Konskriptionsnummer

Konskriptionsnummer
Wien-Landstraße, Haus Ungargasse 27: „Conscriptions-Nr. 1674, früher 375 Landstraße“

Konskriptionsnummern sind eine Methode von Hausnummern. Sie sind Zahlenreihen, mit denen im 18. und 19. Jahrhundert begonnen wurde, Häuser und Grundstücke in Hinblick auf Verwaltungsaufgaben zu nummerieren. Diese Nummern dienten vorrangig der Ergänzung des Heeres, der Steuereinhebung und statistischen Aufgaben (Bevölkerungsstatistik, Gebäudestatistik etc.). Sie boten aber auch eine gewisse Unterstützung bei der Bezeichnung von Örtlichkeiten. Wenn Nummernsysteme, die vorrangig der Orientierung dienen sollen (nach Straßen usw. geordnet), nicht zur Verfügung stehen, werden Konskriptionsnummern auch heute noch zur Orientierung verwendet. In amtlichen Unterlagen kann „Orientierungsnummer“ der Oberbegriff für „Hausnummer“ und „Konskriptionsnummer“ sein.[1]

Der Unterschied zwischen Konskriptionsnummern und Orientierungsnummern liegt darin, dass Konskriptionsnummern nicht die örtliche Lage eines Gebäudes beschreiben sollen, sondern der Anfertigung von Unterlagen für Behörden dienen, während Orientierungsnummern (oft „Hausnummern“ genannt) im Regelfall pro Straße oder Ortschaft geordnet mit dem Zweck vergeben werden, das Auffinden von Häusern, Wohnungen (Adressen), die Zustellung von Poststücken usw. zu erleichtern. Da Konskriptionsnummern ursprünglich ebenso wie Orientierungsnummern an den Gebäuden anzubringen waren, wurden Konskriptionsnummern auch als Hausnummern bezeichnet. Die Funktion der Konskriptionsnummern, ein Nummerierungsschema für behördliche Aufgaben bereitzustellen, besteht parallel zur Vergabe von Hausnummern auch im 21. Jahrhundert, nur wird dafür nicht mehr das Wort „Konskriptionsnummer“ verwendet, sondern andere Begriffe (Laufende Nummer, Registernummer, Aktenzahl, Einlagezahl etc.).

Stand der Konskriptionsnummern in Wien Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Hofburg nach wie vor als Nummer 1, ihre Nachbarhäuser mit 2, 3, 4, … nummeriert

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die erste allgemeine Vergabe von Konskriptionsnummern in Österreich erfolgte während der Regierungszeit von Kaiserin Maria Theresia im Rahmen der Einführung der Nummerierungsabschnitte. Die Nummern wurden meist in der Reihenfolge der Errichtung der Gebäude vergeben. Nebeneinander liegende Häuser einer Straße konnten je nach Bauzeit sehr verschiedene Nummern führen. Die Umstellung stieß bei der Bevölkerung auf Unbehagen, das Maria Theresia dadurch zu zerstreuen versuchte, dass sie ihre eigene Residenz, die Hofburg, in die Nummerierung einbezog, mit der Konskriptionsnummer 1.[2]

Konskriptionsnummern und Praxis der Neuvergabe (links oben) am Beispiel eines Vororts von Wien und seiner Katastralgemeinden um 1830

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Konskriptionsnummern aus der Zeit um 1770 später als Hausnummern oder als Einlagezahlen des Grundbuches bestehen geblieben sind. In der Praxis, besonders in größeren Ortschaften, wird das nur sehr selten der Fall sein. In Wien wurde das Nummernschema bereits nach 25 Jahren, 1795, erneuert.[3] In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts (in Wien ab 1821) erfolgte im Rahmen der Arbeiten für die Neuerstellung des Grundsteuerkatasters eine dritte Nummerierung,[4] im Zuge der Grundbuchsanlegung 1874 eine weitere, aus der sich die Einlagezahlen des Grundbuchs ergaben. Ein Gebäude konnte damit im Lauf von knapp über hundert Jahren fünf verschiedene Konskriptionsnummern aufweisen.[5] Das auch deswegen, weil der ursprüngliche Zweck der Konskriptionsnummern, bewohnte Häuser für Steuer- und Militärzwecke zu erfassen, auf die Grundstücke, auf denen sich diese Häuser befanden, nicht Rücksicht nehmen musste (zu einem Haus können mehrere Grundstücke gehören), während die später eingeführte detaillierte Grundsteuererfassung und das noch später eingeführte Grundbuch in erster Linie die genaue Darstellung der Grundstücke zum Ziel hatten.

Bedeutungsverlust

Die Konskriptionsnummern waren hauptsächlich für Zwecke der Verwaltung vorgesehen und für die Orientierung nicht gut brauchbar. Sie erleichterten nach ihrer Einführung zwar (gemeinsam mit anderen Angaben, wie Hauszeichen, Gassenangaben usw.) auch das Zurechtfinden in größeren Ortschaften, erhielten aber nie die große praktische Bedeutung im Alltagsleben, welche die Hausnummern bekamen. Später wurden Konskriptionsnummern - in ihrer Funktion als Orientierungshilfen - nahezu vollständig durch die im Alltag besser brauchbaren Hausnummern (Orientierungsnummern) ersetzt. Auf alten Gebäuden findet man Konskriptionsnummern nach wie vor zusätzlich zur Hausnummer. In kleinen Ortschaften, vor allem in Streusiedlungen, können Konskriptionsnummern (z. B. die Einlagezahl des Grundbuchs, die laufende Nummer eines Bautenverzeichnisses) die Funktion von Hausnummern beibehalten haben. Im Regelfall werden aber auch in solchen Ortschaften eigene Hausnummern vergeben (um z. B. neue Wohnhäuser, aber auch die Aufgabe von alten Häuser bzw. Bauernhöfen in einem nachvollziehbaren Schema berücksichtigen zu können).

Nachteil

Werden Konskriptionsnummern als alleinige Hausnummern verwendet, so ergibt sich daraus ein offensichtlicher, schwerwiegender Nachteil: Die Hausnummern sind im Verlauf einer Straße nicht fortlaufend und noch nicht einmal einheitlich aufsteigend oder absteigend, sondern bunt durcheinandergewürfelt: So kann beispielsweise neben dem Haus Nr. 108 das Haus Nr. 167 stehen, gefolgt von Haus Nr. 74. In diesem System ist es oft mühsam, ein Haus vor Ort anhand seiner Adresse zu finden - ungünstigenfalls muss man die ganze Straße durchsuchen.

Da jede Konskriptionsnummer innerhalb einer Ortschaft nur einmal vergeben wird, können Hausnummern, die aus einem Konskriptionsnummernschema stammen, auch höhere Werte erreichen und drei- bis vierstellig sein.

Einzelnachweise

  1. Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über Inhalt und Struktur der Angaben des Adressregisters und über den Kostenersatz für Abfragen und Auszüge aus dem Adressregister (Adressregisterverordnung - AdrRegV). Österreichisches Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil II Nr. 218.
  2. Gerhard Robert Walter von Coeckelberghe-Dützele: Die kaiserliche Burg in Wien. 1853, Seite 1 (bzw. 15 der Onlineausgabe).
  3. Erhaltung der Haus-Nummer in der Stadt Wien und in den Vorstädten. Regierungs-Verordnung an den Magistrat vom 9. März, Kundmachung vom 17. März 1795. Erneuert durch Verordnung des Wiener Magistrats vom 12. September 1795. Band 7 Seiten 60–61. In: Seiner Majestät Franz des Ersten politische Gesetze und Verordnungen für die österreichischen, böhmischen und galizischen Erbländer. (sogenannte PGS - Politische Gesetzessammlung). Aus der k. k. Hof- und Staats-Aerial-Druckerey. Wien 1816. Jahrgang 1795. Band 6. Seiten 144–145.
  4. Conscriptions- und Recrutierungs-Patent: Patent Franz II. Nr. 4 vom 25. Oktober 1804. In: Seiner k. k. Majestät Franz des Zweyten politische Gesetze und Verordnungen für die Österreichischen, Böhmischen und Galizischen Erbländer. Drey und zwanzigster Band welcher die Verordnungen vom 1. Oktober bis letzten Dezember 1804 enthält. Wien 1807. K. k. Hof- und Staats-Druckerey. (Politische Gesetze und Verordnungen 1792-1848, sogenannte PGS - Politische Gesetzessammlung) Seite 3 bis Seite 131
  5. Am Beispiel der Adresse Köllnerhofgasse 3 in der Innenstadt von Wien, deren Haus im Lauf der Jahrzehnte die Konskriptionsnummern 759, 1379, 784, 738 und 647 erhielt: Anton Tantner: Die Häusernummerierungen. In: Sylvia Mattl-Wurm, Alfred Pfoser: Die Vermessung Wiens. Lehmanns Adressbücher 1859–1942. Metroverlag Wien 2011. ISBN 978-3-99300-029-5 (formal falsche ISBN), korrigierte ISBN 978-3-9930002-9-5. Seite 262.

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