Knieprothese

Knieprothese
Röntgenaufnahme einer Knieprothese (von vorne)
Knieprothese von der Seite

Eine Knieprothese oder Kniegelenksprothese ist eine implantierte Prothese (Endoprothese), um Funktionen des Kniegelenks und/oder seines Stützapparates nach Funktionsverlust zu ersetzen. Die Knieprothese wird hauptsächlich bei schweren degenerativen Erkrankungen der Gelenke (Kniegelenksarthrosen) und nach Verletzungen des Knies als operative Therapie eingesetzt, um eine schmerzfreie Bewegungsfähigkleit wieder herzustellen. Je nach Schwere der Schädigung werden partielle oder totale Knieprothesen verwendet. Die Knieprothese ist nach der Hüftgelenksprothese die zweithäufigste Endoprothese mit deutschlandweit etwa 80.000 Operationen jährlich.

Inhaltsverzeichnis

Mögliche Indikationen und Kontraindikationen

Der Einsatz einer Knieprothese kann notwendig werden bei:

  • Degenerative Arthrose (Beschädigung des Gelenkknorpels)
  • Rheumatoide Arthritis (Entzündung des Gelenks mit Knorpelschädigung)
  • Posttraumatische Arthritis (Arthritis nach Unfall)
  • Symptomatische Knieinstabilität (Verletzungen des Bandapparats)
  • Knieversteifung (Rekonstruktion der Beweglichkeit des Gelenks)
  • Deformationen des Kniegelenks

Je nach Erkrankung und deren Schweregrad muss der Arzt aus den unterschiedlichen Implantattypen die bestmögliche Lösung und Therapie für den Patienten auswählen. Die richtige Indikationsstellung liegt allein im Verantwortungsbereich des behandelnden Arztes.

Eine Knieprothese sollte nicht eingesetzt werden, wenn ein rekonstruktiver Eingriff (z.B. Osteotomie) zur Therapie des Gelenkleidens möglich ist, akute oder chronische Infektionen im Gelenk oder in dessen Nähe oder systemische Infektionen vorliegen. Gegenanzeigen sind auch Störungen im Knochen selbst wie beispielsweise Störungen des Stoffwechsels, eine Osteoporose oder Osteomalazie, eine Schädigung der Knochenstruktur, die eine stabile Verankerung des Implantats verhindern oder Knochentumore im Bereich der Implantatverankerung. Bei knöchernen Missbildungen oder extremen Achsfehlstellungen ist die Knieprothese ebenfalls kaum einsetzbar. Eine mögliche oder nachgewiesener Metallallergie oder -unverträglichkeit stellt ebenfalls eine Kontraindikation dar. Eine zu erwartende Überlastung des Implantats zum Beispiel durch Adipositas (Übergewicht) gilt als Risikokonstellation. Ebenso Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholsucht.

Einteilung der Knieprothesen

Knieprothesen teilt man nach ihrem Koppelungsgrad ein. Das heißt je mehr Funktionalität des natürlichen Bandapparats im Kniegelenk beschädigt ist und von der Knieprothese übernommen werden muss, desto höher der Koppelungsgrad. Das Kniegelenk ist ein sogenanntes Roll-Gleit-Gelenk. Während des normalen Gangs rotiert der Unterschenkel um den Oberschenkelknochen und gleitet dabei nach vorn. Die Kniekinematik ist dadurch sehr komplex.

Bei der Bewegung von der Flexion in die Extension (vom gebeugten in das gestreckte Knie) rotiert der Unterschenkel um den Oberschenkel nach vorne. Dabei dreht sich der Fuß und somit der Unterschenkel um den medialen (inneren) Kondylus nach außen. Bei der Bewegung von der Extension in die Flexion rotiert der Unterschenkel um den Oberschenkel nach hinten. Dabei dreht sich der Fuß nach innen und der Unterschenkel gleitet nach vorn. Diese komplexe Kinematik kommt durch die Form der Gelenkflächen, der Menisken und vor allem durch die Anordnung der Bänder und Muskeln zustande.

Das sogenannte Uniknie kommt zu Anwendung, wenn alle Bänder am Kniegelenk voll funktionsfähig sind und nur an einem der beiden Kondylen eine Schädigung des Gelenkknorpels vorliegt. Eine Bikondyläre Primärprothese kann zum Einsatz kommen, wenn das vordere Kreuzband beschädigt ist, die anderen Bänder aber ausreichend funktionsfähig sind. Es werden sowohl am Oberschenkelknochen als auch an der Schienbein die Gelenkflächen ersetzt. Die Menisken werden entfernt. Es gibt auch einzelne Implantatsysteme, die selbst bei intaktem vorderem Kreuzband eingesetzt werden können.

Wenn weder das hintere noch das vordere Kreuzband erhalten sind, wird eine sogenannte Posterior Stabilisierte Prothese (PS-Knie) eingesetzt. Hier übernimmt die Knieprothese bereits die Funktionen der Kreuzbänder und zwingt das Schienbein bei zunehmender Beugung nach vorne bzw. den Oberschenkelknochen nach hinten.

Sind sowohl die Kreuzbänder als auch die Seitenbänder beschädigt, die Gelenkkapsel und der Muskelapparat aber noch gut intakt, kann eine sogenannte Achsgeführte Rotationsprothese (Rotating-Hinge) eingesetzt werden. Hier übernimmt das Implantat die Stabilisierung des Gelenks sowohl nach vorne und hinten, als auch nach links und rechts. Es lässt aber eine Rotation der Tibia gegen den Femur zu, das heißt der Fuß kann noch nach außen gedreht werden.

Als letzte Möglichkeit gilt das Achsgeführte Knie. Sind auch die Kapsel und der Muskelapparat beschädigt, was oft mit großen Knochendefekten einhergeht, muss auch die Rotation der Tibia gegen den Femur, sprich das Drehen des Fußes, eingeschränkt und das Kniegelenk so weiter stabilisiert werden. Hier kann nun nur noch die Tibia gegen den Femur nach vorne und hinten bewegt werden.

Verwendete Werkstoffe

Modell einer Kniegelenksprothese

Der am häufigsten verwendete Werkstoff ist die Kobalt-Chrom-Gußlegierung CoCr29Mo nach ISO 5832-4 für die Femur- und Tibia-Implantatkomponenten. Für Augmentationskeile und Platten wird häufig der eine Kobalt-Chrom-Legierung nach ISO 5832-12 verwendet. Es kommen auch Titanlegierungen oder Oberflächenbeschichtungen aus Zirconiumnitrid, Titannitrid oder Titanniobnitrid zum Einsatz, welche vor allem für Patienten mit Metallallergie wie z. B. Nickelallergie verwendet werden. Bei Titanlegierungen wird das Titan an den artikulierenden Flächen, aufgrund der geringen Abriebresistenz, mit einem speziellen Oberflächenhärtungsverfahren mit Stickstoffionen behandelt. Die Oberfächenbeschichtungen werden im PVD-Verfahren aufgedampft. Die Inlays (Meniskenersatz) sind in der Regel aus UHMWPE (ultra hochmolekulares Polyethylen) nach ISO 5834-2 hergestellt.

Verankerung des Implantats

Implantate werden häufig mit Knochenzement am Knochen verankert. Wahlweise kann auch eine Verankerung ohne PMMA (Knochenzement) gewählt werden. Hier sind die Implantatkomponenten meist mit einer Beschichtung versehen welche eine besonders poröse und damit große Oberfläche hat, die ein An-/Einwachsen des Knochen begünstigen und so eine sicher Verankerung gewährleisten. Bis der Knochen in diese Schicht eingewachsen ist, hält das Implantat durch den sogenannten Presssitz. Das heißt das Implantatlager (der Knochen) wird so präpariert, dass die Prothese in dem Knochen klemmt.

Belastung des Implantats

Instrumentierte Knieprothese zur Belastungsmessung im Patienten

Um den Körper zu stabilisieren, wirken im Kniegelenk erhebliche Muskelkräfte, die zusätzlich zum Körpergewicht das Gelenk komprimieren und damit belasten. Diese Kräfte können mit mathematischen Modellen annähernd berechnet oder mit instrumentierten Messprothesen direkt gemessen werden. Zum Beispiel haben Forscher des Julius-Wolff-Instituts der Berliner Charité eine instrumentierte Knieprothese zur Belastungsmessung entwickelt und bei mehreren Patienten eingesetzt. Die Messdaten werden dabei drahtlos an einen Computer übertragen. Die Ergebnisse zeigen, dass schon beim Gehen eine resultierende Kraft vom ca. 2,5-fachen des Körpergewichts auf das Gelenk wirkt. Beim Treppab gehen steigt die resultierende Kraft sogar bis zum 3,5-fachen des Körpergewichts.

Quellen

Weblinks

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