
  17. Power Reactor Information System der IAEA: „Switzerland (Swiss Confederation): Nuclear Power Reactors“ (englisch)

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