Kopfabstand

Kopfabstand

Der Ohrabstand ist ein Begriff aus der Akustik und wird für die richtige Anordnung von Mikrofonen für Stereofonie benötigt, die dem menschlichen Ohrabstand entsprechen sollte (Engl. inter-ear distance). Zitat von Jürg Jecklin: "Die Mikrofonanordnung sollte der eines menschlichen Kopfes entsprechen, da ein Stereosignal ja menschbezogen sein muss."

Inhaltsverzeichnis

Die Theorie

In der Literatur wird eine Reihe von Ansätzen gemacht, um die interauralen Signaldifferenzen zwischen den beiden Trommelfellen zu berechnen, wobei üblicherweise von der Kugelform des Kopfes ausgegangen wird und die unterschiedlichsten "Kopfdurchmesser" angegeben werden. Das Wort "interaural" heißt "von Ohr zu Ohr". Der wahre "Ohrabstand" als Luftlinie von Trommelfell zu Trommelfell ist etwa 14 cm. Dabei muss man sich den Kopf fortdenken, so als ob Schallwellen wie Röntgenstrahlen direkt durch den Kopf gehen könnten. Alle Tontechniker kennen das beliebte Maß vom "Ohrabstand" 17,5 cm - dessen Herkunft unbekannt ist. Selbst das ORTF-Stereosystem wird mit diesem Wert in unkorrekter Weise in Verbindung gebracht. Das Kugelflächenmikrofon KFM 6 von Schoeps hat einen Durchmesser von 20 cm (KFM 360 = 18 cm). Ist nun der Ohrkanal-(Gehörgang)-Eingang der richtige Messpunkt – oder das Trommelfell? Ist unser Kopf eine Kugel? Sitzen unsere Ohren genau ±90° an dieser Kugel? Jedenfalls hat jeder Mensch auch dort seine individuellen Maße. Die Ohrkanaleingänge sitzen etwa bei ±104° nach hinten versetzt. Der Gehörgang (Ohrkanal) ist durchschnittlich 2,5 cm lang bei einem mittleren Durchmesser von 7 bis 8 mm. Das Trommelfell liegt mit einer Neigung von etwa 45° am Ende des Gehörgangs. Die Druckschwankungen im Gehörgang, die durch den Schall auftreten, werden vom Trommelfell aufgenommen und über die Gehörknöchelchen auf das Innenohr übertragen.

Messungen

Impulsmessungen am Gehörgangseingang haben eine maximale Phasenlaufzeitverzögerung um den Kopf von Δ t = 0,63 ms (630 μs) ergeben. Δ t = (a • sin θ) / c und sin 90° = 1.

Das entspricht bei 90° Schalleinfall einer Wegstrecke von a = Δ tc = 0,63 • 10-3 • 343 = 0,216 m. Für Tontechniker sollte diese Vereinfachung genügen. Nennen wir doch diese Entfernung "wirksamer" Ohrabstand und stellen wir uns für die interaurale Phasenlaufzeitdifferenz IPD vor, dass sich dort zwei Druckmikrofone in gerader Linie auf einer "Ohrbasis" von a = 21,6 cm befinden:

Der wirksame Ohrabstand ist a = 21,6 cm.

Das ist nicht der Kopfdurchmesser. Also die Mikrofonbasis als Ohrabstand ist: a = 21,6 cm. Das ist der Weg, der effektiv für den Schall wirksam ist. Die maximale Laufzeitdifferenz beträgt dazu Δ t = 0,63 ms. Zur Wellenlänge λ = 21,6 cm gehört die Frequenz f = c / λ = 343 / 0,216 = 1588 Hz, also rund f = 1600 Hz. Die tiefste Frequenz, bei der eine Phasenverschiebung von φ = 180° auftritt, ist somit f = 800 Hz.

Lokalisationsschärfe

Nicht zufällig liegt der Frequenzbereich mit der geringsten Lokalisationsschärfe zwischen 800 und 1600 Hz. Das entspricht genau dem Blauertschen richtungsbestimmenden Hinten-Band (Medianebene), sowie dem weniger empfindlichen Bereich der Kurven gleicher Lautstärkepegel um 1000 Hz. Hier geht es um die interaurale Laufzeitdifferenz ITD, den Ohrabstand und Frequenzen, die zu λ und λ / 2 gehören, also zu kopfbezogenen "interauralen" Signaldifferenzen beim natürlichen Hören. Diese Differenzen, die ja allein für das "natürliche" Hören gelten, haben nichts mit den Pegeldifferenzen zu tun, die für die beiden Lautsprecher bei der Stereofonieaufnahme erzeugt werden. Die interaurale "Pegel"-Differenz ILD, die bisher noch nicht angesprochen wurde und die an den Ohren gemessen wird, ist mit dem Schalleinfallswinkel θ sehr komplex frequenzabhängig, im Gegensatz zur interauralen Laufzeitdifferenz ITD bzw. der entsprechenden interauralen Phasendifferenz. Diese in Lateralisationsversuchen über Kopfhörer gefundenen Werte dürfen nicht für Lautsprechersignale bei Stereofonie ausgegeben werden.

Die gegenseitige Abschattung der Ohrmuscheln durch den Kopf mit dem Ohrabstand d = 21 cm als Hindernis ergibt einen wirksamen Schallschatten erst von einer sehr hohen Frequenz f an. Das sind f = 5 · 343 / 0,21 = 8200 Hz. Man möchte das kaum glauben, weil man ganz sicher eine tiefere Schatten-Frequenz annimmt. Hierbei ist c = 343 m/s bei 20°C. Ist der Durchmesser des Hindernisses nur doppelt so groß wie die Wellenlänge, dann wird der Schall immer noch fast vollständig drum herum gebeugt.

Literatur

  • Jens Blauert: Räumliches Hören. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-777-60250-7

Siehe auch

Weblinks


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